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Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes

Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes

Titel: Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Berger
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wie er sich zu verhalten habe. Und auf Briefe von Giovanni Crispo gab er schon gar nichts. Ja, Crispo! Er mußte schleunigst nach Rom zurück. Vielleicht gelang es ihm noch, Silvia aufzusuchen und von ihrem Vorhaben abzubringen. Sie durfte den Schönling nicht heiraten! Aber mit welchem Argument sollte er sie davon überzeugen? Er machte sich doch nur lächerlich.
    Alessandro ruderte nach Capodimonte, hetzte den steilen Weg zur Burg hinauf und stürzte sofort ins Schlafzimmer seiner Mutter, die gerade von ihren Kammerfrauen gewaschen und angezogen wurde. Sie warf ihm nur einen kurzen Blick zu.
    »Angelo hätte nicht in den Krieg ziehen dürfen«, sagte sie. »Mars dominiert und steht in Opposition zur Venus, außerdem hatte ich heute nacht wieder meinen Traum. Die Rabenvögel …«
    »Aber ist dein erstgeborener Sohn nicht Condottiere?« unterbrach sie Alessandro. »Kämpfen ist sein Beruf. Allerdings wird er sich nicht lange bei seinen Soldaten aufhalten, er will ja heiraten, wie ich gehört habe. Mein Bruder wird mit Signorina Crispo hierherziehen und Schafe züchten, wie du. Jeder muß seine Aufgabe erfüllen. Meine Aufgabe ist, Priester zu sein. Daher darf ich mich verabschieden. Der französische Feind ist auf der Flucht. Ich begebe mich umgehend nach Rom. Außerdem will ich Giulia sehen.«
    Die Mutter lehnte sich zurück, schloß die Augen und ließ sich weiterschminken. »Adriana schrieb mir, Giulia gehe es gut«, sagte sie. »Möchtest du vielleicht auch Silvia Ruffini aufsuchen? Man hört von ihr interessante Neuigkeiten.«
    Alessandros Laune wurde immer düsterer. Nun mußte er sich auch noch von seiner Mutter verhöhnen lassen. Aber sie hatte sich getäuscht, wenn sie meinte, sie könnte ihn verletzen.
    »Ich darf mich von dir verabschieden, geliebte Mutter.« Alessandro versuchte, seine Stimme sarkastisch klingen zu lassen. »Mach dir keine Sorgen um deinen Erstgeborenen, ich werde für ihn beten. Und die Raben suchen nur nach Aas. Aas findet sich in unserer Familie nicht. Bald wird Hochzeit sein.«
    Die Mutter öffnete ihre Augen, stützte sich auf und schaute ihn forschend an. »Warum haßt ihr Brüder euch nur?« seufzte sie. »Jeder hat seine Aufgabe und erfüllt sie nach seinen Kräften. Ich habe euch immer beide geliebt.« Ihre Stimme wurde weich. »Vielleicht hast du recht. Ich sollte nicht so viel auf Vorzeichen und Träume achten. Aber wenn man allein lebt, erheben sich überall Stimmen und sprechen. Verstehst du das?«
    Alessandro schwieg.
    Sie seufzte und schloß wieder die Augen. »Du verstehst es nicht. Trotzdem segne ich dich, mein Sohn. Mach deine Sache gut in Rom. Du wirst einmal Papst. Wie dein Urahn Benedetto. Über den Raben schweben die Engel. Es ist der ewige Kampf der Geier gegen die Adler. Aber die Adler werden siegen. Luzifer hat seine Macht verloren.«
    Alessandro hatte zugehört, ohne seine Mutter zu unterbrechen. Nun schwieg sie. Die Kammerfrau kämmte ihre schütter gewordenen Haare. Sie waren grau und hatten den alten Glanz verloren.
    Er betrachtete sie lange Zeit, ohne daß sie sich rührte. Dann verabschiedete er sich von ihr. Noch am Abend wollte er in der Ewigen Stadt sein.
    In Rom ritt er zuerst zum Palazzo der Farnese. Er fand ihn nach Pferden und geschlachteten Schweinen stinkend und verwahrlost vor. Die Hälfte der famiglia hatte sich davongemacht, einige waren an dem morbo gallico gestorben, die noch Anwesenden hatten das zurückgegebene Silber verkauft, angeblich, weil es zerkratzt und verbogen gewesen sei. Außerdem hätte man von etwas leben und das Haus nach Abzug der Barbaren renovieren müssen. Der Hausverwalter bekreuzigte sich. Alessandro wanderte durch die Räume. Überall Kratzereien und Schmierereien, die Bibliothek gefleddert, der Weinkeller leer. Und ein Bild seines Urahns Bonifaz, des Papstes, hatte den Bogenschützen als Zielscheibe gedient. Man hatte ihm die Nase weg- und die Augen ausgeschossen.
    Alessandro erfüllte eine kalte Wut.
    Dann eilte er zu seiner Schwester Giulia, die ihn mit einem Aufschrei der Freude empfing und nicht mehr aus den Armen lassen wollte. Aber selbst die Freude über das Wiedersehen dämpfte seine Wut nur wenig. Giulia verstand ihn nicht, glaubte, alles würde wieder gut. Allerdings sei Rodrigo noch nicht bei ihr erschienen, erklärte sie, obwohl er nach Rom zurückgekehrt sei. »Ich habe meinem stolzen Ritter in seinem schwarzen Samtwams geschrieben, aber er hat nicht geantwortet. Und was eigenartig ist: Eins meiner

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