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Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes

Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes

Titel: Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Berger
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seinem Neffen.
    Und dann erreichte Alessandro die Nachricht, die er nicht glauben wollte, weil sie so unwahrscheinlich klang. Die Verluste in der Schlacht von Fornovo waren gering, so berichteten alle Augenzeugen übereinstimmend. Aber unter den wenigen befand sich Angelo Farnese.
    Alessandro fragte mehrfach nach. Immer wieder hieß es bestätigend: Ja, Angelo Farnese, der erstgeborene Sohn und Erbe des Pierluigi Farnese, der Condottiere der Venezianer, sei im Kampf gegen die Franzosen gefallen. Eine Kugel aus einer Arkebuse habe die Rüstung durchschlagen und seinen Bauch zerrissen. Unter furchtbaren Qualen habe er noch auf dem Schlachtfeld, während seine eigenen Soldaten sich auf den gegnerischen Troß stürzten, ein Gebet gesprochen und seine Seele in Gottes Hand gelegt.
    Zuerst fühlte Alessandro nichts.
    Dann erinnerte er sich daran, daß er seinem Bruder schon mehrfach den Tod gewünscht hatte. Aber nie hatte er daran gedacht, daß dieser Wunsch Wirklichkeit werden könnte.
    Nun war er Wirklichkeit geworden.
    Angelo, sein einziger Bruder, der Erstgeborene und Erbe, war in einer lächerlichen Schlacht gefallen. Er war seinem Vetter Ranuccio in den Tod gefolgt. Er, Alessandro, der Zweitgeborene, ein Mann der Kirche, war nun der Erbe des Pierluigi Farnese und mit seinem Vetter Pietropaolo der übriggebliebene Namensträger der Familie. Aber er durfte nicht heiraten, durfte keine legitimen Kinder zeugen. Was dies bedeutete, wußte jeder. Starb Pietropaolo, blieb er ganz allein übrig. Dann erbte er zwar auch die Lehen dieses Zweigs der Familie und ein bedeutendes Vermögen, aber ohne legitimierte Söhne starb die Familie Farnese aus. Die Lehen wurden mit seinem Tod eingezogen. Dies war das Ende eines stolzen Geschlechts von Kriegern.
    Dann überwältigte Alessandro die Trauer über den Tod seines Bruders. Im Zorn waren sie auseinandergegangen. Und warum? Weil er seinen Bruder immer gehaßt hatte. Schon als Kind hätte er ihn beinahe ertrinken lassen. Aber die Selbstvorwürfe kamen zu spät, sie holten den Bruder nicht ins Leben zurück. Jetzt stand er da, ein Scherbengericht sein bisheriges Leben. Zwar war er Kardinal – aber was nützte ihm dieser Titel? Der Purpurrock war nichts als ein Gefängniskleid.
    In dieser Stimmung setzte Alessandro sich an den Schreibpult und versuchte, sich seinen Schmerz von der Seele zu schreiben. Er schrieb einen Brief an die von ihm immer offen oder insgeheim geliebte Silvia Ruffini, an den reinen, unberührten Engel, den er vor langen Jahren aus der Hand einer Mörderbande befreit hatte.
41. K APITEL
    Als Silvia Alessandros Briefsiegel sah, machte ihr Herz heftige Sprünge. Sie brach das Siegel, öffnete mit zittrigen Händen den Brief und las langsam, jedes Wort leise mitsprechend, was Alessandro schrieb. » Cor , unde venis , meine liebste Silvia …« So begannen seine Zeilen. Sie begannen, wie sein erster Brief geendet hatte, mit einem Horaz-Zitat. Herz , wohin gehst du? Ja, wohin war sein Herz gegangen? Weit weg, zu weit. Nie wieder konnten sich die beiden getrennten Teile treffen. Er hatte ihr einfach nicht mehr geschrieben, hatte sie vergessen, übersehen, hatte sie nie aufgeklärt über sein Schweigen – und nun, nach dem Tod ihres Vaters, war sie Giovanni Crispo endgültig versprochen. Das Warten, das Bangen, das Hoffen und Verzweifeln mußten ein Ende haben.
    Sie überflog seine hilflos verschnörkelten Sätze, seine Ausflüge in die Vergangenheit, in denen von Liebe und verletztem Stolz die Rede war. Von ihrem Schweigen. Von dem Gefühl, alle bisherigen Liebesschwüre seien nichts als Lüge gewesen. Sie verstand ihn nicht. Sie fand sich in der umständlich gedrechselten Wortwahl nicht mehr zurecht. Er ging Jahre zurück, zu seinem Aufenthalt in Florenz – ja, damals hatten sie sich häufig geschrieben, bis der Briefwechsel plötzlich abbrach. Sie war eine Weile nicht in der Lage gewesen, ihm zu schreiben, weil der kleine Sandro, ihr Sandro mit seinen Augen, gestorben war und sie sich schuldig fühlte an seinem Tod. Aber dann schrieb sie ihm nicht mehr, weil er so beharrlich schwieg. Und jetzt sprach er von Stolz, von Crispos Ankündigung, die ihn so verletzt habe, daß er all ihre Worte nur noch für Lügen gehalten habe – sie verstand ihn nicht. Eine dunkle Ahnung stieg in ihr auf – aber warum konnte Alessandro nicht klar und deutlich schreiben, was geschehen war, was er gefühlt hatte und warum er plötzlich in ein schwarzes, düsteres, nicht enden wollendes

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