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Berg der Legenden

Berg der Legenden

Titel: Berg der Legenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Archer
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zu lernen, als Einheit zusammenzuarbeiten. Jeden Morgen liefen sie vor dem Frühstück eine Stunde lang ihre Runden übers Deck, wobei Finch das Tempo vorgab. Gelegentlich machte sein Knöchel George ein wenig Ärger, aber das gestand er niemandem ein, nicht einmal sich selbst. Nach dem Frühstück legte er sich auf das Deck und las John Maynard Keynes Krieg und Frieden: Die wirtschaftlichen Folgen des Vertrags von Versailles, jedoch erst, nachdem er seinen täglichen Brief an Ruth geschrieben hatte.
    Finch hielt eine Reihe von Vorträgen zum Einsatz von Sauerstoff in großen Höhen. Pflichtbewusst zerlegten die Männer die 32-Pfund-Sauerstoff-Geräte und setzten sie wieder zusammen, schnallten sie sich gegenseitig auf den Rücken und stellten die Ventile ein, mit denen die Sauerstoffzufuhr geregelt wurde. Nur die wenigsten wirkten begeistert. George hörte aufmerksam zu. Es bestand kein Zweifel daran, dass Finch wusste, wovon er sprach, obwohl der Großteil der Gruppe aus Prinzip gegen die Verwendung von Sauerstoff war. Norton sagte, allein das Gewicht der Flaschen würde mit Sicherheit jeden Vorteil zunichtemachen, den ihr Inhalt möglicherweise bot.
    »Welchen Beweis haben Sie, Finch, dass wir diese Höllenvorrichtungen brauchen, um den Gipfel zu erreichen?«, wollte er wissen.
    »Keinen«, gab Finch zu. »Aber wenn Sie in 8200 Meter Höhe stehen und partout nicht mehr weiterkönnen, werden Sie möglicherweise noch dankbar für eine dieser Höllenvorrichtungen sein.«
    »Ich würde lieber umkehren«, sagte Somervell.
    »Und darauf verzichten, den Gipfel zu erreichen?«, fragte Finch.
    »Wenn das der Preis ist, dann sei es so«, beharrte Odell.
    Obwohl George ebenfalls gegen den Einsatz von Sauerstoff war, enthielt er sich einer Meinung. Falls sich herausstellen sollte, dass Finch sich irrte, würde niemand von ihm verlangen, eine Entscheidung zu treffen. Seine Gedanken wurden von einem unmissverständlichen Bellen unterbrochen: »Zeit für die Leibesertüchtigung, Gentlemen.«
    Die Männer kamen auf die Beine und bauten sich in drei ordentlichen Reihen vor General Bruce auf, der, die Hände in die Hüften gestemmt, mit beiden Beinen fest auf dem Boden stand und keinerlei Anstalten machte, mit gutem Beispiel voranzugehen.
    Nach einer Stunde anstrengenster Übungen verschwand der General unter Deck für seinen Morgendrink und überließ den Rest der Truppe sich selbst. Norton und Somervell begannen Tennis zu spielen, während Odell es sich bequem machte, um E. F. Bensons neuesten Roman zu lesen. George und Guy saßen im Schneidersitz auf dem Deck und diskutierten über die Möglichkeit, dass ein Cambridgeabsolvent bei den Olympischen Spielen in Paris den Hundertmeterlauf gewann.
    »Ich habe Abrahams in Fenners laufen sehen«, sagte George. »Er ist gut, verdammt gut, aber Somervell erzählte mir von einem Schotten namens Liddell, der noch nie in seinem Leben ein Rennen verloren habe. Man darf also gespannt sein, was passiert, wenn die beiden gegeneinander antreten.«
    »Wir werden rechtzeitig zurück sein, um herauszufinden, wer von den beiden Gold holt. In der Tat«, fügte Guy grinsend hinzu, »ist es eine gute Ausrede, um zurück … o mein Gott.« Guy blickte über Georges Schulter. »Was hat er denn jetzt vor?«
    George drehte sich um und sah Finch, der mit verschränkten Armen und gespreizten Beinen dastand und an den Schiffsschornsteinen emporstarrte, die Wolken aus schwarzem Rauch ausstießen.
    »Er kann doch unmöglich …«
    »Das traue ich ihm glatt zu«, sagte George. »Er würde alles tun, um dem Rest von uns voraus zu sein.«
    »Ich glaube nicht, dass er sich großartig um den Rest der Truppe schert«, sagte Guy. »Du bist der Einzige, den er schlagen will.«
    »In diesem Fall«, erwiderte George, »sollte ich besser ein Wörtchen mit dem Kapitän reden.«
    ***
    George berichtete Ruth in einem seiner täglichen Briefe, dass Finch und er wie zwei Kinder seien, stets bemüht, den anderen auszustechen, um die Aufmerksamkeit des Lehrers zu erringen. In ihrem Fall war General Bruce der Lehrer, der, wie George ihr anvertraute, vielleicht ein alter Kauz ist, aber kein Dummkopf, und wir akzeptieren ihn alle bereitwillig als Expeditionsleiter . Er hielt inne, um Ruths Foto zu betrachten, das er dieses Mal nicht vergessen hatte. Dafür hatte er nicht an sein Rasiermesser gedacht und nur ein einziges Paar Socken eingepackt. Er fuhr fort:
    Ich verbringe immer noch viel Zeit mit Grübeleien, ob ich die richtige

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