Berge Meere und Giganten (German Edition)
nicht. Es ist hier viel schöner. Du brauchst längere Zeit, um alles zu vergessen.« »Komm Elina.« »Ich mag nicht. Was forderst du von mir«; sie warf den Kopf zurück. »Hätte ich die Reise nicht mit dir gemacht.« Sie lachte gurrend: »Seid ihr ängstlich, daß ihr euch nicht in fremde Städte wagt. Du und Marduk. Aber Marduk weiß noch, was er tut. Er hat seine Waffen seine Maschinen. Von uns fordert er Dummheit. Werdet wie die Kinder. Ich mag nicht nach Berlin.« Sie trug über dem fremdartigen Hemd ihr eigenes aus Leinen. Die Haut ihrer bloßen schlanken Arme war bräunlich; die Härchen darauf schimmerten golden. Und wie sie den Arm abhob, das weite Hemd zurückfiel, die Schulter freigab, bückte sich Jonathan vor: »Was hast du da? Was trägst du für eine Jacke?« »Eine Jacke? Ach!« Sie lachte; zugleich wurde ihr Hals rot. »Es ist mein Hemd. Du hast es noch nicht gesehen. Ich habe es in der Stadt gekauft.« »Ein grünes Hemd. Du hast es gekauft. Ich sagte, ich mag es nicht.« »Jetzt ist es grün. Dann wird es rot, vielleicht blau. Das Obere schilfert immer mehr ab. Weißt du, es legt sich immer dichter an. Als wenn es mit Gummi angeklebt wird. Man merkt es gar nicht. Es wächst fast an.« »Ach.« Er staunte. Sie saß hoch, ihre Brust lächelnd entblößend. Er ging still herum. Am Abend wurde er heftiger und sie gab nach. Sie dachte an nichts, freute sich über seine Gereiztheit: »Bist du ein Kind. Ich soll hier weg. Es beißt uns keiner.« »Ja, ja«, er schüttelte sich, »ich bitte dich, ich flehe, komm weg.«
Sie legten das Haus zusammen. Und wie sie nach Berlin geflogen waren, in seinem Zimmer saßen, zog er ihr die Armspange ab, küßte die Spange, legte sie an seine Wange, band sie sich um. Ihre Schuhe knöpfte er auf, die Strümpfe zog er herunter, rieb die kalten Füße zwischen seinen Knien mit den Händen warm. Sie sah vergnügt, zum Kichern geneigt, von oben zu. Den Rücken machte sie krumm, die Arme schlug sie sich vor Lust an den Hals, als er ihr das Mieder öffnen wollte. Sie sprang davon. Lag im Bett, zugedeckt bis an die Ohren. Und als er »Elina« rief, sang sie unter der Decke: »Ich höre nichts. Leg dich schlafen.« Sie trällerte »Jonathan«, als er sich neben sie hinstreckte, ihren Hals umschlang. Seine Hand lag auf ihrem Nacken. »Was hast du an?« »Ein Hemd.« »Das ist das Hemd.« »Das grüne. Vielleicht ist es schon rot.« »Wozu hat es denn Farben, wenn ich sie nun nicht sehen soll. Du bist so lustig geworden.« »Nicht? Und das ist doch schön.« »Warum bist du so lustig?« »Weil ich’s sein will. Mein Hemd zeig ich dir nicht.« Sein Arm zog sich zurück, traurig sagte er: »Wie bist du zu mir.« Und wie seine Stimme verklungen war, horchte sie, ob er noch etwas sagte. Aber er schwieg von da. Sie tastete mit ihrer Hand nach ihm. Er lag auf dem Rücken. Sie fuhr über sein Gesicht, fühlte das Zwinkern seiner Lider. Welchen Ausdruck er haben mochte. Erinnerungen? Sie wälzte sich an ihn, drückte ihr Gesicht an seins. Da hoben sich seine Arme wieder, heftig preßte er ihren Kopf an seinen, stammelte »Braunes« in ihren Mund. Und als sie ihre Wonne ausgeatmet hatten und ihre Rücken zurücksanken, streichelte Elina sein warmes Gesicht. Ihre kleinen Finger biß er; sie summte: »Möchtest du mein Hemd sehen.« »Was soll mir dein Hemd. Was geht mich dein Hemd an. Du bist Elina.« »Warum willst du es nicht sehen, Jonathan. Es ist schön.« »Es ist schön. Ich glaub dir’s. Du bist viel schöner.« »Ich will’s dir zeigen, Jonathan.« Sie hatte sich im Bette aufgesetzt, tastete um sich. »Was suchst du denn?« »Das Licht.« Es flammte schon weiß um und über ihnen. »Ich zeig dir’s. Da. Du kannst es sehen.« Sie saß auf der Bettkante, drehte den Kopf nach ihm. Die braunen Haare hingen dicht von ihr herab. Um Brust Leib Schultern schlang es sich. Als wenn es naß oder aus zartestem Gummi wäre. Grünlich blau schillerte es an den Flanken; an manchen Partien des Rückens und der Brust war es stumpf, mehlig weiß. Sie lächelte eitel, strich an sich. Es glitzerte leicht; der Glanz über den Schultern war opalen. Er hielt sich unter einem Schmerz die Hand vor die Augen. Lecker flüsterte sie: »Ich will es ausziehen. Ich werde es dir zeigen.« Und sehr vorsichtig rollte sie sich das Hemd vom Leibe hoch. Es drehte sich, als wenn es eine Gummihaut wäre. An den Hals rollte sie es, langsam, aufmerksam zog sie den rechten Arm, den linken Arm heraus, bog sich. Beim
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