Berger, Fabian
angesehen und uns mit den Informationen bezüglich der Gehirnregionen versorgt.« Lorenz nahm einen kräftigen Schluck aus seiner Flasche.
»Ist das alles, was wir haben?« Sie sah auf die Reste ihres Essens und legte angewidert die Gabel beiseite.
»Leider, ja. Du siehst, wir sind bisher nicht weit gekommen.«
Sein Handy klingelte. Sofort stand er auf, zog das Mobiltelefon aus seiner Tasche und nahm den Anruf entgegen. Eine Zeit lang lauschte er den Ausführungen des Anrufers. Dann beendete er das Gespräch und griff nach seiner Jacke.
»Was ist los?« Hannah war aufgestanden und stellte ihren Teller auf die Ablage.
»Das waren die Kollegen von der Streife. Ich schätze, wir haben ein ernsthaftes Problem!«
-28-
I n waghalsigem Tempo jagte Vollmer über den Melatengürtel Richtung Ehrenfeld. Die Scheinwerfer des entgegenkommenden Verkehrs zischten an ihm vorüber und gaben ihm nur wenig Gelegenheit zu überholen. Mit einem heftigen Ruck am Lenkrad bog er in die Weinsbergstrasse ein und erreichte über die Widdersdorfer Straße das westlich liegende Viertel von Köln. Die von Industriedenkmälern und zahlreichen Villen aus der Gründerzeit gesäumten Straßen beherrschten hier das Stadtbild. Vollmer drosselte sein Tempo. Er hatte es nicht für nötig gehalten, den genauen Weg herauszusuchen, bevor er losgefahren war. Außerdem hatte er befürchtet, durch seine Suche zu viel Zeit zu verlieren. Seit Monaten war sein Navi defekt. Nun rächte es sich, dass er zu faul gewesen war, das Gerät reparieren zu lassen oder sich ein Neues zuzulegen. Mit vorgebeugtem Oberkörper fokussierte er die Straßenschilder durch die Windschutzscheibe. Orientierungslos hielt er endlich an und senkte das Fenster auf der Beifahrerseite. Ein junger Mann mit Rastalocken schlenderte auf dem Gehweg an ihm vorbei. Noch bevor Vollmer ihn zu sich rufen konnte, um nach dem Weg zu fragen, ertönte hinter ihm ein Martinshorn. Er blickte zurück und erkannte durch die Heckscheibe ein dunkles Fahrzeug der Zivilfahndung. Vollmer warf den ersten Gang ein und wartete, bis der Wagen an ihm vorbeigerauscht war. Dann folgte er den Beamten mit der nötigen Distanz. Nach wenigen Hundert Metern wurde der Wagen vor ihm langsamer. Anscheinend waren sie dem Ziel sehr nahe. Ein Lichtstrahl erhob sich hoch über den Dächern der Häuser. Vollmer bog um eine Ecke und blieb etwas entfernt von der Traube aus Einsatzwagen und Polizeibeamten stehen. Der Wagen, dem er gefolgt war, parkte vor dem hell erleuchteten Eingangsbereich des Hauses. Ein Mann und eine junge Frau stiegen aus und gingen zum Eingang. Ihre Gesichter wurden von dem grellen Schein des Fluters erhellt. Der Mann war Hauptkommissar Jakob Lorenz vom Kriminalkommissariat. Doch die Frau hatte er noch nie zuvor gesehen. Vollmer wartete, bis die beiden im Inneren des Gebäudes verschwunden waren, und stieg dann aus seinem Auto. Prüfend klopfte er seine Taschen ab, holte einen kleinen Block mit Kugelschreiber hervor und machte sich auf den Weg.
-29-
N achdem Hannah und Lorenz ihre Dienstausweise vorgezeigt hatten, ließ der Streifenpolizist sie den abgesperrten Bereich passieren. Ihre dunklen Schatten kamen ihnen auf der gegenüberliegenden Wand des Treppenhauses entgegen, als sie das Gebäude durch die offene Tür betraten. Die abgewetzten Stufen der alten Holztreppe knarrten bedenklich unter ihren Füßen.
Hannah brachte keinen Ton heraus und folgte ihrem Vater mit gesenktem Blick. Sie versuchte sich auf das vorzubereiten, was sie oben erwarten würde.
Das Absperrband zog sich auf Brusthöhe von der rechten Seite des Türrahmens zur linken und sicherte den Tatort vor unerlaubtem Zutritt. Lorenz ging voran und hielt Hannah das Band hoch. Die in weißen Overalls gekleideten Beamten der Spurensicherung waren in ihre Arbeit vertieft. Ein feiner, metallischer Geruch drang Hannah in die Nase, als sie die Wohnung betrat. Sie sah die Füße einer am Boden liegenden Person. Noch bevor ihr Blick den leblosen Körper entlangwandern konnte, kam Tornsen auf die beiden zu und begrüßte sie.
»Wie geht’s dir, Jakob? Du siehst gut aus.« Mit einem verschmitzten Lächeln fuhr er fort. »Ich weiß ja nicht, wie du das hinbekommen hast« Er deutete mit einem Kopfnicken auf Hannah. »Zum Glück sieht sie dir nicht sehr ähnlich. Mein Gott, wie die Zeit vergeht«, schwelgte er in Erinnerungen und wandte sich nun ihr zu. »Es muss ewig her sein, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben, Hannah. Und jetzt arbeitet ihr
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