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Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)

Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)

Titel: Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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dem Mann durch und ging aus dem Haus, warum, weiß man nicht. Mieze saß da allein und hatte alles zu tun. Abends fuhr sie manchmal nach Berlin und ging in Tanzlokale, zu Lestmann und gegenüber, und paarmal nahm sie einer mit ins Hotel, dann war es zu spät, dann traute sie sich nicht nach Haus, dann blieb sie in Berlin, und dann traf sie Evan und es ging weiter. Sie waren auf dem Revier an der Stettiner Bahn. Ein freundliches Leben fing für Mieze an, die sich erst Sonja nannte, sie hatte viele Bekannte und manchen Freund, aber nachher blieb sie immer mit einem vereint, das war ein einarmiger starker Mann, den Mieze auf einen Blick lieb gewann und ist ihm gut geblieben bis an ihr Ende. Ein schlimmes Ende, ein trauriges Ende, das Mieze am Ende traf. Warum, warum, was hat sie verbrochen, sie kam aus Bernau in den Strudel von Berlin, sie war nicht unschuldig, gewiß nicht, aber von inniger, unauslöschlicher Liebe zu ihm, der ihr Mann war und den sie betreute wie ein Kind. Sie wurde zerschlagen, weil sie dastand, zufällig neben dem Mann, und das ist das Leben, ist schwer zu denken. Sie fuhr nach Freienwalde, um ihren Freund zu schützen, dabei wurde sie erwürgt, erwürgt, war hin, erledigt, und das ist das Leben.
    Und dann nimmt man einen Abdruck von ihrem Hals und Gesicht, und sie ist nur noch ein Kriminalfall, ein technischer Vorgang, wie man einen Telephondraht legt, soweit ist sie hin. Man macht eine Moulage von ihr, malt alles in natürlichen Farben an, das ist täuschend ähnlich, eine Art Zelluloid. Und da steht Mieze, ihr Gesicht und Hals in einem Aktenschrank, komm doch, komm doch, wir sind bald zu Hause, Aschinger, sollst mir trösten, ich bin deine. Sie steht hinter Glas, ihr Gesicht erschlagen, ihr Herz erschlagen, ihr Schoß erschlagen, ihr Lächeln erschlagen, sollst mir trösten, komm doch.

Und ich wandte mich und sah an alles Unrecht,
das geschah unter der Sonne
    Franz, warum seufzt du, Franzeken, warum muß Eva immer anschlüpfen und dich fragen, was du denkst, und kriegt keine Antwort und muß immer weg ohne Antwort, warum bist du beklommen, und duckst dich, duck duck, kleiner Winkel, kleiner Vorhang, und du machst nur kleine, winzige Schritte? Du kennst das Leben, du bist nicht gestern auf die Erde gefallen, du hast einen Geruch für die Dinge und du merkst was. Du siehst nichts, du hörst nichts, aber du ahnst es, du wagst nicht, die Augen darauf zu richten, du schielst beiseite, aber du fliehst auch nicht, dazu bist du zu entschlossen, du hast die Zähne zusammengebissen, du bist nicht feige, aber du weißt nicht, was geschehen kann und ob du es auf dich nehmen kannst, deine Schultern stark genug sind, es auf sich zu nehmen.
    Wieviel hat Hiob, der Mann aus dem Land Uz, gelitten, bis er alles erfuhr, bis nichts mehr auf ihn fallen konnte. Aus Saba fielen Feinde ein und schlugen seine Hirtin tot, das Feuer Gottes fiel vom Himmel und verbrannte Schafe und Hirten, die Chaldäer töteten seine Kamele und ihre Treiber, seine Söhne und Töchter saßen im Hause ihres ältesten Bruders, ein Wind wurde von der Wüste hergeschickt, er stieß die vier Ecken des Hauses um und die Knaben wurden getötet.
    Das war schon viel, aber es war noch nicht genug. Sein Kleid hat Hiob zerrissen, die Hände hat er sich zerbissen, das Haupt hat er sich zerrauft, Erde hat er über sich gehäuft. Aber es war noch nicht genug. Mit Geschwüren wurde Hiob geschlagen, von der Fußsohle bis zum Schenkel trug er Geschwüre, er saß im Sand, der Eiter floß von ihm, er nahm einen Scherben und schabte sich.
    Die Freunde kamen an und sahen ihn, Eliphas von Theman, Bildad von Suah und Zopfar von Nama, sie kamen von weit her, um ihn zu trösten, sie schrien und weinten fürchterlich, Hiob erkannten sie nicht, so furchtbar war Hiob geschlagen, der sieben Söhne und drei Töchter gehabt hatte und 7000 Schafe, 3000 Kamele, 500 Joch Rinder, 500 Eselinnen und sehr viel Gesinde.
    Du hast nicht soviel verloren wie Hiob aus Uz, Franz Biberkopf, es fährt auch langsam auf dich herab. Und schrittchenweise ziehst du dich heran an das, was dir geschehen ist, tausend gute Worte gibst du dir, du schmeichelst dir, denn du willst es wagen, du bist entschlossen, dich zu nähern, zum Äußersten entschlossen, aber oh weh auch zum Alleräußersten? Nicht das, oh nicht das. Du sprichst dir zu, du liebst dich: Oh komm, es geschieht nichts, wir können doch nicht ausweichen. Aber in dir will es, will es nicht. Du seufzt: wo krieg ich Schutz her, das

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