Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes
verabschiedete sich nun mit einer stummen Verbeugung. Alessandro ließ Cesare Brot und Oliven, Hühnerfleisch und Obst vorsetzen.
Cesare sprach kaum mehr, warf aber immer wieder einen prüfenden Blick auf Alessandro, der ihm beim Essen Gesellschaft leistete, aber selbst nichts zu sich nahm.
»Willst du die Nacht nicht als unser Gast in Capodimonte bleiben?« fragte Alessandro.
Cesare schaute hoch und grinste dann mit vollem Mund. »Danke für die liebenswürdige Einladung. Für gewöhnlich hätte ich sie sofort angenommen. Wer kann schon die Gegenwart von zwei so liebreizenden Damen und einem alten Freund abweisen, und nach einer langen Reise sehnt man sich nach einem bequemen vorgewärmten Bett – aber leider muß ich noch heute abend meinen Vater sehen. Morgen geht es schon wieder nach Bologna zurück. Leih mir lieber dein bestes Reitpferd.«
Kurze Zeit später verließ er Capodimonte auf Alessandros Rappen. Er versprach, am nächsten Morgen noch einmal vorbeizuschauen und das Pferd zurückzubringen.
Alessandro schaute ihm nach, wie Cesare, kaum hatte er die geduckten Häuser Capodimontes hinter sich gelassen, in einen gestreckten Galopp fiel und eine Fahne aus Staub hinter sich herzog, die langsam verwehte.
Tatsächlich erschien er nach Sonnenaufgang wieder vor dem Tor der Burg. Alessandro erwartete ihn schon. Cesare lobte das Pferd und zeigte auf seine eigene Araberstute, die noch aus dem Stall von Dschem, der Türkengeisel, stamme. »Edle Rasse, nervös und empfindsam wie ein Weib von Klasse, aber schnell, schneller sogar als der Wind. Braucht allerdings manchmal die Peitsche. Wie die Weiber auch.« Er lachte und warf sich in die Brust.
»Ich habe im übrigen eure Grüße ausgerichtet. Mein Vater dankt euch und läßt euch durch mich ausrichten, daß Kardinal Caetani die Engelsburg bald verlassen darf und daß er sich selbst freuen würde über einen Besuch der verehrten Frau Schwester.« Cesare grinste. »Verstehst du, mein Vater mag nicht immer nur Frischfleisch, das er seit einiger Zeit vorgesetzt bekommt.«
»Ich werde die Grüße ausrichten«, sagte Alessandro kühl.
Cesare ließ seinen Blick auf ihm ruhen.
»Warum kommst du nicht mit?« fragte er unvermittelt.
»Wohin?«
»Zu meinem Heer nach Bologna. Von dort rollen wir die Romagna auf. Ich habe von dem Franzosenkönig nicht nur eine Frau, sondern auch eine schöne Truppe erhalten, etwa zehntausend Mann, einige Lanzenreiter dabei, Söldner aus der Schweiz, Gascogner Bogenschützen, Artillerie. Jetzt werde ich meinem Vater zeigen, wer von seinen Söhnen der beste Eroberer ist.« Er lachte wieder, wie in Erwartung eines männlichen Abenteuers. »He, komm mit, du Kardinalsmemme, zeig, was in dir steckt. Vielleicht kann ich mich revanchieren dafür, daß du mir einmal das Leben gerettet hast. Weißt du noch? Das borstige Untier, das nicht sterben wollte?« Cesare blitzte ihn aus seinen kleinen Augen an, aber Alessandro ging auf sein grobschlächtiges Kumpanenverhalten nicht ein. Ihm war allerdings klar, daß hinter diesen kleinen Augen, diesen großmäuligen Worten mehr steckte als Condottiere-Prahlerei.
»Pack ein paar Sachen ein, den Rest erhältst du von mir: Waffen, Geld und natürlich Weiber.«
Alessandro spürte, wie Cesares Aufforderung in ihm etwas zum Klingen brachte. Wie es ihn plötzlich lockte, ihm zu folgen, mit ihm loszureiten, weg von Capodimonte, weg von Rom, im Kittel des Jägers oder im Wams des Kriegers und nicht mehr in der Purpurrobe des Kardinals. Aber natürlich stand noch etwas anderes im Hintergrund. Es war, als könnte er auf diese Weise den gordischen Knoten mit einem Schlag durchhauen.
Du wirst dein Kind nie sehen dürfen !
Dieser Satz hatte ihn die ganze Nacht nicht schlafen lassen. Silvia trug sein Kind, aber sie verriet ihre Liebe und wollte bei Crispo bleiben. Wenn der Schönling keinen Skandal machte, würde sein Kind, der Sproß der Farnese, als ein Crispo getauft werden, und niemand könnte dies verhindern. Seine Mutter hatte recht.
Während der Nacht hatte er immer wieder vor seinem geistigen Auge Cesare gesehen, wie er herangaloppierte, die Staubfahne hinter sich, und war neidisch geworden auf die Freiheit und das männliche Leben, das der Reiter verkörperte. Davon hatte Alessandro selbst einmal geträumt: reiten, kämpfen, sich abends Frauen nehmen und sie morgens wieder wegwerfen. In Zelten leben, in der freien Natur sein, die Sonne spüren, den Wind und den warmen Sommerregen. Statt dessen führte er
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