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Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes

Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes

Titel: Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Berger
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nun lächelnd mit Kardinal Borgia plauderte, der sich seinen Gottvaterbart von seinen rasierten Wangen zog. Giulia wirkte ein wenig angespannt, aber doch auch glücklich. Sie nahm Lucrezia in den Arm, und Vater Borgia küßte, bevor er sich entfernte, beide auf die Stirn, nicht ohne Giulia noch eine Botschaft ins Ohr zu flüstern. Silvia entdeckte Alessandro, der nur darauf gewartet zu haben schien, sich seiner Schwester nähern zu können. Wieder heimliches Zuflüstern, und ein siegreiches Lächeln zog über sein Gesicht. Silvia starrte ihn an, aber Alessandro bemerkte nicht, daß er beobachtet wurde. Er hatte sie noch immer nicht erkannt. Am liebsten hätte sie sich ihr albernes Diana-Kostüm und die Maske vom Leib gerissen. Statt dessen schritt sie möglichst hoheitsvoll an ihm vorbei.
    »Das ist doch Silvia«, hörte sie Giulia rufen. Aber sie tat so, als sei sie nicht gemeint, und ging einfach weiter. Kaum hatte sie den großen Saal verlassen, rannte sie zum nächsten Balkon. Überall sich drängelnde Menschen. Die meisten hatten nun ihre Masken abgelegt, lachten, tranken und schäkerten miteinander. Wie in einem Bordell, dachte Silvia. Am liebsten hätte sie das Haus sofort verlassen. Aber mit wem? Ihr Vater war krank und deshalb zu Hause geblieben. Zwei Knechte hatte er zu ihrer Begleitung abgestellt. Sie hatte zu Fuß gehen müssen, eine Kutsche auszuleihen konnte sich ihr Vater nicht leisten. Zum Glück fand sich in der Truhe ihrer Mutter das Kostüm der Diana. Insgeheim hatte sie darauf gehofft, daß sie ihn treffen, daß er sie nach Hause brin gen würde. Aber nun?
    Sie ließ sich ein Glas Zimtwasser reichen, stürzte es hinunter und eilte die Treppen hoch bis zur Dachloggia. Niemand außer ihr suchte hier oben die erfrischende Nachtluft. Sie hockte sich in eine Ecke, bedeckte ihr Gesicht mit den Händen und ließ den Tränen freien Lauf. Der Bogen hing ihr noch immer über dem Rücken und drückte sie. Sie nahm ihn ab, zerbrach ihn und warf ihn achtlos zur Seite, den Köcher mit den Pfeilen gleich hinterher.
    Es dauerte lange, bis die Tränen versiegten. Dann stand sie wieder auf und schaute über die Brüstung gebeugt in die Nacht hinaus, über das schlafende Rom, das in dem Dunkel unter ihr zu rumoren schien. Am Himmel stand die Sichel des Mondes, und die hellsten der Sterne flimmerten herab. Aus dem piano nobile drang ein Gewirr von Stimmen, Musik tönte hoch, Gelächter. Wie konnte Gott es zulassen, daß einer seiner höchsten Diener den Tod seines einzigen Sohnes verhöhnte, IHN selber und die Gottesmutter dazu! Zumal dieser Diener gerade dabei war, einen neuen Ehebruch zu begehen – und ihre Freundin Giulia war das Opfer. Nein, wie ein Opfer wirkte sie nicht! Und Giulias Bruder Alessandro Farnese, selbst wieder ein Diener der Kirche, fädelte die Todsünde ein.
    Silvia wünschte ein Erdbeben herbei, einen Schwefelregen, mit dem Gott, wie einst Sodom und Gomorrha, dieses Haus und diese Stadt vernichtete. Ja, ohne Widerspruch, ohne Wehklagen würde sie mitsterben in seinem Strafgericht. Gott mußte wie ein Eroberer aus den tiefen Steppen Asiens die Stadt in Trümmer legen und ihre Einwohner niedermetzeln. Zuerst diesen Palast einer Kupplerin, ja auch den Vatikan mit all seinen Kurtisanen und sündigen Priestern, den Papst eingeschlossen. Der Staub des Vergessens sollte sich über Rom legen. In Hunderten von Jahren sähe ganz Rom so aus wie das Forum Romanum heute, mit seinen Marmortrümmern und aus dem Boden ragenden Säulen, die wie Zeichen einer untergegangenen Welt vor sich hin dämmerten. Unter dem Schutt der Häuser würden Ratten ihre Wege graben und die Knochen der Erschlagenen benagen, von dem Unkraut an den zerborstenen Mauern nährten sich Ziegen, und räudige Katzen paarten sich im Schatten der Steine.
    Plötzlich hörte sie zwei Stimmen im Treppenhaus, eine weibliche und eine männliche. Schnell richtete sie sich auf, strich ihr Kleid zurecht und ordnete ihr Haarnetz.
    »Du bist betrunken.« Die weibliche Stimme. »Mir ist schlecht.« Die männliche.
    »Warum frißt du auch soviel.«
    Der Mann rülpste laut.
    »Du bleibst jetzt so lange hier oben, bis du dich wieder unter Menschen wagen kannst, ohne daß ich mich für dich schämen muß. Was soll denn Rodrigo von dir denken. Du führst dich auf wie ein Bauerntölpel. Ein Orsini!«
    Adriana del Mila erschien mit ihrem Sohn Orso.
    Sofort hatte sie Silvia entdeckt, und es entfuhr ihr ein erstauntes und unwilliges »Ach«. Aber sie setzte

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