Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes
immer die schönste Frau von Rom.«
»Ach, Alessandro … Begib dich nicht in Gefahr! Du wirst Vater! Vergiß Silvias Worte. Sie weiß nicht, was sie sagt. Das Kind wird immer dein Kind bleiben. Du mußt um das Kind, du mußt um sie kämpfen. Du bist kein Krieger!« Sie küßte ihn zum Abschied auf den Mund.
Dann sagte er seiner Mutter Lebewohl. Sie war in Schwarz gekleidet. In ihren Augen standen Tränen. »Dein Vater und Angelo sind an deiner Seite und werden dich beschützen. Gott mit dir, mein Sohn. Heute bin ich stolz auf dich. Auch wenn ich dich nie wiedersehe …«
Auch ihm standen nun Tränen in den Augen. Er umarmte sie und flüsterte: »Du wirst mich wiedersehen. Du wirst auch noch meinen Sohn in den Armen halten. Und eines Tages werde ich auf dem Stuhle Petri sitzen. Wir gehören dem Geschlecht der Adler an, nicht der Geier!«
»Du bist mein Sohn!« rief sie ihm noch nach, als er mit Cesare die Burg verließ. Bald waren sie auf der staubigen Straße nach Bolsena und weiter nach Siena. Sie gaben den Pferden die Sporen und ließen ihnen kaum Zeit, sich auszuruhen. Erschöpft und durstig, aber in bester Stimmung erreichten sie am nächsten Abend Bologna und damit Cesares Heer.
Alessandro erhielt Waffen und zwei Streitrösser, Kampfkleidung, sogar eine Rüstung. Als er zum ersten Mal in seinem Leben einen schweren Harnisch anlegte, wurde er unsicher, ob er tatsächlich das Richtige getan hatte. Er entschied sich, einen kleinen Trupp der leichten Reiterei anzuführen. Cesare lachte. »Eine Rüstung ist kein Unterrock«, rief er.
Alessandro antwortete nicht. Giulias Abschiedsworte klangen ihm plötzlich wieder in den Ohren.
Begib dich nicht in Gefahr ! Er mußte an Angelos Tod denken, an diesen unerwarteten, sinnlosen Tod. »Im übrigen werden wir bald einen Unterrock vor der Nase haben«, fuhr Cesare fort. »Den Unterrock von Caterina Sforza.«
53. K APITEL
Anfang Februar zog Giovanni Crispo als Teil eines großen Kaufmannszuges in Rom ein. Ein Dutzend Maultiere schleppten die Schätze, die er in Venedig gekauft hatte, antike Torsi und Reliefs, Gemälde von Mantegna, Bellini und dem jungen Carpaccio, Glas aus Murano, Teppiche und Bücher. Er machte zuerst Station im Palazzo seines Vaters im Campo Marzo und berichtete ihm, die Unterschlagungen, Betrügereien und Erpressungen unter dem alten Verwalter seien beendet und geahndet – er machte die Geste des Kopfabschneidens –, ein neuer, vertrauenswürdiger Mann führe jetzt die Geschäfte, nachdem die Bücher in Ordnung gebracht worden seien. Außerdem habe er, sein Sohn Giovanni Battista, einen neuen Geschäftszweig eröffnet: den Handel mit Kunst, insbesondere mit Antiken. Ein Teil dessen, was er mitgebracht habe, sei zum Wiederverkauf bestimmt.
Der Vater, der mit Stirnrunzeln die Last der Maulesel begutachtet hatte, sagte knapp: »Da bin ich aber beruhigt. Du solltest in Venedig Geld verdienen, keins ausgeben.«
»Lieber Vater«, antwortete Giovanni hocherhobenen Hauptes, »ich habe uns viel Geld verdient.«
»Uns?«
»Ja, uns. Über einen Teil der Gewinne werde ich in Zukunft allein verfügen. Der Kunsthandel ist mein Metier.«
Der Vater schaute ihn halb verärgert, halb belustigt an und verabschiedete ihn mit der Bemerkung: »Mit Kunst zu handeln ist besser, als Heiligenbildchen zu malen und verschuldete Frauen zu heiraten. Deine Gattin Silvia haben wir im übrigen während deiner gesamten Abwesenheit nicht gesehen, auch die Enkelsöhne nicht. Sie soll sich lange bei den Farnese in Capodimonte aufgehalten haben.« Er hielt inne und sah Giovanni forschend an, fuhr dann fort: »Im übrigen hat der Papst die gesamte CaetaniSippe enteignet und verjagt. Er braucht offensichtlich Lehnsgüter für seine Tochter Lucrezia. Man muß heutzutage besonders vorsichtig sein, mit wem man Umgang pflegt. Die Borgia sind zu allem fähig. Man darf ihnen keinen Vorwand liefern.«
»Zu was Cesare Borgia fähig ist, habe ich gerade in Forlì gesehen.«
Sein Vater war aber an einem Bericht über Kriegsgreuel wenig interessiert, auch nicht an dem Schicksal von Caterina Sforza, und so zog Giovanni mit den schönsten Stücken seiner Neuerwerbungen zum Rione della Pigna, um endlich seine Familie in die Arme schließen zu können.
Silvia sah ihn schon von weitem die Straße hochkommen. Da es kalt war, trug er einen langen Samtmantel mit rotem Innenfutter, dazu ein schwarzes Barett mit drei Pfauenfedern. Das grauscheckige Pferd, das er ritt, mußte er auf der Reise
Weitere Kostenlose Bücher