Bericht vom Leben nach dem Tode
dies möglich sei. Auf denjenigen, der persönliche innere Einsichten zu haben glaubte, die vom allein gültigen Dogma abwichen, wartete nicht nur eine schmerzvolle, menschenunwürdige Todesstrafe, sondern – angeblich schlimmer noch – die Hölle!
Weder Jesus noch der Apostel Paulus und die anderen Christen der »ersten Stunde« haben die Hölle so drastisch als den Ort der fürchterlichsten Qualen und Strafen beschrieben wie später die Priester des Mittelalters, die ihren Gemeinden auf diese Weise nichts anderes als Angst einflößen wollten. Für die Christen der Antike war die Hölle nicht viel mehr als eine unangenehme Zwischenstation, bei der die Seelen auf ihrer Reise in die Ewigkeit zwecks Ermittlung ihrer Qualitäten eine Pause einlegen mußten. Hier mußten sie sich von falschem Denken und Handeln befreien und gegebenenfalls die Erfahrung machen, daß sie auf die veränderten Seinsbedingungen in der anderen Welt schlecht vorbereitet waren. Natürlich konnte diese deprimierende Einsicht sehr wohl auch als eine Art Hölle im übertragenen geistigen Sinn empfunden werden, wie uns dies viele Körperlose im Gespräch gestanden und detailliert beschrieben haben. Die brodelnden Kessel, in die der Teufel die sündigen Seelen steckt, die glühenden Zangen, mit denen er sie zwickt, und all die anderen sadistischen Folterinstrumente, diese Alpträume unserer Kindheit, sind gewiß Erfindungen verderbter Phantasten. Ich erinnere mich an meine eigene Jugend im Süden der Vereinigten Staaten. Wie brachte unser Pfarrer die ungestümen, unaufmerksamen Kinder im Religionsunterricht am bequemsten zur Räson? Indem er ihnen mit ein, zwei Sätzen Angst und Schrecken für den ganzen Tag einjagte. So ein alter Teufel sagte einfach: »Wenn ihr nicht folgsam seid, dann fährt der Böse auf euch herab, hebt euch hoch in die Luft und wirft euch mitten hinein in die heißeste, schwärzeste, grausamste Hölle.«
Freilich können sich die Höllenpropagandisten auf das im Matthäus-Evangelium verbürgte »Heulen und Zähneklappern« berufen, aber ist es denn überhaupt der körperliche Schmerz des Am-Spießgebraten-Werdens und anderer Torturen, der die Seele zum Heulen oder zum Frösteln zu bringen vermag? Um weinen zu müssen, um zu zittern und zu frieren genügen geringere Anlässe. Jeder von uns hat, auch als Erwachsener, solche Situationen erlebt und ganz normal reagiert, wenn er in trostlosen Augenblicken oder verzweifelten Stimmungen losgeheult hat oder vorübergehend »durchdrehte«. In eine solche Lage kommt der Verstorbene mit großer Wahrscheinlichkeit auch wieder. Die vorliegenden Berichte darüber lassen darauf schließen, daß die möglicherweise unumgänglichen – Eingewöhnungsschwierigkeiten wirklich groß sind und den Geist deprimieren, aber sie sind deshalb noch lange nicht »höllisch«.
Das Höllenfurcht-Predigen ist meines Erachtens für die Ausbreitung des Unglaubens mindestens ebensosehr verantwortlich wie jedes andere menschliche Versagen. Wer denkt gern an ein Fortleben, wenn es etwas Unangenehmes ist?
Es ist kaum zu glauben, wie weit die Höllenprediger, sowohl Protestanten als auch Katholiken, mit ihren Greuelmärchen gehen. In einem Heftchen, das ich kürzlich in einer römisch-katholischen Kirche fand, las ich folgendes: »Mein Kind, wenn du zur Hölle fährst, wird ein Teufel an deiner Seite gehen, der dich immerzu schlägt. Er wird dich jede Minute schlagen, ohne aufzuhören, für immer und ewig. Der erste Schlag wird deinen Körper so verletzen, daß er dem Körper Hiobs gleicht. Der zweite Schlag wird ihn doppelt so schlimm verletzten. Der dritte Schlag wird dich in einen Zustand versetzen, der dreimal so schrecklich ist wie der Hiobs. Wie aber erst wird dein Körper sein, wenn der Teufel ihn hundert Millionen Jahre lang in jeder Sekunde, ohne einmal aufzuhören, geschlagen hat? Komm morgen abend um sieben Uhr her und frage, wie es dem Kind geht. Die Teufel werden sagen: ›Das Kindlein brennt.‹ Geh nach Millionen Jahren wiederum hin und frage das gleiche. Die Antwort wird immer die gleiche sein: ›Das Kindlein brennt.‹ Und wenn du immer wieder und in alle Ewigkeit hingehst und fragst, wirst du immer wieder die gleiche Antwort bekommen: ›Das Kindlein brennt.‹«
Der protestantische Höllensadismus steht dem katholischen nicht nach. Folgendes stammt aus einem Buch mit evangelischen Predigten: »Wenn du tot bist, wird deine Seele Blut schwitzen und dein Körper vergehen in unsagbaren
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