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Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)

Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)

Titel: Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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und Hinkunft sind wir verschieden. Nun hört das Letzte noch von Reinhold.

    Da muß der Reinhold in Brandenburg im Zuchthaus mit einem zusammenarbeiten in der Mattenweberei, der auch Pole ist, der aber wirklich, und der auch wirklich ein Taschendieb ist, ein ganz gerissener, und der kennt den Moroskiewicz. Wie der hört: Moroskiewicz, und den kenn ich doch, und wo ist er denn, sieht er Reinhold und sagt: nanu, der hat sich so verändert, und wie ist das möglich. Und dann tut er so, als weiß er nischt und kennt ihn gar nich, und dann macht er sich auf der Toilette an Reinhold ran, wo sie qualmen, und gibt dem eine halbe Zigarette und spricht mit dem, und da kann der überhaupt gar nicht richtig Polnisch. Dem Reinhold aber hat das polnische Gespräch gar nicht gefallen, er drückt sich aus der Mattenweberei, der Werkmeister nimmt ihn, weil er manchmal Schwäche markiert, als Abträger in den Zellenflügel mit, da kommen die andern weniger an ihn ran. Der Dluga, der Pole, läßt aber nicht nach. Reinhold schreit: Fertige Arbeit raus! von Zelle zu Zelle. Und wie sie mit dem Meister bei Dlugas Zelle sind und der Meister grade die Matten zählt, flüstert der Dluga dem Reinhold zu, er kennt einen Moroskiewicz aus Warschau, auch Taschendieb, ist das ein Verwandter von dir? Reinhold kriegt einen Schreck, schiebt dem Polen ein Päckchen Tabak zu, geht weiter: Fertige Arbeit raus.
    Der Pole freut sich über seinen Tabak, und an der Sache ist was dran, und fängt an, den Reinhold zu erpressen, denn der hat immer von hintenrum etwas Geld.
    Und die Sache könnte für Reinhold furchtbar gefährlich werden, aber diesmal hat er noch Schwein. Er pariert den Schlag. Er verbreitet: der Dluga, sein Landsmann, will Lampen machen, der weiß was von ihm. Und mitten in der Freistunde gibt es eine fürchterliche Prügelei, auch Reinhold fällt fürchterlich über den Polen her. Dafür kriegt er eine Woche Arrest, kahle Zelle, nur am dritten Tag Bettzeug und warmes Essen. Und dann kommt er raus und findet alles ganz ruhig und zahm.
    Und dann legt sich unser Reinhold allein rein. Die Weiber brachten ihm zeit seines Lebens Unglück und Glück, die Liebe bricht ihm jetzt auch das Genick. Die Geschichte mit Dluga hat ihn in große Erregung und Wut gebracht, daß er hier sitzen muß endlos, und er muß sich triezen lassen von so einem Kerl, und keine Freude hat man, und man ist so allein, das gräbt sich in ihn von Woche zu Woche tiefer ein. Und wie er so länger sitzt und am liebsten möcht er den Dluga erschlagen, da hängt er sich an einen jungen Menschen, einen Einbrecher, der auch zum erstenmal in Brandenburg ist und der im März zur Entlassung kommen soll. Erst vereinigen sich beide im Tabakgeschäft und im Schimpfen auf Dluga, dann werden sie ganz innig und richtige Freunde, wies Reinhold noch nie gehabt hat, und wenns auch kein Weib ist, sondern bloß ein Junge, es ist doch schön, und Reinhold freut sich im Zuchthaus von Brandenburg: so hat die verfluchte Sache mit Dluga mir noch was Gutes gebracht. Bloß schade ist es, daß der Junge bald fort muß.
    »Die schwarze Tuchmütze muß ich noch so lange tragen und die braune Jacke, und wenn ich hier sitze, wo bist du dann, mein kleener Konrad?« Konrad heißt der Junge oder nennt sich so, ist aus Mecklenburg und hat die Anlage, ein ganz Schwerer zu werden. Von den beiden, mit denen er zusammen in Pommern Einbrüche gemacht hat, sitzt einer hier mit zehn Jahr. Und wie die beiden an einem schwarzen Mittwoch, am Abend vor Konrads Entlassung, nochmal im Schlafraum zusammen sind und Reinhold sich rein umbringt, daß er nu hier wieder ganz allein ist und keinen Menschen hat – aber findt sich schon einer, und paß uff, Reinhold, du kommst ooch bald auf Außenkommando nach Werder oder woanders –, da kann sich Reinhold nicht beruhigen, und dem geht das nicht ein, und das geht ihm nicht ein, daß das mit ihm so schief gegangen ist, diese dämliche Ziege, die Mieze, und der Hornochse Franz Biberkopf, wat gehen mir denn sone Dofköppe, sone Kamele an, und ich könnte jetzt draußen der feine Mann sein, hier sitzen ja lauter arme Knöppe, die nicht weiter können. Da kriegt der Reinhold geradezu einen Stich und winselt und jammert und bettelt den Konrad an, nimm mir doch mit, nimm mir doch mit. Der tröstet ihn, sogut er kann, aber es geht nicht, man kann hier keinem raten zum Ausrücken.
    Sie haben eine kleine Flasche Spiritus aus der Tischlerei gekriegt, von einem Polier, Konrad gibt Reinhold die

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