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Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes

Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes

Titel: Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Berger
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hatten. In Zukunft mußten sie zu ihm aufsehen. Außerdem erhielten die Handwerker wieder mehr Geld und würden seinen Palazzo erweitern und verschönern; er könnte endlich einen ihm gemäßen Aufwand treiben, ohne alle Welt anpumpen zu müssen.
    Und wem hatte er sein Glück zu verdanken? Seiner Schwester, la bella Giulia , der Braut Christi – sie war wieder auferstanden in der Gunst des göttlichen Stellvertreters, reizte seine abgestumpfte Sinnenlust und streichelte geduldig seine alt und müde gewordene Männlichkeit. Sic transit gloria virile , durfte man nicht ohne ironisches Bedauern sagen. Ja, auch der größte Männlichkeitsruhm ging einmal dahin.
    Immerhin war der Papst deutlich über siebzig Jahre alt, und wenn’s hoch kam, würde er achtzig, aber von Mühe und Arbeit konnte keine Rede sein. Köstlich war sein Leben vielleicht gewesen, sinnenfroh, intrigant, mörderisch. Und seine Familie hatte er reich und mächtig gemacht, auf eine bisher unübertroffene Weise. Lange Zeit war alles noch im Rahmen dessen gelaufen, was man von seinen Vorgängern gewohnt war, aber während der letzten Jahre, nach der Ermordung des Juan von Gandia und des Alfonso von Aragon, nach der Eroberung der Städte in der Romagna kannte insbesondere sein Sohn Cesare keine Grenzen mehr. Aut Caesar aut nihil . Alessandro war nicht bekannt, daß Julius Cäsar so skrupellos gemordet hatte. Aber sein MöchtegernNachfolger Cesare setzte inzwischen Dolch und Gift ein, wo und wie es ihm paßte. Er lockte seine alten Condottieri und Gefährten in den Hinterhalt und ermordete sie, dann griff er erneut die Orsini an. Erst kürzlich war der reiche Kardinal Michieli an Gift gestorben; der Papst konfiszierte sofort sein Barvermögen, mehr als hundertfünfzigtausend Dukaten, dazu das wertvolle Tafelsilber, um die Feldzüge und Eskapaden seines Sohnes zu finanzieren. Alessandro hatte ein Gespräch des venezianischen Gesandten überhört. ›Erst mästet der Papst seine Kardinäle, dann schlachtet er sie‹, hatte er seinem Sekretär zugeflüstert.
    Alessandro betrachtete voller Stolz die Ernennungsbulle, rollte sie dann wieder zusammen und verstaute sie sorgfältig in einem silbernen Zylinder, auf den die heraldischen Lilien der Familie Farnese eingraviert waren. Aber während er den Zylinder verschloß, klang ihm das Echo der Äußerung in den Ohren, die der Venezianer fallengelassen hatte. Erst mästen , dann schlachten . Hatte nicht auch Cesare sich ähnlich geäußert, bevor er sich auf Caterina Sforza stürzte?
    Alessandro durchfuhr ein beunruhigender Gedanke: Wenn nun der Papst ihm nur das reiche Bistum zugeschanzt hatte, um es sich kurz darauf um so leichter anzueignen? Als Vorwand konnte allemal der Verdacht dienen, der nach dem Tod Giovanni Crispos auf ihn gefallen war. Ein Kardinal, der unter Mordverdacht stand, war untragbar. Man schleppte einfach neue Zeugen herbei, falls dies überhaupt nötig war, schon standen die sbirren vor der Tür, und er landete zum zweiten Mal in seinem Leben im Kerker der Engelsburg. Und dort verreckte er dann langsam an der cantarella , dem Gift, das die Borgia so liebten. Oder man mischte ihm weißes Arsen ins Essen. Dann ging es schnell.
    Alessandros Hand zitterte. Vielleicht sah er nur Gespenster. Er hatte Cesare Borgia schließlich einmal das Leben gerettet, er hatte ihn auf seinem ersten Romagna-Feldzug begleitet, und dort waren sie Blutsbrüder geworden. Er hatte geschwiegen, als er unfreiwillig Zeuge des Mordes an dem Schwiegersohn des Papstes wurde, und sich während der letzten Jahre aller Kritik an ihm enthalten. Er hatte auch Kardinal della Rovere nur das allgemein Bekannte über die Papstfamilie hinterbracht. Und im Heiligen Kollegium galt er inzwischen als eine nicht zu unterschätzende Größe.
    Und doch hatte sich während der letzten Jahre ein gereizter Ton zwischen Cesare und ihm eingeschlichen – falls sie sich einmal begegneten, was nicht mehr so häufig geschah, da Cesare einen Feldzug nach dem anderen führte, um ganz Mittelitalien zu unterwerfen. Am ärgerlichsten war, daß er vor noch nicht langer Zeit sein Heer durch die farnesischen Städte und Ländereien geführt und seiner Soldateska erlaubt hatte, Montefiascone und Viterbo zu plündern. Päpstliches Gebiet, von den eigenen Söldnern ausgeraubt! Seine Mutter hatte einen Teil ihres Schafbestandes verloren und sich in Capodimonte vor den beutegierigen Mordbanden verschanzt, ja eigenhändig Steine auf die Soldaten geworfen, die

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