Bergisch Samba
musste also auf jeden Fall an ihm vorbei.
Was wollte er?
Was würde er tun, wenn ich zu ihm gehen und ihn zur Rede stellen würde?
Es gab nur eine Möglichkeit, das herauszufinden.
Ich stieg aus, schloss den Wagen ab und marschierte auf den braunen Opel zu. Er blieb stehen; es rührte sich nichts.
Der Typ saß im Auto und las Zeitung. Ich ging auf die Fahrerseite und klopfte an die Scheibe. Der Mann drehte sich zu mir. Er gehörte zu den Leuten, die ständig den Mund offen stehen haben und deren Gesichtsausdruck deswegen unglaublich dämlich wirkt.
Er glotzte weiter, und erst als ich erneut klopfte, kurbelte er die Scheibe herunter. Sein Wagen schien genau so ein altes Schätzchen zu sein wie meiner. Ein Gefährt aus den fernen Zeiten, als automatische Fensterheber noch ein unerschwinglicher Luxus waren.
»Was ist?«
»Mich würde mal interessieren, warum Sie mich verfolgen.«
»Geht dich nichts an.«
»Meinen Sie jetzt, es geht mich nichts an, ob Sie mich verfolgen, oder meinen Sie, Sie verfolgen mich nicht, und es geht mich nichts an, was Sie hier machen? Das wäre nämlich sonst meine zweite Frage gewesen.«
»Ich weiß von nix«, sagte er, und ich bemerkte, dass seine Zähne die Farbe von verfaulten Bananen hatten. »Hau ab.« Er begann wieder zu kurbeln. Diesmal aufwärts.
Kaum war die Scheibe zwischen uns, nahm er sich wieder die Zeitung vor. Ich klopfte noch ein paarmal, aber der Mann reagierte nicht. Verbissen glotzte er auf die Schlagzeile: BOHLEN PRÜGEL ANGEDROHT. Ich stutzte. Schon wieder? Aber die Ausgabe war alt. Das Datum lautete 14. Oktober. Es ging um Bohlens Buchmessenauftritt. Für den Jungen da drin sicher eine fremde Welt. Kein Wunder, dass er so lange auf den Artikel glotzen musste, um ihn zu verstehen.
Ich ging zu meinem Wagen zurück. Wer wusste von meiner Ermittlung? Zuerst natürlich Frau Weitershagen, dann der Barkeeper und die Zwillinge aus dem »Luzifer«, außerdem Grundmann. Gerade eben hatte ich noch mit dem Rosenberg-Quartett darüber gesprochen, von Mölich ganz zu schweigen.
Zu viele, um sie zu überprüfen, ob sie irgendwas mit dem Typen im braunen Opel zu tun hatten. Jedenfalls, wenn ich den eigentlichen Fall nicht aus den Augen verlieren wollte.
Ich notierte die Autonummer und überlegte, ob mir Krüger vielleicht wieder mal helfen würde, den Fahrer zu ermitteln. So eine Recherche war nicht ganz legal, und der Hauptkommissar konnte Ärger bekommen, wenn es herauskam.
Ich versuchte es trotzdem. Ich tippte Krügers Nummer in mein Handy. Es klingelte achtmal, dann nahm eine Frau ab.
»Polizei Wuppertal. Steprath.«
Ich verlangte Krüger.
»Der Kollege Krüger ist erst morgen wieder im Büro. Kann ich etwas ausrichten?«
»Nein danke. Ich rufe morgen wieder an.« Ich unterbrach die Leitung und beschloss, die Hängeschnute da drüben zu verarzten. Ich hasse es, wenn mir Leute bei der Arbeit im Nacken hängen.
Ich startete den Golf, gab ein paarmal im Leerlauf Gas und reihte mich in den Verkehr ein. Auf der Strecke zur Autobahn raste ich so, dass der Wagen vor Schmerzen zu heulen schien.
Noch vor dem Kölner Ostkreuz war der Opel wieder da. Er hatte mehr unter der Haube als mein kleiner Diesel.
Die nächste Chance ergab sich an der Anschlussstelle Merheim. Ich täuschte vor, dort abfahren zu wollen, und lenkte den Wagen auf die Abbiegespur. Der Opel war gezwungen, ein Fahrzeug zwischen uns zu lassen. Ganz am Ende der Spur zog ich ruckartig links rüber und gab wieder gnadenlos Gas.
Ob mich der Typ da hinten gesehen hatte, konnte ich nicht erkennen, denn plötzlich war ein Laster hinter mir, aber ich war sicher, dass der Opel ganz schöne Schwierigkeiten hatte, von der Abbiegespur wieder auf die Autobahn zu kommen.
Ich machte, dass ich die Abfahrt Refrath erreichte. Zum Glück war am Ende der Spur die Ampel in Richtung Bergisch Gladbach grün, so dass ich direkt durchpreschte. Ich bog in die nächste kleine Straße ein, eine Sackgasse. Vom Wendehammer aus führte ein Fußweg in den Wald. Ich stoppte. Eine Frau mit einem Boxer an der Leine kam mir entgegen und schloss einen Mercedes-Kombi auf, während ich drehte. Ich stellte den Golf in Fahrtrichtung Hauptstraße. So konnte ich gut die Einfahrt überblicken. Ich schaltete den Motor aus. Kein Opel kam hereingefahren. Erst recht kein brauner.
Ich lehnte mich zurück und rief Frau Weitershagen an.
»Aber das sind doch schon interessante Spuren!«, sagte sie, als ich ihr von dem Streichquartett und der
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