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Bergrichters Erdenwallen

Bergrichters Erdenwallen

Titel: Bergrichters Erdenwallen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Achleitner
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früh der Cementfabrik einen Besuch abzustatten, voneinander trennten.

XIII.
    Hundertpfund war kurz nach dem Verlassen des Gerichtsgebäudes auf dem Marktplatz der hübschen Doktorin in die Hände gelaufen. Beide waren ob dieser unerwarteten Begegnung überrascht und Frau von Bauerntanz wußte nicht, wie sie sich dem Fabrikleiter gegenüber verhalten sollte. Seit jenem Abend bei Ratschillers war der Verkehr abgebrochen geblieben, Rosa grollte und hatte das Haus des Cementfabrikanten gemieden.
    Beim Anblick der in ihrer Verwirrung um so hübscheren Frau empfand Hundertpfund etwas wie Reue über die verübte Vernachlässigung Rosas und blitzschnell schossen die Gedanken durch seinen Kopf, daß mit dem Tode Ratschillers das Heiratsprojekt ja doch hinfällig und seine Stellung in der Fabrik wackelig sei. In der Zwischenzeit aber könnte der Scherz einer geheuchelten Verehrung ausgesponnen werden.
    Der huldigenden Ansprache Hundertpfunds setzte Frau Rosa eisiges Schweigen entgegen, doch duldete sie, daß der hübsche Mann ihr zur Seite ging und eine Verteidigungsrede losließ, die in der Behauptung gipfelte, daß es ihm mit einer Werbung um Josephine ja doch nicht ernst gewesen sei.
    Ohne es zu wollen, sprudelte Frau Rosa die Frage heraus. „Weshalb haben Sie mich aber dann die lange Zeit ignoriert?“
    „Ich mußte aus der Art Ihres Abganges doch auf Ungnade schließen und schwer genug habe ich unter dieser Ungnade gelitten!“
    „Wer das wohl glaubt!“ spottete Frau Rosa.
    „Gnädige Frau thun mir eben absichtlich Unrecht! Das ist so die Handlungsweise schöner Damen! Je schöner eine Frau, desto grausamer wird sie sein!“
    „Wie weit sind Sie denn mit Fräulein Ratschiller gekommen?“
    „Aber ich bitte Sie! Erstlich fehlte mir jede ernstliche Absicht, und dann macht ja doch die Katastrophe im Hause Ratschillers jedes Projekt überhaupt zu nichte!“
    „Ja, es ischt ein fürchterliches Ereignis. Gott sei's gedankt, daß man wenigstens den Mörder so rasch hinter Schloß und Riegel sehen konnte! Sind Sie näher über die aufregende Sache informiert?“
    „Ich komme soeben vom Bezirksrichter, doch wurden mir Mitteilungen nicht gemacht.“
    „Schade! Ich hätte gern Näheres erfahren! Gott, wie muß es im Hause Ratschiller jetzt aussehen! Welch ein Durcheinander! Ob der alte Herr wohl ein Testament hinterlassen hat? Ich glaube, gar zu viel werden die Erben nicht erhalten! Du lieber Himmel! Ich will ja gewiß nichts Übles nachreden, aber der Aufwand war doch immer arg! Bei jeder Gelegenheit Champagner in Strömen!“
    „Sie haben aber doch immer tapfer mitgehalten, gnädige Frau!“
    Rosa biß sich auf die Lippe und ein böser Blick traf den Begleiter, der rasch einzulenken versuchte und beteuerte, daß er es nicht so schlimm gemeint habe.
    Das Thema wollte Frau von Bauerntanz indes keineswegs verlassen, und der Fabrikleiter ist nach ihrer Meinung noch immer die der Firma am nächsten stehende und sicher bestinformierte Persönlichkeit, weshalb Frau Rosa immer eifriger ihre Fragen an Hundertpfund richtete.
    Das Paar war im Gespräch auf dem Wiesenpfad bis an den Fuß des waldigen Sattels gekommen und jetzt erst gewahrte Frau Rosa dies zu ihrem Schrecken: „Gott, wir sind ja in der Nähe der Mordstätte! Ich gehe keinen Tritt weiter! Bitte, begleiten Sie mich zurück! Ich fürchte mich! Vielleicht lauert ein Mörder auf mich!“
    „Aber gnädige Frau! Kommen Sie nur mit! In meiner Begleitung wird Ihnen gewiß nichts passieren!“
    „Nein, nein! Unter keinen Umständen gehe ich an der Schauderstätte vorüber!“
    „Dann schlage ich vor, wir biegen seitlich ab, steigen auf bis zum Rangierhaus oben, von da ab können wir auf der Seilbahn zur Fabrik fahren!“
    „Sind Sie toll geworden? Ich auf der lebensgefährlichen Luftbahn fahren —!“
    „Die Sache ist keineswegs gefährlich, man muß nur ruhig im Wägelchen sitzen! Ich stehe gut, daß wir mit heiler Haut unten in die Fabrik gelangen!“
    Die Absicht, Frau Rosa in die Waldeinsamkeit zu locken, mißlang trotz der Neugierde und Klatschsucht, die hübsche Frau weigerte sich auf das Entschiedenste.
    Den Weg zur Stadt nochmals zurückzulegen, wollte nun Hundertpfund nicht, das Interesse erlosch augenblicklich und kühl verabschiedete er sich.
    Verstimmt kehrte die Doktorin in die Stadt zurück, indes Hundertpfund über den Sattel zur Fabrik marschierte.

XIV.
    Ehrenstraßer wurde am Morgen durch dringende Arbeiten in der Kanzlei festgehalten und dadurch

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