Berger, Fabian
Lorenz schritt eilig in Richtung Konferenzsaal, vor dem Professor Sebastian Braun ihn erwarten wollte. Schließlich gelangte er auf den großzügigen Flur des ersten Stocks, der das Entree des Konferenzraumes bildete. Einige Herren im Anzug standen in Grüppchen zusammen. Lorenz ließ seinen Blick umherschweifen und versuchte die Namen auf den Plastikschildchen, die jeder Umstehende am Revers trug, zu entziffern. Da sein Kollege es versäumt hatte, ihm ein Foto von Braun zu besorgen, blieb ihm nichts anderes übrig, als sich durchzufragen. Nach dem zweiten Versuch wies ihm einer der Herren die Richtung und deutete auf einen Mann, der in ein Gespräch mit Kollegen vertieft war, und offenbar das Wort hatte.
»... und ich sage Ihnen, dass die Theorie von quantenmechanischen Effekten im menschlichen Gehirn in den nächsten Jahren immer mehr Anhänger finden wird. Und wissen Sie auch warum?« Die Diskussionsteilnehmer hörten ihm aufmerksam zu. »Weil sich mit zukünftigen wissenschaftlichen Erkenntnissen eindeutig beweisen lassen wird, dass ...«
Lorenz machte sich mit einem Räuspern bemerkbar. Sofort endete das Gespräch und zahlreiche Augenpaare schauten argwöhnisch in seine Richtung.
»Entschuldigen Sie bitte die Störung. Sind Sie Professor Braun?«
Braun drehte sich zu ihm um. »Sie sind bestimmt der Beamte vom Kriminalkommissariat Köln, der mich abholen soll.«
Er reichte dem Professor die Hand. »Hauptkommissar Lorenz. Ich leite die Ermittlungen. Ich bin Ihnen außerordentlich dankbar, dass Sie sich die Zeit nehmen konnten, uns Ihr Fachwissen zur Verfügung zu stellen.« Lorenz war es egal, dass Braun ihn für einen gewöhnlichen Beamten gehalten hatte. »Wenn es Ihnen nichts ausmacht, würde ich gerne sofort aufbrechen.«
»Natürlich«, willigte Braun ein und wandte sich an seine Gesprächspartner. »Sie entschuldigen mich, meine Herren. Aber wenn die Polizei meine Unterstützung benötigt, kann ich wohl kaum ablehnen.« Er folgte Lorenz über die Treppe in Richtung Ausgang. »Haben wir gestern miteinander telefoniert? Mir wurde nicht gesagt, dass Sie die Ermittlungen leiten«, versuchte Braun sich zu entschuldigen.
»Machen Sie sich keine Gedanken. Woher hätten Sie das auch wissen sollen?«
»Na ja, bisher habe ich ja noch keinerlei Informationen erhalten«, kritisierte Braun. »Vielleicht habe ich Ihnen ja zu voreilig meine Unterstützung zugesagt. Ich weiß ja nicht einmal, ob ich Ihnen überhaupt helfen kann.«
»Glauben Sie mir, Professor. Sie sind genau der Richtige.«
Braun gab sich mit der Antwort zufrieden und folgte dem Beamten zum Wagen.
Lorenz deutete mit einer Handbewegung auf die Beifahrerseite. »Steigen Sie bitte ein, wir werden nicht sehr lange unterwegs sein.«
Er startete den Motor und lenkte das Fahrzeug vom Vorplatz des Hotels. Gleich darauf reihte er sich in die rechte Fahrspur ein, die ihn in einem Bogen am Heumarkt vorbeiführte. Er hatte sich dazu entschieden, den dichten Verkehr in der Innenstadt zu meiden und fuhr mit hohem Tempo die Uferstraße entlang Richtung Rodenkirchen. Von dort bog er ab und erreichte über den Bonner-Verteiler den Militärring, der um diese Zeit nicht mehr so stark befahren war. Zur Not hatte er ja noch sein Martinshorn. Allerdings widerstrebte es ihm, davon Gebrauch zu machen, wenn es nicht unbedingt nötig war.
Braun blickte gedankenverloren aus dem Fenster, als Lorenz sich an ihn wandte.
»Ich werde Ihnen jetzt erklären, worum es geht, Professor: Vor zwei Tagen wurde in der Kölner Südstadt eine Leiche aufgefunden. Die Spuren weisen eindeutig auf einen Mord hin. Was den Fall so außergewöhnlich erscheinen lässt, ist die Art der Verletzungen, die wir an der Leiche festgestellt haben. Laut Rechtsmedizin wurde das Opfer betäubt. Anschließend wurde ihm der Schädel geöffnet und ein Teil seiner Hirnmasse entfernt.«
Braun war schockiert. »Mein Gott. Das ist ja grauenvoll!«
Lorenz nickte. »Ganz recht. Am Ende hat der Täter sein Opfer erschossen. Ihre Aufgabe, Herr Professor, besteht darin, genau festzustellen, welche Bereiche des menschlichen Gehirns entnommen wurden oder besser: die Annahme unseres Rechtsmediziners zu bestätigen. Außerdem muss ich wissen, für welche Funktionen die Gehirnregionen zuständig sind. Ich benötige von Ihnen eine exakte Ausführung.«
»Ich verstehe«, erwiderte Braun. Sein Adamsapfel zeichnete sich deutlich durch die weiße Haut auf seiner Kehle ab und bewegte sich nervös auf und ab. »Darf ich
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