Bergisch Samba
Mölich plötzlich in den Hörer. »Für den Blödsinn wollen Sie auch noch eine Belohnung haben? Jetzt erzähle ich Ihnen mal was, Sie Dilettant! Wo, sagen Sie, haben die Musiker das Spielzeug gefunden?«
»Auf dem Parkplatz. Gegenüber vom ›Luzifer‹.«
»Und darauf sind Sie stolz, was?«
»Na ja. Es ist schon komisch, dass so ein Spielzeug auf dem Parkplatz rumliegt, oder?«
Ich hörte ein leises Schnauben. Mölichs Lache. »Mensch, Mensch. Da haben Sie sich aber in was verrannt.«
»Warum?«, fragte ich. »So einer Spur muss man doch nachgehen! Oder finden Sie das nicht?«
»Nein, finde ich nicht.« Mölich war wieder ernst.
»Und warum nicht, wenn ich fragen darf?«
»Wissen Sie, was auf dem Parkplatz regelmäßig stattfindet?«
»Ich denke, Sie werden es mir gleich sagen.«
»Organisierter Handel mit gebrauchten Gütern.«
»Was?«
»Im Volksmund auch Flohmarkt genannt. Haben Sie davon vielleicht schon mal was gehört?«
Scheiße, dachte ich.
»Das Ding ist von einem Flohmarkt übrig geblieben«, sagte Mölich. »Es hat mit dem Fall nicht das Geringste zu tun.« Wieder kam die Lache. Sie klang wie eine kaputte Luftpumpe.
»Wer weiß?«, sagte ich lahm.
»Ach, hören Sie doch auf! Sie sind ein Schmalspurdetektiv, wenn Sie so was als Spur bezeichnen.«
Ich brachte eine Verabschiedungsfloskel hervor und beendete das Gespräch; dann stand ich eine Weile da und starrte auf den Rhein. Die Möwen hatten sich wieder ihre Plätze auf der Brücke gesucht. Der nächste Zug würde sie aufs Neue aufschrecken.
Ich würde trotzdem mal überprüfen, woher dieser Hampelmann kam; ich würde diese Firma Sondermann ausfindig machen, der Herkunft des Spielzeugs nachgehen und dann Frau Weitershagen Bericht erstatten. Das klang nach einem erträglichen Programm für den restlichen Arbeitstag.
Als ich den Golf auf die Rheinuferstraße lenkte, war die Ampel rot. Ich wühlte im Handschuhfach herum und zog blind eine Kassette hervor. Die Musik war ebenfalls ein Relikt aus der Zeit, als der Golf noch Manni gehört hatte; genauso wie der Kugelkompass auf dem Aschenbecherdeckel. Auf den Kassetten waren durchweg Oldies: ABBA, Procul Harum, The Beach Boys und so ein Zeug. Ich steckte die Kassette in den Spieler, die Ampel sprang auf Grün, und unter den Klängen von »California Dreaming« ging es in Richtung Zoobrücke.
Die Nadel der Tankuhr befand sich tief im roten Bereich. Ich wusste, dass es in der Riehler Straße eine Aral-Tankstelle gab. Ich bog an der Bastei links ab, um über den Ebertplatz ans Ziel zu kommen. In diesem Moment dachte ich mir noch nichts dabei, dass ein alter brauner Opel hinter mir ebenfalls den Blinker setzte und mir in den Theodor-Heuss-Ring folgte.
Als ich getankt hatte und hinten in der Riehler Straße vor der Ampel stand, um zur Zoobrücke abzubiegen, wurde ich stutzig. Da stand dasselbe Auto hinter mir; dabei war ich sicher, es an der Tankstelle nicht gesehen zu haben.
So weit ich erkennen konnte, saß in dem Wagen nur der Fahrer - ein junger, teilnahmslos dreinblickender Typ mit länglichem Gesicht.
Als wir auf der Brücke waren, sorgte ich für ein bisschen Abstand, um das Kennzeichen sehen zu können. Der Wagen war aus Solingen, und er blieb wacker hinter mir.
Ich gab ordentlich Gas und brachte drei, vier Fahrzeuge zwischen uns. Sobald ich mich an die vorgeschriebenen achtzig hielt und hinter mir eine Lücke war, klebte er wieder an mir dran.
Noch immer gab es eine gewisse Chance, dass es sich nur um einen Zufall handelte.
Ich fuhr in Deutz vom Autobahnzubringer ab, lenkte den Golf dann relativ langsam an den Messehallen vorbei und bog schließlich in die Deutz-Kalker-Straße ein. Immer wieder musste ich an einer Ampel warten. Ganz am Ende kreuzte dann die Frankfurter Straße, wo es links wieder zur Autobahn ging. Dort bog ich ab. Der Braune war immer noch hinter mir. Jetzt war die Sache klar. Kein Mensch fuhr so im Kreis herum, wenn er ein Ziel hatte.
Rechts erschien die rote Backsteinmauer des Mülheimer Friedhofes. Gleich dahinter würde wieder die Zufahrt zur A4 kommen. Ich machte einen letzten Versuch und fuhr rechts ran. Der braune Opel fuhr an mir vorbei, und ich dachte schon, ich hätte Gespenster gesehen. Doch dann stoppte er ebenfalls. Hundert Meter vor mir. So weit ich das sehen konnte, stand er in der Zufahrt vor dem Eingangstor - parat, um mich weiter zu verfolgen.
Dem Opel-Fahrer war klar, dass ich auf der Frankfurter Straße nicht wenden konnte. Ich
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