Berger, Fabian
den jeder Kriminalanwärter nach dem Studium wenigstens für ein Jahr verrichten musste, hatte sie allein dem Polizeichef und der Zustimmung ihres Vaters zu verdanken.
Saarfeld hatte sich wie versprochen an ihre Abmachung gehalten. Sie war froh, dass sie nun endlich wieder eine Aufgabe hatte, und brannte darauf, ihr theoretisches Fachwissen bei ihrem ersten Fall zum Einsatz zu bringen. Sie hoffte, dass ihr Vater sich schnell an die neue Situation gewöhnen würde, denn nur dann konnten sie beide erfolgreich zusammenarbeiten.
Lorenz saß mittlerweile wieder an seinem Schreibtisch. Er schob gerade einen Ordner zurück in einen Dokumentenstapel. Dabei stellte er sich derart ungeschickt an, dass seine Tasse kippte und die Unterlagen mit Kaffee übergoss. Fluchend sprang er auf und hielt die tropfenden Blätter von den restlichen Schriftstücken fern, um den Schaden zu begrenzen.
Hannah ahnte, dass sie der Grund für seine Nervosität war, dass er daran zweifelte, die richtige Entscheidung getroffen zu haben.
»Ich weiß deine Fürsorge sehr zu schätzen, Papa. Aber ich hatte eine harte und umfassende Ausbildung. Ich denke, ich bin bestens vorbereitet. Wenn ich mich dennoch einmal zu weit vorwage, kannst du mich jederzeit zurückpfeifen. Du bist schließlich mein Vorgesetzter«, versuchte sie ihn zu beruhigen.
Lorenz nickte und setzte sich wieder auf seinen Stuhl. »Ich brauche wohl noch etwas Zeit, um mich daran zu gewöhnen.«
Hannah nahm seine leere Tasse. »Mag sein. Doch ich bin mir sicher, dass du im Moment etwas anderes viel nötiger brauchst.« Sie wedelte mit dem Becher vor seiner Nase und verließ lächelnd das Büro.
Nachdenklich wanderte sein Blick über den Berg von Akten, der darauf wartete, von ihm bearbeitet zu werden. Dann sah er auf den Monitor. Sein Postfach zeigte eine neue Nachricht an. Lorenz schaute auf den Absender.
»Nathanael ...? Wer zum Teufel ist Nathanael?«, murmelte er vor sich hin und ärgerte sich über die Spams, die trotz Firewall immer noch zu ihm durchdrangen. Genervt markierte er die Mail und schob sie in den Papierkorb.
»Hier!« Hannah war mittlerweile zurückgekehrt und reichte ihrem Vater die volle Tasse. Sie setzte sich auf die Ecke seines Tisches. »Also, wie geht’s jetzt weiter?«
»Ich schlage vor, dass du jetzt nach Hause fährst, und dich noch etwas ausruhst. Der Abend wird anstrengend genug.«
»Für dich, oder für mich?«, stichelte sie und grinste.
»Für uns beide. Wir sind schließlich ein Team. Also, los jetzt.« Lorenz wedelte mit der Hand Richtung Tür. »Wir setzen uns heute Abend zusammen und ich mache dich mit den Einzelheiten des Falls vertraut.«
»In Ordnung!«, willigte sie ein und stellte die Tasse ab. »Ich komme dann um sieben zu dir. Bin gespannt, was du uns Gutes zu essen machst.«
Lorenz sah verwundert auf. »Was soll das denn heißen?«
Doch Hannah hatte sich bereits zum Gehen gewandt. Sie winkte ihm kurz zu, ohne ihn dabei noch einmal anzusehen.
»Selbst schuld!«, brummte er und widmete sich wieder seiner Arbeit.
-25-
D ie Muskeln seines Körpers hatten sich nach Stunden erhöhter Konzentration vollkommen verkrampft. Allmählich lief ihm die Zeit davon. Stundenlang hatte er sich bemüht, den Fehler ausfindig zu machen. Trotz all seiner Versuche war es ihm jedoch nicht gelungen, sich wieder ins System einzuloggen. Verzweifelt schlug er auf die Tastatur, als ihm endlich bewusst wurde, dass all seine Anstrengungen, die Kontrolle wieder zu erlangen, aussichtslos waren. Wutentbrannt sprang er von seinem Stuhl auf und schritt durch das Labor. Das Schweiß getränkte Hemd klebte an seinem nassen Rücken. Sein Handy klingelte. Hastig zog er es hervor und sah auf das Display. Obwohl die Nummer unterdrückt war, ahnte er, wer ihn zu erreichen versuchte. Der Zeitpunkt eines Gesprächs erschien ihm als äußerst ungünstig. Trotzdem nahm er den Anruf entgegen.
Ohne seinen Namen zu nennen, kam sein Gesprächspartner sofort zur Sache. »Ich hoffe, Sie haben das Problem zwischenzeitlich gelöst.« Der Tonfall verfehlte seine Wirkung nicht.
Eingeschüchtert versuchte Braun sich zu rechtfertigen. »Sie müssen mir etwas mehr Zeit geben. Die Angelegenheit ist äußerst kompliziert.«
Für einen kurzen Moment war es still.
»Natürlich, Herr Professor. Wie viel Zeit brauchen Sie denn? Ein Jahr oder vielleicht zwei?«
»Ich weiß es nicht. Wir bewegen uns auf einem unbekannten Pfad der Wissenschaft. Es existieren keinerlei Erfahrungswerte
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