Bericht vom Leben nach dem Tode
Jünger, von denen er glaubte, daß sie »es ertragen« könnten, konfrontierte Jesus in der Rolle eines Mediums in der bereits erwähnten »Séance« mit den Erscheinungen von Moses und Elias. Petrus, Johannes und Jakobus waren nachhaltig beeindruckt von der strahlenden Schönheit der nach dem biologischen Tod spirituell fortgeschrittenen Wesen. Gewisse Worte Christi sind wohl indessen so zu interpretieren, daß er eine Beeinträchtigung lebenswichtiger Tätigkeit in der Gegenwart durch Spekulationen über das jenseitige Leben nicht für wünschenswert hielt. Seine Lehren betonen immer das zwingende Hier und Heute. Ein Leben, das alle Tage in fortschreitendem, liebendem Verständnis gelebt würde, so deutete er an, müßte wie von selbst zu einem Glauben an die Fortdauer führen. Immerhin hob Jesus mehrmals den Vorhang für einen kurzen Blick auf das Leben, das seine Anhänger »in seines Vaters Haus« erwartete. Daß es »viele Wohnungen« habe, kann als Hinweis auf die von fast allen späteren Medien berichtete grenzenlose Vielfalt der auf der höheren Seinsebene erreichbaren Bewußtseinszustände gelten.
Als Jesus und der reumütige Dieb ans Kreuz genagelt und der Agonie des Todes nahe waren, konnte der Heiland voller Zuversicht sagen: »Heute noch wirst du mit mir im Paradiese sein.« Das Paradies, in dem von den Juden jener Zeit gebrauchten Wortsinn, war nicht das gleiche wie die unmittelbare Nähe zum Schöpfer, die mit Himmel bezeichnet wurde. Es war eine der Bezeichnungen für die erste Station nach dem Tode. Diese wohlbezeugte Äußerung bestätigt uns das Jenseits als einen Ort, wo die Menschen in vollem Bewußtsein leben und einander erkennen.
Auch der Apostel Paulus hat in seinen Schriften Himmel und Paradies deutlich voneinander unterschieden. »Ich kenne einen Mann«, schreibt er, »der in den dritten Himmel aufgenommen wurde.« Von einem anderen berichtet er, er sei »ins Paradies gekommen«. Das hatte Paulus möglicherweise durch Glaubensbrüder erfahren, die die Fähigkeit besaßen, mit Verstorbenen zu sprechen. Ihm selbst wurde sie, trotz vieler Gebete um Jenseitsoffenbarungen, nicht zuteil. In seinem 1. Brief an die Korinther nennt er alle Arten spiritualistischer Erfahrung, die ihm bekannt waren: die Gabe, Geister zu sehen (mediale Begabung), die des geistigen Heilens, des Prophezeiens, des Zungenredens und des Wunderwirkens. Aber er weist darauf hin (und hier werde ich an Yoganandas Ermahnungen erinnert), daß keine dieser Fähigkeiten allein wahren geistigen Fortschritt kennzeichne. Ohne liebevolles Verständnis seien sie wie »tönendes Erz oder eine klingende Schelle«.
Paulus war einer der ersten und zugleich, für Jahrhunderte, einer der letzten Verkünder der Lehre Christi, der freimütig aussprach, daß es außer Jesus auch noch andere Menschen mit außergewöhnlichen Geistesgaben, wie er sie im Brief an die Korinther aufzählt, gebe und daß sie unter günstigen Vorbedingungen »Wunder« zu tun vermögen. Nachdem die Kirche sich zu einer machtvollen, auch in weltlichen Belangen einflußreichen Institution entwickelt hatte, trat eine für die freie Entfaltung der seelischen Kräfte verhängnisvolle Wendung ein. Die geistigrevolutionäre Atmosphäre, die der Gründung der neuen Religion zugrunde gelegen hatte, wurde, aus Furcht vor einer zu Ungehorsam gegenüber den geistlichen Machthabern verleitenden Gedankenfreiheit der Gläubigen, durch Dogmen und Gesetze erstickt, die, im Namen Christi verfaßt, sein Gebot der Liebe und der Hoffnung auf höhere Erkenntnisse mißachtete. »Unnatürliche« Erscheinungen, wie sie nach wie vor auftraten, wurden in der Regel als Teufelswerk angesehen. Es war fortan riskanter denn je zuvor, mediale Kräfte zu besitzen. Zwar wurden einige unerschrockene große Medien heiliggesprochen (z. B. Franz von Assisi, Theresa von Avila), andere jedoch, die meisten, wurden als Ketzer verbrannt und blieben namenlos, sofern ihnen nicht post mortem doch noch Gerechtigkeit widerfuhr, wie der Seherin Jeanne d’Arc, die fünfundzwanzig Jahre nach ihrer Verbrennung auf dem Scheiterhaufen von der Kirche rehabilitiert und weitere fünfhundert Jahre später unter die Heiligen aufgenommen wurde. Die autoritäre einzige christliche Kirche des Mittelalters betrachtete sich auch als die einzige von Gott eingesetzte Vermittlungsstelle zwischen den Menschen und dem Schöpfer. Es galt als sündhaft, mit Gott und dem Himmel »direkt« in Verbindung zu treten oder zu behaupten, daß
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