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Berge des Wahnsinns: 2 Horrorgeschichten

Berge des Wahnsinns: 2 Horrorgeschichten

Titel: Berge des Wahnsinns: 2 Horrorgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howard P. Lovecraft
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mittlerweile an den Anblick des unfaßbaren Geheimnisses gewöhnt, das die Gebirgsbarriere verborgen hatte; doch die Aussicht darauf, tatsächlich den Fuß in diese urzeitlichen Mauern zu setzen, die von denkenden Wesen vor vielleicht Millionen von Jahren errichtet worden waren lange bevor irgendeine bekannte Menschenrasse existiert haben konnte -, war noch bedrückend und furchterregend genug. Obwohl wegen der dünnen Luft auf dieser gewaltigen Höhe das Gehen anstrengender war als sonst, hatten wir beide kaum Schwierigkeiten und fühlten uns beinahe jeder Aufgabe gewachsen, die sich uns stellen mochte. Wenige Schritte brachten uns zu einer formlosen Ruine, die dem schneebedeckten Erdboden gleichgemacht war, während fünfzehn bis zwanzig Ruten weiter vorne ein riesiger, dachloser Wall sich erhob, der in seinem gigantischen fünfeckigen Umriß noch fast vollständig erhalten war und eine unregelmäßige Höhe von zehn oder elf Fuß erreichte. Auf dieses Bauwerk gingen wir zu; und als wir dann wirklich diese verwitterten, zyklopischen Blöcke anfassen konnten, fühlten wir, daß wir eine beispiellose und beinahe blasphemische Verbindung mit vergessenen Äonen hergestellt hatten, die unserer Spezies normalerweise verschlossen bleiben.
    Dieser Wall, von der Gestalt eines Sterns und einem Durchmesser von vielleicht dreihundert Fuß, von Spitze zu Spitze gemessen, war aus verschieden großen Blöcken jurassischen Sandsteins erbaut, deren Oberfläche im Durchschnitt 6x8 Fuß maß. Er hatte eine Reihe überwölbter, etwa vier Fuß breiter und fünf Fuß hoher Gucklöcher oder Fenster, die in gleichmäßigen Abständen über die Außenwände der Schenkel des Sterns verteilt waren und mit der Unterkante etwa vier Fuß über der vereisten Oberfläche lagen. Als wir durch diese Öffnungen blickten, konnten wir sehen, daß die Mauern volle fünf Fuß dick waren, daß im Innern keine Trennwände stehengeblieben waren und daß die Innenwände Spuren friesartiger Ornamente oder Basreliefs aufwiesen all das hatten wir schon vermutet, als wir in geringer Höhe dieses und ähnliche Bauwerke überflogen hatten. Obwohl ursprünglich auch niedrigere Teile existiert haben mußten, waren alle derartigen Spuren unter der an dieser Stelle dicken Schneeund Eisschicht begraben. Wir krochen durch eines der Fenster hinein und versuchten vergeblich, die kaum noch erkennbaren Wandmalereien zu entziffern, ließen aber den eisbedeckten Fußboden unberührt. Unsere Orientierungsflüge hatten ergeben, daß viele Gebäude in der eigentlichen Stadt nicht so stark vereist waren und wir vielleicht Innenräume finden würden, die bis zu dem eigentlichen Boden ganz eisfrei waren, wenn wir in solche Gebäude gingen, die noch ein Dach besaßen. Bevor wir den sternförmigen Bau verließen, photographierten wir ihn mehrmals und untersuchten sein mörtelloses, zyklopisches Mauerwerk in fassungslosem Staunen. Wir wünschten, Pabodie wäre bei uns gewesen, denn sein technisches Wissen hätte uns vielleicht Aufschluß darüber gegeben, wie solche titanischen Blöcke in jener unglaublich fernen Epoche bearbeitet worden sein konnten, in der die Stadt und ihre Außenbezirke entstanden waren. Der Fußmarsch von einer halben Meile, bergab zur Stadt selbst, begleitet vom vergeblichen, wütenden Heulen des Windes in den himmelwärts aufragenden Gipfeln im Hintergrund, hat sich mir in allen Einzelheiten ein für allemal ins Gedächtnis eingeprägt. Nur in phantastischen Alpträumen konnten menschliche Wesen außer Danforth und mir solche optischen Effekte je erleben. Zwischen uns und den wirbelnden Nebeln im Westen lag dieses monströse Gewirr dunkler Steintürme, deren fremdartige, unfaßbare Formen uns aus jedem Blickwinkel aufs neue beeindruckten. Es war eine Fata Morgana aus massivem Stein, und wären nicht die Photos, ich würde heute noch bezweifeln, daß es so etwas geben kann. Das Mauerwerk war im wesentlichen identisch mit dem des sternförmigen Gebäudes, das wir untersucht hatten; aber die bizarren Formen, die dieses Mauerwerk in der Stadt selbst annahm, entzogen sich jeder Beschreibung.

    Selbst die Bilder zeigen nur eine oder zwei Phasen dieser unendlichen Vielfalt, übernatürlichen Massivität und im höchsten Grade exotischen Fremdartigkeit. Da gab es geometrische Formen, für die ein Euklid wohl kaum einen Namen finden würde Kegel von verschiedensten Graden der Unregelmäßigkeit und Abstumpfung, Terrassen von herausfordernder Unproportioniertheit

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