Berge Meere und Giganten (German Edition)
Rollen wickelten sich Achselhaare ein; sie kreischte, streckte die rote Zungenspitze ängstlich heraus. Er machte sie frei; sie schrie sofort: »Gib her. Du drückst es.« Ihre Tränen flossen; er hatte es schon hinter sich auf die Erde geworfen, über ihre rote leichtgeschwollene Haut strich er. »Bitte, lieber Jonathan, bitte. Es kann keine Viertelstunde liegen, keine Minute. Ich habe dich doch gern.« »Hast du mich gern, so laß es liegen.« »Du gibst es her. Du gibst es.« »Und wenn ich es zerdrücke. Wenn. Sieh einmal, Elina.« Sie war so blaß, so süchtig; rote Flecken auf dem Gesicht. Er liebte sie plötzlich eigentümlich. So daß er mit der Rechten ihr den Stoff gab, mit der Linken, während er niedersaß, sich die Augen beschattete; er öffnete den Mund. Sehnsüchtig inbrünstig liebte er sie, während er neben ihr saß, Tränen stiegen ihm in die Augen. Er drückte sie an sich, die ihn abwehrte. Und wie sie glücklich war, als sie das raschelnde Gewebe, das leicht wie ein Blatt war, in den Händen hielt, es gleich an ihre Brüste drückte, es tief anhauchte. Aus dunkel umränderten Augen blickte sie Jonathan an; ihre Backenknochen traten sonderbar schattenhaft hervor. Sie kniete im Bett, während sie sich die Haut überrollte; unter den Stößen ihres kurzen erregten Kicherns erzitterten ihre Flanken und die vorgewölbte Magengrube. Dann streckte sie sich, atmete aus: »Ich bin froh.«
In der Nacht wachte Jonathan auf. Er hatte von einem sehr leichten Federball geträumt, den er greifen wollte: er sprang vom Boden aber rastlos auf und ab, von selbst, es war ein unsäglich mühsames Begehren. Der Ball ging springend vor ihm weg, einem Fenster zu, das sehr helles Licht warf. Der Ball war weiß, immer schwächer zu sehen, blinkte nur noch an der Decke, am Fußboden, und er mußte ihn fassen, diesen lautlosen Federball. Er horchte aufwachend im Dunkeln. Sein Herz schlug wuchtig. Mit jedem Schlag trieb es einen Feuerschein vor seine Augen, stieß einen Hammer gegen seine Kehle. Die Decke schob er zurück. Elina stöhnte laut. Elina stöhnte. Sie griff um sich. Jonathan drückte auf den Lichtknopf. Ihre flammende Röte. »Elina, hast du Schmerzen?« »Oh mir ist gut.« Und warf den Kopf beiseite, krümmte sich. Er sprang auf. Sie verfolgte ihn mit fliegenden Blicken, als er sich anzog. »Was willst du tun, Jonathan. Ich habe gar keinen Schmerz.« »Ich will dir zu trinken holen. Du fieberst.« »Ich habe keinen Schmerz. Ich will keinen Arzt.« »Ich bleibe.« »Mir fehlt nichts. Mir ist ganz gut. Komm her. Bleib bei mir.« Ihre zurückgesunkenen angstvoll suchenden Augen. »Dein Hemd ist es.« »Laß mich los. Ich befehle es dir. Wenn du mir mein Hemd nimmst, lauf ich weg. So wie ich bin.« »Ich tu’s ja nicht.« »Du schwörst es mir.« »Ja.« »In die Hand.« »Ja.« »Jetzt küsse mich.« Ihre Münder lagen aufeinander. Er weinte vor unausfühlbarer Sehnsucht. Ihm fuhr durch den Kopf, wie der Federball sprang und blinkte am weißen Fenster.
Fünf Tage diente Jonathan seiner Geliebten. Er hörte aus ihren Träumen: wie sie sich zusprach; es werde alles gut werden; sie fürchtete sich zu sterben. Das Hemd senkte seine feinsten Sprossen in ihre Haut, wieder schilferte eine Lage, bläulich schimmerte die neue. Während sie in tiefem dauerndem Schlaf lag, zog ein leuchtendes Meeresblau über ihre Schulter und Brust. Ihre Atmung wurde ruhiger.
Elinas Augen blitzten seit der Zeit. Ihre Bewegungen waren glatt, schmeichelnd erregt. Ihr Lachen härter. Und wenn er sie umhalste, so fühlte er sich tief bewegt, nie beruhigt, nie gesättigt. An seiner Unterlippe sog sie sich im Kuß fest, hielt sich ganz dicht an ihn, die Knie zitterten unter ihr. Als wenn sie aus dem Schlaf erwachte, öffnete sie die Augen, lachte, gab ihm einen Schlag auf die Schulter, ließ ihn stehen.
SPÖTTISCH DURCHSTREIFTE sie mit Jonathan die Stadtlandschaft. Sie fuhren auf drolligen schaukelnden und springenden Wagen. Die Gefährte hatten unter ihren Sitzkasten stengelartig lange Beine, die spiralig mit Metall umwickelt waren. Sanft knickten und schnurrten diese Beine bei der Berührung mit dem Boden ein, um gleich darauf völlig zusammensinkend aufzuschwirren und schräg nach vorn zu schießen. Heuschrecken hießen die Gefährte, weil sie wie Heuschrecken kräftige lange Hinterbeine mit einem starken Scharniergelenk hatten. Zum Aufsetzen dienten vorn zwei wenig nachgiebige Vorderbeine und seitlich elastische Streben, wie Tastorgane,
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