Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Berg der Legenden

Berg der Legenden

Titel: Berg der Legenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Archer
Vom Netzwerk:
Mr Turner, seine Lieblingstochter würde in eine Ohnmacht sinken.
    George blickte hinunter auf den gedrängt vollen Platz, doch in dem Flickwerk aus bunten Klecksen unter sich konnte er Ruth nicht länger ausmachen. Entschlossen legte er beide Hände auf die breite Balustrade, zog sich über die oberste Brüstung und mischte sich unter die Besucher, die für den Aufstieg eine eher orthodoxe Route gewählt hatten.
    Eine kleine Gruppe hypnotisierter Touristen trat einen Schritt zurück und konnte kaum glauben, was sie gerade erlebt hatten. Einer oder zwei von ihnen hatten Fotos gemacht, damit sie ihren Familien zu Hause beweisen konnten, dass sie sich die Geschichte nicht ausgedacht hatten. George beugte sich über die Balustrade und überlegte, auf welcher Route er zurückklettern sollte – bis er zwei Angehörige der Carabinieri über den Platz rennen sah.
    George konnte nicht riskieren, auf demselben Weg zurückzukehren, solange die Gefahr bestand, nach seinem Erlebnis in Frankreich auch noch Erfahrung mit einem italienischen Gefängnis zu machen. Er stürzte zum Hauptausgang oben an der Treppe und mischte sich unter die Touristen, die sich gerade auf den langsamen Weg über die steinerne Wendeltreppe hinab zurück auf den Platz machten. Er schob sich an einigen von ihnen vorbei, bis er schließlich seine Schritte verlangsamte, um sich einer Gesellschaft Amerikaner anzuschließen, die von seiner Leistung offenkundig gar nichts mitbekommen hatten. Das einzige Thema ihrer Unterhaltung war die Frage, wo sie ihr Lunch einnehmen würden.
    Als sie aus dem Turm hinaus auf den Platz traten, hakte sich George bei einer älteren amerikanischen Matrone aus Illinois unter, die keinerlei Protest erhob. Sie lächelte zu ihm auf. »Habe ich Ihnen schon erzählt, dass ein Verwandter von mir auf der Titanic gewesen ist?«
    »Nein«, sagte George. »Wie faszinierend«, fügte er hinzu, als die Gruppe an zwei Carabinieri vorbeikam, die nach einem Mann ohne Begleitung Ausschau hielten.
    »Ja, es war der Sohn meiner Schwester, Roderick. Wissen Sie, er sollte eigentlich gar nicht …«, doch George war bereits verschwunden.
    Sobald er vom gedrängt vollen Platz entwischt war, eilte er zurück zu seinem Hotel, ohne indes in Trab zu fallen, aus Angst, auf sich aufmerksam zu machen. Er brauchte nur fünfzehn Minuten, um zu packen, die Rechnung zu begleichen – man berechnete ihm einen Aufschlag, da er nach dem Mittag das Zimmer räumte – und aufzubrechen.
    Schnellen Schrittes begab er sich in Richtung der Rialtobrücke, von wo aus er ein Vaporetto zum Bahnhof nahm. Als die Motorbarkasse langsam an der Piazza San Marco vorüberglitt, erspähte er einen Polizisten, der einen jungen Mann etwa in seinem Alter befragte.
    Als er am Santa Lucia Bahnhof ausstieg, schritt er schnurstracks auf den Fahrkartenschalter zu und fragte den Angestellten, wann der nächste Zug nach London Victoria abfuhr.
    »Um drei Uhr, Sir«, erwiderte der Mann, »aber ich bedaure, ich habe keine Billets mehr für die erste Klasse.«
    »Dann muss ich eben die dritte Klasse nehmen«, sagte George und leerte seine Geldbörse.
    Sobald er einen Polizisten erblickte, sprang George in den Schatten, und es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis die Bahnsteigglocke ertönte und ein Schaffner mit lauter Stimme die Passagiere der ersten Klasse bat, den Expresszug zu besteigen. George mischte sich unter die erlesene Schar, die auf den Zug zuschlenderte, in der Annahme, für diese Fahrgäste würde sich die Polizei zuletzt interessieren. Er dachte sogar daran, auf das Zugdach zu klettern, beschloss dann jedoch, dass er dadurch erst recht auffallen würde.
    Sobald George im Zug war, lungerte er im Gang herum, stets auf der Hut vor dem Fahrkartenschaffner. Er überlegte gerade, ob er sich in einem der Waschräume einschließen und warten sollte, bis der Zug sich in Bewegung gesetzt hatte, als eine Stimme hinter ihm sagte: »Il vostro biglietto, signore, per favore.«
    George wirbelte herum und sah einen Mann in einem langen, blauen Mantel und mit dicken, goldenen Paspeln auf den Aufschlägen, der ein dickes Lederbuch in der Hand hielt. George tat, als würde er nach seiner Fahrkarte suchen, als ein Polizist in den Wagen stieg.
    »Ich muss sie verlegt haben«, sagte George. »Ich gehe kurz zurück zum Fahrkartenschalter und …«
    »Nicht nötig, Sir«, sagte der Fahrkartenschaffner und wechselte problemlos von einer Sprache in die andere. »Ich brauche lediglich Ihren

Weitere Kostenlose Bücher