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Berge des Wahnsinns: 2 Horrorgeschichten

Berge des Wahnsinns: 2 Horrorgeschichten

Titel: Berge des Wahnsinns: 2 Horrorgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howard P. Lovecraft
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außer diesen erkennbaren Vorzügen noch andere im Verborgenen lagen, die sich unserer Wahrnehmung entzogen. Hier und da glaubten wir, verschlüsselte Hinweise auf latente Symbole zu erahnen, in denen wir, ausgerüstet mit einem anderen geistigseelischen Hintergrund oder anderen Sinnesorganen, vielleicht eine tiefe, ergreifende Bedeutung entdeckt hätten.

    Die Gegenstände der Reliefs stammten offenbar aus dem Leben jener entschwundenen Epoche, in der sie entstanden waren, und stellten zu einem großen Teil geschichtliche Ereignisse dar. Es war dieses außergewöhnliche Geschichtsbewußtsein der urzeitlichen Rasse ein für uns ganz außerordentlich vorteilhafter, wenn auch rein zufälliger Umstand -, das die Gravierungen für uns so beklemmend aufschlußreich machte und uns bewog, uns vor allem anderen damit zu befassen, sie zu photographieren und abzuzeichnen. In manchen Räumen erfuhr die vorherrschende Szenerie eine Abwandlung durch Landkarten, astronomische Karten und andere wissenschaftliche Darstellungen in einem vergrößerten Maßstab diese Dinge bestätigten auf simple und schreckliche Weise die Schlüsse, die wir bereits aufgrund der Bilderfriese und Arabesken gezogen hatten. Wenn ich hier andeute, was sich uns in all diesen Dingen offenbarte, so kann ich nur hoffen, daß mein Bericht bei denen, die mir überhaupt Glauben schenken, nicht eine Neugier wecken möge, die stärker ist als die Vorsicht, die der gesunde Menschenverstand gebietet. Es wäre tragisch, ließe sich jemand ausgerechnet durch die Warnung, die ihn abschrecken soll, in jenes Todesund Schreckensreich locken.

    Unterbrochen wurden diese verzierten Wände durch hohe Fenster und massive, zwölf Fuß hohe Türen; hier und da waren die versteinerten Holzplanken kunstreich geschnitzt und poliert der ursprünglichen Läden beziehungsweise Türflügel erhalten geblieben. Alle Metallteile hatten sich schon vor undenklicher Zeit aufgelöst, aber einige Türen waren an ihrem Platz geblieben und mußten gewaltsam beiseite geschoben werden, wenn wir von einem Raum in den anderen gingen. Auch Fensterrahmen mit seltsamen durchsichtigen Scheiben meist elliptischer Form fanden sich hin und wieder, jedoch nicht in nennenswerter Anzahl. Außerdem gab es zahlreiche sehr große Nischen, die meist leer waren, ab und zu aber auch ein aus grünem Speckstein gemeißeltes bizarres Objekt enthielten, das entweder zerbrochen oder für zu minderwertig gehalten worden war, als daß die Mitnahme sich gelohnt hätte. Andere Mauerdurchbrüche hingen zweifellos mit einstigen technischen Anlagen zusammen Heizung, Beleuchtung und dergleichen -, wie sie auf einer großen Zahl der Gravierungen dargestellt waren. Die Decken waren meist schmucklos, aber bisweilen mit grünem Speckstein oder anderen Kacheln ausgelegt, von denen die meisten inzwischen herabgefallen waren. Auch Fußböden waren mit solchen Fliesen gekachelt, obwohl auch hier blanker Stein vorherrschte. Wie ich gesagt habe, fanden wir keine Möbel oder andere bewegliche Gegenstände; aber die Gravierungen vermittelten eine klare Vorstellung von den sonderbaren Geräten, mit denen diese gruftartigen, widerhallenden Räume einst angefüllt gewesen waren. Oberhalb der Eisfläche waren die Fußböden meist dick mit Schutt und Trümmern bedeckt, während weiter unten davon weniger zu merken war. In einigen der tiefer gelegenen Zimmer und Korridore fanden wir kaum mehr als sandigen Staub und uralte Verkrustungen, während manche Räumlichkeiten den unheimlichen Eindruck erweckten, als seien sie erst vor kurzer Zeit makellos reingefegt worden. Dort, wo Risse entstanden oder Mauern eingestürzt waren, fand sich in den unteren Stockwerken natürlich genausoviel Schutt wie in den höher gelegenen. Ein Hof in der Mitte des Gebäudes wie bei anderen Bauwerken, die wir aus der Luft gesehen hatten bewahrte die nach innen liegenden Räume vor totaler Dunkelheit, so daß wir in den oberen Zimmern nur selten von unseren Taschenlampen Gebrauch machen mußten, außer wenn wir Einzelheiten der Wandgravierungen näher in Augenschein nehmen wollten. Unterha lb der Eisschicht verstärkte sich jedoch das Zwielicht; und in vielen Teilen des labyrinthartigen untersten Stockwerks herrschte fast völlige Finsternis.

    Um wenigstens einen ungefähren Begriff davon zu bekommen, welche Gedanken und Gefühle uns bewegten, als wir in dieses seit Urzeiten schweigende Labyrinth unmenschlichen Mauerwerks vordrangen, muß man noch ein hoffnungslos

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