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Berger, Fabian

Berger, Fabian

Titel: Berger, Fabian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tiefschlaf
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einen Weg durch die halb offenstehende Wohnzimmertür in den Flur gebahnt hatte. Eine Faust hämmerte gegen die Tür. Er musste sich beeilen.
    »Tobias, steh endlich auf, verdammt noch mal!«, schrie eine Frau im Hausflur. »Ich will wegen dir nicht zu spät kommen!«
    Er konnte nicht riskieren, von jemandem gesehen oder gehört zu werden. Und die Möglichkeit bestand, dass sie einen Schlüssel zur Wohnung besaß und die Tür doch noch öffnen würde. Eilends fuhr er mit dem Skalpell in die fleischige Gehirnmasse und entfernte das Material, das er brauchte. Nachdem er alle Gegenstände in der Tasche verstaut hatte, lauschte er ein letztes Mal. Die Holzdielen vor der Wohnung knarrten - ein sicheres Indiz dafür, dass sich die Frau noch immer vor der Tür befand. Seine Glock 28 lag wie Blei in seiner Innentasche. Er würde heute auf den Gebrauch seiner Waffe verzichten müssen. Der Schuss wäre trotz des Schalldämpfers viel zu laut. Er packte den Kopf des Mannes mit seinen wulstigen Händen und drehte ihn langsam zur Seite. Mit einem kräftigen Ruck riss er ihn in die entgegengesetzte Richtung, begleitet von einem morschen Knacken aus dem brechenden Genick. Lautlos legte er das schlaffe Haupt zurück auf den Boden. Tränen hatten sich in den Augenwinkeln des Opfers gesammelt und liefen seitlich herab. Er streifte die Handschuhe ab und legte sie in seine Tasche. Der Verschluss rastete lautlos ein. Langsam erhob er sich aus seiner gebückten Haltung. Den schwarzen Kunststoffhenkel der Tasche hielt er dabei fest im Griff. Er horchte aufmerksam. Die Frau lief die Treppe hinunter und öffnete die Haustür - das Geräusch der Straße drang zu ihm hoch, bis es schließlich mit einem finalen Scheppern wieder verstummte. Erleichtert atmete er auf. Mehrere Minuten wartete er, bevor er die Tür einen Spalt öffnete und hinausspähte. Die Luft war rein. Er verließ die Wohnung und legte die drei Stockwerke zurück, ohne jemandem zu begegnen. Als er den Ausgang erreichte, senkte er seinen Blick und verschwand in der Menge der vorbeiziehenden Passanten.

-20-
    H annah stieß die Tür zum Präsidium weit auf. Sie hatte die vergangene Nacht wach gelegen und über ihre Situation nachgedacht. Sie befürchtete mittlerweile, immer tiefer in die Depression zu stürzen, in der sie sich seit Eriks Tod befand. Sie musste ihr Leben wieder in den Griff bekommen, und endlich damit beginnen, den Schmerz wenigstens zu verdrängen. Saarfelds Angebot schien ihr eine geeignete Möglichkeit, sich abzulenken und wieder Routine in ihrem Tagesablauf zuzulassen. Sie hatte einfach nicht mehr die Kraft, über die grausamen Ereignisse nachzudenken. Obwohl sie sich immer noch nicht sicher war, ob sie den Aufgaben, die der Polizeidienst ihr abverlangen würde, tatsächlich gewachsen war, wollte sie es dennoch versuchen. Sie hatte nichts zu verlieren.
    Geschickt hatte sie die geschwollenen Augenlider mit Make-up kaschiert und schritt nun selbstbewusst über den Flur des Kriminalkommissariats. Kurz vor der geschlossenen Bürotür ihres Vaters blieb sie stehen und klopfte an. Keine Antwort.
    Sie hatte schon einige Minuten vor der Tür gewartet, als ein junger Kollege an sie herantrat. »Hannah. Schön Sie zu sehen. Wenn Sie Ihren Vater suchen, müssen Sie etwas warten. Er ist noch unterwegs. Ich denke aber, dass er bald zurück sein wird. Setzen Sie sich doch so lange in sein Büro.«
    Hannah war nicht imstande seine Herzlichkeit zu erwidern und bedankte sich mit einem Kopfnicken für die Auskunft. Sie hatte die Türklinke bereits in der Hand und wollte gerade eintreten, da hörte sie jemanden ihren Namen rufen.
    »Frau Lorenz!« Saarfeld winkte ihr zu und kam ihr entgegen. Ungeschickt jonglierte er mit zahlreichen Akten auf dem Arm und reichte ihr die Hand. Dabei entglitten ihm ein paar Formulare, die langsam zu Boden schwebten. »Was verschafft uns denn die Ehre Ihres Besuches?«, begrüßte er sie mit einem sanften Lächeln, bückte sich nach den Blättern und steckte sie wahllos in den Stapel zurück.
    Hannah fühlte sich plötzlich nicht mehr wohl in ihrer Haut. »Ich wollte eigentlich zu meinem Vater. Aber er ist wohl unterwegs.«
    »Ja, vermutlich. Wenn ich Ihnen irgendwie behilflich sein kann, dann lassen Sie es mich wissen.« Er verbeugte sich altmodisch und wollte seinen Weg fortsetzen.
    Sie überlegte nur kurz und hielt ihn zurück. »Herr Saarfeld? Eigentlich wollte ich erst mit meinem Vater darüber reden, aber ... wo ich Sie gerade treffe.« Sie

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