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Berg der Legenden

Berg der Legenden

Titel: Berg der Legenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Archer
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Angesicht zu Angesicht gegenüberstehen«, sagte Finch ruhig. »Ich habe das Gefühl, dass diese heikle Lady sich als eine Herrin entpuppen wird, die nie vergibt.«
    George blickte nicht zurück.

21
    Donnerstag, 26. März 1914
    Seit er sie in Westbrook zum erste Mal erblickt hatte, konnte George Ruth nicht vergessen. Hatte Finch aus diesem Grund den Gipfel des Matterhorns vor ihm erreicht, und hatte Young sich deswegen für Somervell und Herford entschieden, um ihm im Mount-Everest-Komitee beizustehen? Hatte Finch recht, wenn er behauptete, dass George sich irgendwann zwischen beiden würde entscheiden müssen? Im Moment war es nicht nötig, eine Wahl zu treffen, da beide in Frage kommenden Damen ihn geflissentlich ignorierten.
    George hatte sich am Dienstagabend aus Zermatt davongestohlen und es seinen Kameraden überlassen, ihre Differenzen mit einem oder zwei der niedrigeren Gipfel beizulegen. Er nahm den Zug nach Lausanne, wofür er in Visp umsteigen musste und den Großteil der Wartezeit damit zubrachte, Pläne zu schmieden, wie Ruth und er einander ganz zufällig über den Weg laufen könnten – vorausgesetzt, er fand sie überhaupt.
    Während der Zug losratterte, konnte George sich des Gedankens nicht erwehren, dass Berge, auch wenn man sich von ihnen nicht abhängig machen sollte, wenigstens an Ort und Stelle blieben. War es nicht allzu offenkundig, dass er aus der Schweiz nach Italien reiste, nur um sie zu sehen? Er kannte eine Person, die ihn sofort durchschauen würde.
    Als George in Lausanne ausstieg, erwarb er ein Billett dritter Klasse für den Cisalpino nach Verona, von wo aus er den Expresszug nach Venedig nehmen würde. Es war nicht nötig, Geld für ein teureres Billett zu vergeuden, wenn er ohnehin nur schlafen wollte. Und er hätte auch geschlafen, wenn er nicht neben einem Franzosen gesessen hätte, der offenkundig der Ansicht war, dass jede Mahlzeit, die er zu sich nahm, großzügig mit Knoblauch gewürzt sein sollte, und dessen Schnarchen dem Stampfen der Lokomotive Konkurrenz machte.
    George bekam lediglich eine Mütze voll Schlaf, ehe der Zug sein Ziel erreichte. Er war noch nie zuvor in Venedig gewesen, aber der Baedeker war im letzten Monat sein ständiger Begleiter gewesen, so dass er, als er in Santa Lucia auf den Bahnsteig trat, die genaue Adresse jedes Fünf-Sterne-Hotels in der Stadt kannte. Er wusste sogar, dass das Firenze das erste Hotel in Europa war, das Suiten mit Bad auf dem Zimmer anbot.
    Sobald der Wasserbus ihn zur Piazza San Marco gebracht hatte, machte George sich auf die Suche nach einem Hotel, das er sich leisten konnte und das nicht meilenweit vom Stadtzentrum entfernt lag. Er nahm das kleinste Zimmer im obersten Stock, ein angemessener Platz für einen Bergsteiger, und richtete sich ein. Er musste dringend eine Nacht durchschlafen. Er würde, wie jeder gut vorbereitete Bergsteiger, vor Sonnenaufgang aufstehen müssen, wenn er hoffte, mit seiner kleinen List Erfolg zu haben. Und er vertraute darauf, dass die Turners vor zehn Uhr keinen Fuß aus ihrem Hotel setzen würden, wo auch immer sie untergekommen sein mochten.
    George verbrachte eine weitere schlaflose Nacht, doch dieses Mal konnte er weder Knoblauch noch einem ratternden Zug die Schuld geben, sondern einer Matratze, die keine Federn besaß, und einem Kissen, das niemals mehr als eine Hand voll Federn gesehen hatte. Selbst seine jungen Schützlinge in Charterhouse hätten sich beschwert.
    Noch vor sechs Uhr stand er auf und überquerte eine halbe Stunde später die Rialtobrücke, begleitet von späten Nachtschwärmern und einigen frühen Arbeitern. Er zog die Liste mit den Hotels aus der Innentasche seiner Jacke und begann methodisch mit seinen Nachforschungen.
    Das erste Etablissement war das Hotel Bauer, wo er an der Rezeption fragte, ob die Familie Turner – ein älterer Gentleman und seine drei Töchter – hier zu Gast waren. Der Nachtportier fuhr mit dem Finger über eine lange Liste, ehe er den Kopf schüttelte. Im nahegelegenen Hotel Europa e Regina erhielt George dieselbe Antwort. Das Hotel Baglione hatte einen Thompson und einen Taylor, aber keinen Turner, und der Nachtportier im Gritti Palace verlangte ein Trinkgeld, ohne das er George nicht einmal auf seine Frage antworten würde, und dann erhielt er doch nur dieselbe Antwort. Im nächsten Hotel weigerte man sich, Auskünfte über die Gäste zu erteilen, selbst nachdem George behauptete, ein enger Freund der Familie zu sein.
    Inzwischen fragte

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