Berger, Fabian
zufiel.
Sorgenvoll blickte Lorenz seiner Tochter nach und wartete auf ihre Rückkehr. Nach endlos langen Minuten kam sie an ihren Platz zurück. Er erhob sich und rückte ihr den Stuhl zurecht.
Auch Marcello war der Vorfall nicht entgangen. »Ist etwas nicht in Ordnung?«
»Nein, nein, alles okay. Es geht schon wieder!«, hauchte sie.
Ihr desolater Zustand bereitete dem Italiener Sorge. Er hoffte inständig, dass nicht die Pizza der Auslöser für ihr plötzliches Unwohlsein gewesen war.
Hannah beruhigte ihn. »Wenn dem so wäre, wäre auch mein Vater gerannt, nicht wahr?«
Marcello nickte erleichtert und ließ die beiden wieder allein.
»Was war denn los?« Auch Lorenz hatte sich erschrocken, als er gesehen hatte, wie blass sie geworden war.
»Ich weiß auch nicht«, flüsterte sie. »Mir war auf einmal übel.«
»Komm, ich fahre dich besser nach Hause.«
Die frische Luft draußen schien Hannahs Kreislauf wieder in Schwung zu bringen. Sie hatte schon wieder mehr Farbe im Gesicht und folgte ihrem Vater zum Wagen.
»Morgen früh gehst du als Erstes zum Arzt!«
Hannah verdrehte die Augen. »Wieso denn das?«, beschwerte sie sich. »Mir geht es wieder besser, wirklich.«
»Das war keine Bitte!«, brummte er, startete den Wagen und fuhr los.
-45-
L orenz setzte Hannah vor ihrem Haus ab. Ihr Zustand hatte sich auf der Fahrt weitestgehend normalisiert.
Augenblicklich kam ihm Clara Berg in den Sinn. Die Frau, die er tagsüber angefahren hatte. Mittlerweile war es kurz vor neun. Er überlegte, ob diese Zeit noch angemessen für einen Besuch war, wendete kurzerhand auf der kaum befahrenen Straße und bog die nächste Abzweigung rechts ein.
Zehn Minuten später hatte Lorenz sein Ziel erreicht und stieg aus dem Wagen. Die Fenster, die er Clara Bergs Wohnung zuordnete, waren dunkel. Vielleicht war es doch schon zu spät und sie war bereits zu Bett gegangen. In der Wohnung nebenan brannte Licht. Er schritt zur Haustür und betätigte die Klingel. Niemand öffnete. Auf die Gefahr hin, sie aufzuwecken, schellte er erneut. Doch auch diesmal blieb die Tür verschlossen. Er ging ein paar Schritte zurück und überprüfte noch einmal, aus welchen Fenstern das Licht nach außen drang. Er drückte auf den Knopf neben der Klingel von Clara Berg und wartete. Sekunden später ertönte eine männliche Stimme aus dem Lautsprecher.
»Ja, bitte?«
»Mein Name ist Lorenz. Ich bin von der Polizei. Ich möchte gerne zu Frau Clara Berg.«
»Sie haben sich vertan. Frau Berg wohnt nebenan.« Das Rauschen verschwand.
»Da habe ich es versucht, doch sie macht nicht auf«, erklärte Lorenz.
Der Mann atmete tief durch. »Dann wird sie wohl nicht zuhause sein!«, antwortete er barsch.
»Vielleicht hat sie das Läuten nicht gehört, oder ihre Klingel ist defekt. Ich möchte mich bitte selbst davon überzeugen.«
Kurz darauf öffnete sich die Haustür mit einem Summen und der Bewegungsmelder schaltete das Licht ein. Lorenz folgte dem Lauf der Treppe.
Auf der ersten Etage trat der Nachbar aus seiner Wohnung, der ihm den Zugang zum Haus gewährt hatte, und musterte ihn skeptisch. »Sie sind also von der Polizei, ja?«
Lorenz zog seinen Dienstausweis hervor und gewährte dem Mann einen Blick darauf.
»Sie werden kein Glück haben«, prophezeite der Nachbar. »Sie ist selten zu Hause. Und wenn, dann nur, um zu schlafen. Ich bin ihr nicht oft über den Weg gelaufen, seitdem sie vor ein paar Wochen hier eingezogen ist. Aber versuchen Sie’s nur. Vielleicht liegt es ja tatsächlich an der Klingel!«
Lorenz bedankte sich und folgte dem schmalen Flur zu Clara Bergs Wohnung. Er klopfte an und wartete auf eine Reaktion. Kein einziges Geräusch drang aus dem Inneren zu ihm durch. Er klopfte erneut, diesmal lauter. Doch es blieb weiterhin still. Nachdenklich machte er sich auf den Rückweg durch das Treppenhaus und trat auf die Straße. Bevor er in seinen Wagen stieg, schaute er noch einmal hinauf. Wahrscheinlich war sie einfach nicht zu Hause. Was wusste er schon vom Leben oder den Gewohnheiten der jungen Frau. Er wunderte sich nur, dass er sich derart um sie sorgte. »Das ist dein schlechtes Gewissen«, murmelte er vor sich hin und startete den Motor. »Nur dein Gewissen, nichts weiter.«
-46-
D ie plötzlich aufgetretene Übelkeit vom vergangenen Abend war in der Nacht mehrmals wiedergekehrt und hatte Hannah den Schlaf geraubt. Mehrere Tassen Kamillentee hatten nicht geholfen. Im Gegenteil, selbst den hatte sie letztlich nicht bei
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