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Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)

Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)

Titel: Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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abgeschickt von seiner Bande, schon am nächsten Vormittag nach dem zweiten Frühstück zu Gerner, erkundigt sich sehr sachlich, ob er was liegen gelassen hat. Gerner ist nicht da, bloß die Frau, die ihn freundlich, ja geradezu demütig-untertänig empfängt, ihm auch einen Schnaps offeriert, den er anzunehmen geruht.
    Zum Leidwesen der beiden Zimmerleute lassen sich die Diebe die ganze Woche nicht blicken. Tausendmal diskutieren Paul und Gusti die Situation durch, ob sie die Jungs vielleicht verscheucht haben, beide haben sich nichts vorzuwerfen. »Vielleicht warst du zu grob zu ihnen, Paul, du hast manchmal sonen Ton.« »Nee Gusti, an mir liegt es nicht, denn an dir, denn haste son Gesicht gemacht, als wennste der Pfarrer wärst, und das hat den abgestoßen, die finden sich nicht zurecht mit uns, es ist schrecklich, was soll man da machen.«
    Gusti weint schon; wenn doch bloß mal wieder einer käme; daß sie immer die Vorwürfe zu hören kriegt, und an ihr hats doch nicht gelegen.
    Und richtig, Freitag ist der große Augenblick. Da klopfts. Ich denk, es klopft. Und wie sie aufmacht und noch nichts sieht, weil sie in der Eile vergessen hat zu knipsen, da weiß sie sofort, wer es ist. Und es ist der Lange, der immer so vornehm tut, der will mal ihren Mann sprechen, und er ist sehr ernst und sehr kalt. Sie ist entsetzt: ob was passiert sei. Er beruhigt sie: »Nein, es handelt sich um eine rein geschäftliche Besprechung«, redet dann noch was von Räumlichkeiten und von nichts kann nichts kommen und so. Sie setzen sich in die Wohnstube, sie ist glücklich, daß sie ihn drin hat, und nun kann doch Paul nicht sagen, daß sie ihn verjagt hat, und sie sagt, das hat sie immer gesagt, und das Gegenteil ist richtig, von nichts kann nichts kommen. Es entwickelt sich eine lange Debatte der beiden darüber, und es zeigt sich, daß beide über Äußerungen verfügen von ihren Eltern, Großeltern und Seitenlinien, die dasselbe besagen: von nichts kann eben nichts kommen, niemals, man kann es beinah beschwören, so sicher sei es, und sie waren einer Meinung. Sie brachten einander ein Beispiel nach dem andern, aus eigener Vergangenheit, aus der Nachbarschaft, und waren noch mitten dabei, als es klingelte und zwei Männer hereintraten, die sich als Kriminalbeamte ligitimierten, mit drei Versicherungsbeamten. Der eine Kriminalbeamte redete den Gast ohne weiteres an: »Sie sind Herr Gerner, Sie müssen uns jetzt mal behilflich sein, es ist wegen der vielen Einbrüche da hinten. Ich möchte, daß Sie sich einmal an der besonderen Bewachung mitbeteiligen. Die Herren von der Firma kommen natürlich mit der Versicherung für die Kosten auf.« Zehn Minuten reden sie, die Frau hört alles an, um 12 zogen sie ab. Und so ausgelassen waren nachher die beiden Hinterbliebenen, daß zwischen ihnen gegen ein Uhr was Unsagbares passierte, das jeder Beschreibung spottet, worüber sich beide auch ernstlich schämten. Denn die Frau war fünfunddreißig und er vielleicht zwanzig, einundzwanzig. Aber es war nicht allein der Altersunterschied – und er 1,85 Meter, sie 1,50 –, sondern daß das vorkam, aber es ergab sich so zwischen den Reden und der Aufregung und dem Spott über die Polizisten, und im ganzen war es ja auch nicht übel, nur hinterher schenant, wenigstens für sie, beziehungsweise das gibt sich schon. Jedenfalls fand Herr Gerner um 2 Uhr eine Situation vor und eine Gemütlichkeit, unbeschreiblich, wie er sich schöner nicht gewünscht hatte. Er selbst saß gleich dabei.
    Sie saßen noch bis um 6 Uhr abends zusammen, und er horchte ebenso entzückt wie die Frau, was der Lange alles erzählte. Selbst wenn es nur teilweise wahr war, waren es erstklassige Jungs, und er staunte, was son junger Mensch von heute für vernünftige Ansichten über die Welt hatte. Er war schon ein abgelebter Bursche, die Schuppen fielen ihm kilogrammweise von den Augen. Ja, wie der Junge weg war und sie um 9 in die Klappe gingen, sagte Gerner, er wisse gar nicht, wie so helle Jungen sich noch mit ihm einließen, – etwas, das müsse Gusti doch zugeben, etwas müsse doch an ihm sein, etwas hätte er auch zu bieten. Gusti war einer Meinung mit ihm, und der alte Knabe streckte sich aus.
    Und morgens früh, bevor er aufstand, sagte er zu ihr: »Guste, da soll ich Paule Piependeckel heißen, wenn ich nochmal zu einem Polier auf die Baubude geh und was arbeite. Ich habe ein eigenes Geschäft gehabt und das ist hin und das ist doch keine Arbeit für einen Mann, der

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