Berlin - ein Heimatbuch
Palaver; in mir schäumt es, aber wozu ist man deeskalationsgeschult. Nein, ich will kein Geld. Nein, auch keine Rache. Alles gut, nichts wie weg hier.
An der Kasse zum Fernsehturm greift Karl erstaunlicherweise zu seiner Brieftasche und will freiwillig die Tickets zahlen.
»Lass mal, ich lade dich ein«, gehe ich dazwischen, »war ja meine Idee.«
Ich durchforste die 107 Innen- und Außentaschen meiner atmungsaktiven Goretex-Extrem-Outdoor-Jacke. Und bin entsetzt.
»Das gibt’s doch nicht. Mein Portemonnaie ist weg! Die haben mich ausgenommen.«
»Was ist los?«
Der Typ ist manchmal so was von lazy in der Birne.
»Mein Geld ist weg!!«
»Weg? Aber du hast mich heute morgen noch gew...«
»Ja, ich weiß!« Während ich meine Multifunktionsjacke zum x-ten Mal so panisch wie sinnlos filze, sende ich ihm warnende Blicke zu. Keine Kommentare jetzt. Und bloß keine Polizei! Er scheint zu verstehen, schleicht zur Kasse und zahlt für uns.
Schweigend warten wir auf den Fahrstuhl.
Kaum sind wir eingestiegen, schießt das Teil wie eine Supernova in die Höhe. Mein Magen braucht einen Moment, um das zu realisieren. Und mir wird klar: Ich habe einen Mordskohldampf. Was Karl wieder zum Gedankenlesen animiert.
»Weißt du was, Murat. Ich lade dich zum Essen ein – oben gibt es doch ein Restaurant mit Aussicht.«
Jetzt wird mir das doch langsam unheimlich mit dem Kerl. Scheint ja echt ein Fall für »Akte X« zu sein. Ohne mich pseudohöflich zu zieren, nehme ich sein Angebot an. Wenn ich schon nichts mehr gegen die Leere in meiner Kasse tun kann, sollte ich zumindest die Leere in meinem Magen bekämpfen.
Im Restaurant angekommen, suchen wir uns einen Fensterplatz. Ich lege meine geschändete Jacke aufs Fensterbord und schaue hinab. Wow. Diese Aussicht entschädigt für einiges.
»Eigentlich schade, dass man nur diesen Teil der Stadt sieht«, seufzt der Ewig-Wissbegierige.
»Da hast du aber deine Reiseführer nicht gut studiert«, gebe ich zurück. »Das hier ist ein Dreh-Restaurant; immerhin zwei Umdrehungen pro Stunde.«
Karl hat, wie immer wenn ich mal was weiß, gar nicht zugehört. Er blickt ins Menü. Und wird dabei kalkweiß.
»Können wir uns vielleicht darauf einigen, nur etwas Kleines zu bestellen?«, fragt er nahezu panisch.
Ich checke die Preise und verstehe, was er meint. Auch die haben das zu DDR-Zeiten gern beschworene Weltniveau.
Karl bestellt einen mediterranen Vorspeisenteller (13,50 Euro), ich belasse es bei einer Kalbsboulette (8,50 Euro): Dazu gönnen wir uns je eine kleine Apfelschorle (5,60 Euro).
Wir zelebrieren die unglaubliche Aussicht auf meine Stadt. Und mümmeln dabei betont langsam an unseren Vorspeisen – in der Hoffnung, eine Umdrehung zu schaffen, bevor die Kellnerin uns eine Bestellung des Hauptganges aufnötigt.
Berlin von oben – Aussichtspunkte und Rundflüge
Es gibt zwei Möglichkeiten, Berlin aus der Vogelperspektive kennenzulernen. Die günstigere Variante ist die Erklimmung von Aussichtspunkten. Empfehlenswert sind in dieser Hinsicht:
der Berliner Fernsehturm, die Panoramaterrasse des ebenfalls am Alexanderplatz gelegenen Hotel Park Inn, die Siegessäule, das Kollhoff-Hochhaus im Quartier Potsdamer Platz, wo man mit dem schnellsten Aufzug Europas in 20 Sekunden zur Aussichtsplattform auf der 24. Etage fahren kann, der Funkturm, der Spandauer Glockenturm, der Grunewaldturm, der ebenfalls im Grunewald gelegene Teufelsberg (115 Meter) und im Südosten Berlins der Müggelturm »in« den Müggelbergen.
Wer mehr Geld investieren kann und möchte, kann auch einen Rundflug buchen . Hier sind einige Anlaufstellen:
AB Charterflug
Tel.: 03342 / 300 843, www.ab-airservice.de
Air Service Berlin
Tel.: 030 / 60 91 37 30, www.air-service-berlin.de
Rundflug Berlin-Brandenburg
Tel.: 03341 / 305 364, www.rundflug-berlinbrandenburg.de
Romantisches und Unromantisches
Vom Alex aus gehen wir zu Fuß nach Süden, lassen die Marienkirche und das Rote Rathaus links liegen und überqueren die Spree auf der Schlossbrücke.
Ich bin noch leicht wackelig auf den Beinen: Der Supernova-Fahrstuhl ist aus 200 Metern in kaum mehr als 30 Sekunden gnadenlos auf Normalnull zurückgestürzt. Über eine halbe Stunde haben wir aus der Ballonperspektive auf die Stadt geschaut – und plötzlich sind wir wieder handelnde Figuren in dieser animierten Modellbaulandschaft.
»Ich will ja nichts sagen, die Aussicht war erste Sahne, aber ...«, gibt Karl kleinlaut von sich.
»Aber ...?«
»Ich
Weitere Kostenlose Bücher