Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)
zuckende Stöße macht es, den Hinterleib wirft es hin und her. Der Schlächter sucht am Boden, er setzt das Messer nicht an, er ruft nach der Schale für das Blut. Das Blut kreist noch drin ruhig, wenig erregt unter den Stößen eines mächtigen Herzens. Das Rückenmark ist zwar zerquetscht, aber das Blut fließt noch ruhig durch die Adern, die Lungen atmen, die Därme bewegen sich. Jetzt wird das Messer angesetzt werden, und das Blut wird herausstürzen, ich kann es mir schon denken, armdick im Strahl, schwarzes, schönes, jubelndes Blut. Dann wird der ganze lustige Festjubel das Haus verlassen, die Gäste tanzen hinaus, ein Tumult, und weg die fröhlichen Weiden, der warme Stall, das duftende Futter, alles weg, fortgeblasen, ein leeres Loch, Finsternis, jetzt kommt ein neues Weltbild. Oha, es ist plötzlich ein Herr erschienen, der das Haus gekauft hat, Straßendurchbruch, bessere Konjunktur, er wird abreißen. Man bringt die große Schale, schiebt sie ran, das mächtige Tier wirft die Hinterbeine hoch. Das Messer fährt ihm in den Hals neben der Kehle, behutsam die Adern aufgesucht, solche Ader hat starke Häute, sie liegt gut gesichert. Und da ist sie auf, noch eine, der Schwall, heiße, dampfende Schwärze, schwarzrot sprudelt das Blut heraus über das Messer, über den Arm des Schlächters, das jubelnde Blut, das heiße Blut, die Gäste kommen, der Akt der Verwandlung ist da, aus der Sonne ist dein Blut gekommen, die Sonne hat sich in deinem Körper versteckt, jetzt kommt sie wieder hervor. Das Tier atmet ungeheuer auf, das ist wie eine Erstickung, ein ungeheurer Reiz, es röchelt, rasselt. Ja, das Gebälk kracht. Wie die Flanken sich so schrecklich heben, ist ein Mann dem Tier behilflich. Wenn ein Stein fallen will, gib ihm einen Stoß. Ein Mann springt auf das Tier herauf, auf den Leib, mit beiden Beinen, steht oben, wippt, tritt auf die Eingeweide, wippt auf und ab, das Blut soll rascher heraus, ganz heraus. Und das Röcheln wird stärker, es ist ein sehr hingezogenes Keuchen, Verkeuchen, mit leichten abwehrenden Schlägen der Hinterbeine. Die Beine winken leise. Das Leben röchelt sich nun aus, der Atem läßt nach. Schwer dreht sich der Hinterleib, kippt. Das ist die Erde, die Schwerkraft. Der Mann wippt nach oben. Der andere unten präpariert schon das Fell am Hals zurück.
Fröhliche Weiden, dumpfer, warmer Stall.
Der gut beleuchtete Fleischerladen. Die Beleuchtung des Ladens und die des Schaufensters müssen in harmonischen Einklang gebracht werden. Es kommt vorwiegend direktes oder halb indirektes Licht in Betracht. Im allgemeinen sind Leuchtkörper für vorwiegend direktes Licht zweckmäßig, weil hauptsächlich der Ladentisch und der Hackklotz gut beleuchtet werden müssen. Künstliches Tageslicht, erzeugt durch Benutzen von Blaufilter, kann für den Fleischladen nicht in Betracht kommen, weil Fleischwaren stets nach einer Beleuchtung verlangen, unter der die natürliche Fleischfarbe nicht leidet.
Gefüllte Spitzbeine. Nachdem die Füße sauber gereinigt sind, werden sie der Länge nach gespalten, so daß die Schwarte noch zusammenhängt, werden zusammengeklappt und mit dem Faden umwickelt.
– Franz, zwei Wochen hockst du jetzt auf deiner elenden Kammer. Deine Wirtin wird dich bald raussetzen. Du kannst ihr nicht zahlen, die Frau vermietet nicht zum Spaß. Wenn du dich nicht bald zusammennimmst, wirst du ins Asyl gehen müssen. Und was dann, ja was dann. Deine Bude lüftest du nicht, du gehst nicht zum Barbier, ein brauner Vollbart wächst dir, die 15 Pfennig wirst du schon aufbringen.
Gespräch mit Hiob, es liegt an dir,
Hiob, du willst nicht
Als Hiob alles verloren hatte, alles, was Menschen verlieren können, nicht mehr und nicht weniger, da lag er im Kohlgarten.
»Hiob, du liegst im Kohlgarten, an der Hundehütte, grade so weit weg, daß dich der Wachhund nicht beißen kann. Du hörst das Knirschen seiner Zähne. Der Hund bellt, wenn sich nur ein Schritt naht. Wenn du dich umdrehst, dich aufrichten willst, knurrt er, schießt vor, zerrt an seiner Kette, springt hoch, geifert und schnappt.
Hiob, das ist der Palast, und das sind die Gärten und die Felder, die du selbst einmal besessen hast. Diesen Wachhund hast du gar nicht einmal gekannt, den Kohlgarten, in den man dich geworfen hat, hast du gar nicht einmal gekannt, wie auch die Ziegen nicht, die man morgens an dir vorbeitreibt und die dicht bei dir im Vorbeiziehen am Gras zupfen und mahlen und sich die Backen vollstopfen. Sie haben
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