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Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)

Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)

Titel: Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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selbständig war, und am liebsten schmeißen sie mir auch raus, weil ich zu alt bin. Und warum soll ich nischt verdienen von hinten, von die Firma. Siehst doch, wie die Jungs helle sind. Wer heut nicht hell ist, kommt unter die Räder. Sag ich. Und du?« »Sag ich schon lange.« »Siehste. Ich möcht ooch wieder Fettlebe machen und mir nicht die Zehen abfrieren.« Sie umarmte ihn freudig und dankbar für alles, was er ihr bot und noch bieten würde. »Weißt du, was wir machen sollten, Olle, du und ich?« Er kniff ihr in das Bein, daß sie au schrie. »Du machst mit, Olle.« »Nee.« »Ich sag ja. Du meenst, Olle, es geht auch ohne dir.« »Wo ihr schon Stücker fünf seid und lauter kräftige Männer.« Wie kräftig. »Schmiere stehn« klöhnt sie weiter, »kann ich nicht. Ich hab Krampfadern.«
    »Und helfen, was soll ich euch helfen?« »Hast Angst, Gustelchen.« »Angst, wieso denn. Hab du mal Krampfadern und dann lauf zu. Da läuft ein Dackel rascher. Und wenn sie mir dann kriegen, sitzt du in der Tinte, dann bin ich von dir die Frau.« »Kann ich dafür, daß du meine Frau bist.« Er kniff ihr ins Bein, mit Empfindung. »Du solltest aufhören, Paul. Da kriegt man ja ordentlich Gefühle.« »Olle, siehste, wirst ein ganz anderer Mensch, wenn du hier ausm Sauerkohl rauskommst.« »Na, ich möchte ja ooch, lecke mir ja die Lippen nach.« »Kommt erst, Olle, von dem bißchen, das war noch gar nischt, nimm dir mal die Watte aus den Ohren. Ich fummel das Ding alleine.« »Nanu! Und die andern?« Mein Schreck.
    »Das ist es ja gerade, Guste. Auf die verzichten wir. Weeßte, Genossenschaftsgeschäfte gehen nie, das ist ne alte Leier. Na was, stimmts oder stimmts nicht. Ich mache mir selbständig. Wir sind doch die nächsten zu, wo wir parterre wohnen und der Hof ist zu meinem Haus. Stimmts oder stimmts nicht, Guste?« »Ich kann dir doch nicht helfen dabei, Paul, ich hab doch Krampfadern.« Es war auch sonst allerhand schade dabei. Und die Olle stimmte süßsauer mit dem Mund zu, aber inwendig, wo die Gefühle sitzen, sagt sie: nein, und sagt sie: nein.
    Und am Abend, wie die ganze Firma um 2 Uhr den Keller verlassen hat und Gerner sich da hat einschließen lassen mit seiner Frau und es ist neun und im Haus muckst sich nichts und er will gerade anfangen zu arbeiten, und der Wächter muß jetzt vor der Haustür patrouillieren, was geschieht da? Es klopft an der Kellertür. Klopft. Ich denk, es klopft. Wer kann denn hier klopfen. Ich weiß nicht, aber es hat geklopft. Jetzt hat doch hier keiner zu klopfen. Das Geschäft ist zu. Hat geklopft. Klopft wieder. Die beiden mucksstille und nicht gerührt und kein Wort gesagt. Klopft es wieder. Gerner gibt ihr einen Puff: »Hat geklopft.« »Ja.« »Wat is det bloß.« Sie hat merkwürdigerweise gar keine Angst, sagt bloß: »Wird wohl nichts sein, umbringen werden sie uns schon nicht.« Nee, der bringt uns nicht um, der da kommt, den kenn ich, der bringt mir nicht um, hat zwei lange Beine und een kleenen Schnurrbart, und wenn er kommt, würd ich mir freuen. Und da klopft es so dringlich, aber leise. Um Gotteswillen, das ist ein Zeichen. »Das ist eener, der kennt uns. Das ist eener von unsere Jungs. Hab ick schon lange gedacht, Olle.« »Warum sagst es denn nicht.«
    Und hops, ist Gerner an der Treppe, woher wissen die überhaupt, daß wir hier sind, die haben uns überrascht, der draußen flüstert: »Gerner, uffmachen.«
    Und ob er will oder nicht, er muß aufmachen. Es ist ein hundsgemeiner Dreck, es ist eine verfluchte Sauerei, man möchte die ganze Welt in Klump schlagen. Er muß aufmachen, es ist der Lange, der allein, ihr Kavalier, Gerner merkt nichts, sie hat ihn verpfiffen, sie möchte ihrem Kavalier doch dankbar sein. Sie strahlt, wie er unten ist, sie kann sichs nicht verkneifen, ihr Mann sieht wie eine Bulldogge aus, er flucht: »Was grinste denn, du?« »Na, ich habe doch sone Angst gehabt, es könnte einer sein ausm Haus oder der Wächter.« Es heißt arbeiten und teilen, vom Fluchen wird’s auch nicht anders, sone Sauerei.
    Als Gerner es dann noch ein zweites Mal versucht und die Olle draußen läßt, denn er flucht, die bringt ihm Unglück – da klopfen die doch wieder an, jetzt aber drei, und tun so, als wenn er sie noch eingeladen hätte, und da kann man gar nichts gegen machen, man ist nicht mal Herr in seinem eigenen Haus, gegen sone Gerissenen kommt man nicht auf. Da sagt sich Gerner schachmatt und stinkwütend: Heute mache ich noch mit die mit,

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