Bericht vom Leben nach dem Tode
Antwort ist einfach: Sie wollten mit Hinweisen auf unverwechselbare Details früherer Begegnungen ihre Identität belegen. Sie wollten zunächst nichts weiter als glaubwürdig machen, daß sie imstande sind, unter bestimmten Voraussetzungen mit Diesseitigen in Kontakt zu treten. Und schließlich wollten sie dem Medium helfen und durch ein, wie es den Anschein hat, wohlüberlegtes Erinnerungs-Quiz den Verdacht entkräften, daß es sich um das abgekartete Spiel eines »Mediums« handeln könne, das sich insgeheim ein paar Daten aus dem Leben verschiedener Séanceteilnehmer und deren Angehöriger besorgt und als Botschaften Verstorbener deklariert hat. Die Toten kennen das Problem der Glaubwürdigkeit genauso wie jeder vernünftige Mensch auf Erden es kennt, und sie geben sich größte, oft fast krampfhafte Mühe, die Echtheit der Kommunikation und ihre Identität so hieb- und stichfest wie nur möglich zu beweisen.
Hier ein Beispiel dafür, daß Erinnerungslücken jeden vom Kontrollgeist initiierten Kontakt gleich wieder zunichte machen können. Am Anfang einer Serie von Sitzungen, die Professor Jerome Ellison von der Universität New Haven mit mir abhielt, entspann sich zwischen Fletcher und ihm folgender Dialog:
Fletcher: Hier drüben ist jemand, der sich für Sie interessiert. Er heißt Burch.
Ellison: Ja?
Fletcher: Scheint, daß er Sie kannte, als Sie noch ein Junge waren.
Ellison: Ich hatte einmal einen Sonntagsschullehrer, der Burch hieß. War ein feiner Mann.
Fletcher: Da ist irgend etwas mit einem Kaninchen, einem weißen Kaninchen.
Ellison: Ich hatte als Junge mal ein weißes Kaninchen, aber das hatte nichts mit Mr. Burch zu tun.
Fletcher: Nun, ich kann nur sagen, daß dieses weiße Kaninchen mit Ihnen und Mr. Burch in irgendeinem Zusammenhang steht. Ein Häschen. War Mr. Burchs Spitzname vielleicht »Häschen«?
Ellison: Ganz bestimmt nicht. Er war viel zu würdevoll, um einen solchen Spitznamen zu haben.
Fletcher (enttäuscht): Na ja, lassen wir’s.
Mehr als ein halbes Jahr später besuchte Ellison seine alte Mutter und erzählte ihr die Episode.
»Ja, erinnerst du dich denn nicht?« rief die Mutter, »das weiße Kaninchen hat dir doch Mr. Burch einmal zu Ostern geschenkt.«
»Es gibt zwei mögliche Erklärungen«, sagte mir Ellison. »Entweder wollte Mr. Burch sich mir zu erkennen geben, oder Sie haben versucht, aus dem, was Sie mir aus meinem Gedächtnis oder Unterbewußtsein stibitzt haben, eine Geschichte zu zimmern. Die Mr.-Burch-Hypothese scheint mir jedoch die bei weitem wahrscheinlichere. In meinem Gedächtnis habe ich soviel gespeichert, warum sollten Sie ausgerechnet diese, mir kaum noch erinnerliche Kaninchengeschichte wählen – falls Sie nicht von einem Dritten, nämlich von dem, der mir das Tier geschenkt hatte, dazu veranlaßt wurden? Kinder erinnern sich noch nach Jahren viel eher an ein aufregendes Geschenk als an den Schenker. ›Von wem habe ich eigentlich den Indianeranzug bekommen?‹ ist schon wenige Tage nach Weihnachten keine ungewöhnliche Frage, wenn es heißt, die Dankbriefe zu schreiben. Ohne das beneidenswerte Erinnerungsvermögen meiner Mutter wäre mein Versagen bei der Kontaktaufnahme mit Mr. Burch nie ans Licht gekommen. Ich hatte in meinem ganzen Leben nur dieses eine Kaninchen. Mr. Burch hatte es mir geschenkt. Das war außer mir nur einem einzigen Menschen bekannt – meiner Mutter, die das Geschenk nie wieder erwähnt hatte und erst davon sprach, als ich ihr von der Botschaft erzählte. Das beweist, daß nicht die Körperlosen, sondern wir mit unserem unzulänglichen Gedächtnisapparat an den vermeintlichen Ungereimtheiten so mancher Botschaften schuld sind. Der seit langem tote Mr. Burch aber war, wo immer er jetzt auch sein mochte, in der Lage, sich mit Lebenden in Verbindung zu setzen.«
Mr. Burch hat sich nach diesem ersten gescheiterten Versuch meines Wissens nie mehr gemeldet. Entweder war er entmutigt, oder das Bedürfnis, mit seinen Bekannten auf der Erde zu sprechen, hatte, als Folge seines Aufstiegs zu einer höheren Bewußtseinsebene, nachgelassen. Daß dies »normal« zu sein scheint, werde ich später noch belegen.
Manche Verstorbene gaben es auf, wenn bei den Lebenden nicht gleich »der Groschen fiel«; andere versuchten hartnäckig immer wieder, sich verständlich zu machen, und hatten schließlich Erfolg – zum Beispiel mein Kommilitone Joe.
Ich komme auf meinen ersten Kontakt mit einem Jenseitigen zurück: Joe, der mit mir
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