Bericht vom Leben nach dem Tode
Kristallographie. Als Mediziner bereitete er die moderne Wissenschaft der Neurologie – speziell durch die schematische Darstellung von Hirnzellen, Großhirnrinde und Rückenmark – und der Endokrinologie vor. Swedenborg beschränkte sich jedoch nicht nur auf die Forschung, er betätigte sich auch aktiv im öffentlichen Leben als Regierungsbeamter und Gesetzgeber.
Swedenborg, wie gesagt, eine der bedeutendsten für außersinnliche Einflüsse empfänglichen Persönlichkeiten aller Zeiten, erlebte spontane paranormale Phänomene selbst mitten in intensiver wissenschaftlicher Arbeit. Einer der aufsehenerregendsten und meistzitierten Fälle von Hellsehen ist seine Vision des großen Brandes von Stockholm im Jahre 1759. Während er zu Besuch in Göteborg weilte, »sah« er an einem hellichten Samstagnachmittag die fünfhundert Kilometer entfernte Stadt Stockholm in Flammen stehen, im besonderen, daß das Haus eines Freundes niederbrannte und seine eigene Wohnung bedroht war, jedoch von dem Feuer verschont wurde. Erst am Dienstagmorgen erreichte die Nachricht von der Katastrophe Göteborg. Sie hatte sich genauso abgespielt, wie Swedenborg es beschrieben hatte.
Im Alter von siebenundfünfzig Jahren hatte er ein überwältigendes spirituelles Erlebnis. Es war ihm, als sehe er »die Himmel offen«. Er gab seine naturwissenschaftlichen Studien auf, um diese neuen Dimensionen der Wirklichkeit zu erforschen. Er hatte, wie er sagte, freien Zugang zu der geistigen Welt, konnte sich in völliger Freiheit in ihr bewegen, mit den Bewohnern plaudern und das »Land« erkunden. Nie hat Swedenborg, wie es fälschlicherweise oft heißt, eine neue Religion gepredigt oder die Gründung einer Sekte auch nur erwogen; die Swedenborgsche Kirche ist von seinen Anhängern gegründet worden. Er hat jedoch ein umfangreiches Schrifttum in lateinischer Sprache mit genauen Beschreibungen seiner Reisen ins Jenseits hinterlassen.
»Unter den Regionen des Jenseits«, so berichtet Swedenborg, »gibt es eine Welt, die in vielem mit unserer eigenen übereinstimmt.« Er fand ein »natürliches Terrain« und Wohnzentren, in denen Männer und Frauen mit allen uns vertrauten menschlichen Gewohnheiten leben. Jeder verfolgt irgendein dem Allgemeinwohl dienendes Ziel, und alle lernen und lehren zugleich – lernen von Seelen, die zu höherer Weisheit gelangt sind, und lehren die noch unerfahrenen Neuankömmlinge. Auch Swedenborg betonte immer wieder, daß die weitverbreitete menschliche Furcht vor dem Tode völlig unbegründet sei. Erleuchteten Menschen sei es durchaus möglich, ohne Anstrengung von einer Sphäre zur anderen zu gelangen. Nach dem Hinübergang sei man körperlos und befände sich inmitten der Geisterwelt. Dort würden »Himmel und Erde zusammen sein und eine Einheit bilden«.
Swedenborg lehnte die Vorstellung, daß die Individuen edler würden, nur weil sie in eine nächsthöhere Sphäre aufgerückt seien, ab. »Unser Häkelmuster von dem abstrakten Edelsinn der Geister«, schreibt er, »erfährt auf der ersten Stufe eine schwere Erschütterung. Die Seelen unserer Väter sind in keiner Weise besser dran – weder weniger schlecht noch weniger körperlich, und ihre Beschäftigungen sind oft unwürdiger als unsere eigenen… Wir brauchen sie nicht zu verehren – sie verdienen es nicht… Alles ist hier recht prosaisch, der Tod bedeutet keine Veränderung von Wesentlichkeiten. Die gleichen Probleme erheben sich, und der Mensch hat sie zu lösen. Nichts gedeiht außer Tugend und Wahrheit. Jenseits des Grabes gibt es keine Ruhe, außer im Frieden Gottes, der auch schon vorher Ruhe bedeutete.«
Hier spricht er natürlich von dem fegefeuerähnlichen Zwischenbereich, in dem sich die gerade Verstorbenen läutern und besinnen müssen, bevor sie zur nächsthöheren Stufe voranschreiten dürfen. Bevor diese erreicht werden kann, muß der mächtige Sog der negativen Emotionen – Haß, Stolz, Abhängigkeit von Gelüsten, Gewohnheiten und Besitztümern – überwunden werden. Ein bedeutsamer Teil der Arbeit einer fortgeschrittenen Seele besteht, wie wir noch sehen werden, darin, Neuankömmlingen bei diesen Bemühungen zu helfen.
Swedenborgs hellseherische Begabung, für die es zahllose geradezu historische Beispiele und illustre Zeugen gibt, erweckte in ganz Europa das Interesse an derartigen Phänomenen. Zwar paßten solche rational nicht erklärbaren Erscheinungen schlecht in das Zeitalter der Aufklärung, doch mußten selbst diejenigen, die
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