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Berlin Fidschitown (German Edition)

Berlin Fidschitown (German Edition)

Titel: Berlin Fidschitown (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D B Blettenberg
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Schnäuzer bildete. Er zog kurz die Oberlippe hoch, spürte die feuchtkalten Barthaare an den Nasenlöchern und kniff die Augen zu schmalen Sehschlitzen zusammen, in der Angst, sie könnten ebenfalls vereisen. Es war die reinste Folter. Ein Blödsinn, sich dem auszusetzen. Er schwor sich, nie mehr über die Hitze in Bangkok zu fluchen und jede Regenzeit mit Überschwemmungen, undichten Dächern und verschimmelten Kleiderschränken als Gnade der Natur zu feiern und sich mit zusätzlichen Opfern am heimischen Geisterhäuschen dafür zu bedanken. Diese Hundekälte fraß sich selbst bis zu seiner linken Hand durch, die tief in der Jackentasche steckte, und im Schritt spürte er schon, wie der Frost ihm die Eier glasierte.
    Er sah, wie Bobby – trotz des Sandes, den die Deutschen überall auf Eis und Schnee gestreut hatten – kurz das Gleichgewicht verlor. Die Tunnelratte ruderte gefährlich mit dem freien Arm und wurde gerade noch rechtzeitig von Heli gestützt, bevor der Koffer sie zu Boden ziehen konnte. Rojana setzte seine Schritte noch vorsichtiger. Man hatte mit nichts anderem zu tun, als sich auf die Witterungsverhältnisse zu konzentrieren. Es war ein Vollzeitprogramm. Endlich erreichten sie den Wagen, und während er und Bobby das Gepäck im Kofferraum verstauten, kratzte Romy mit einem Plastikschaber Eis und Reif von der Frontscheibe. Er dachte an seinen Toyota. Die alte Kiste konnte von Glück sagen, dass er sie nach Thailand importiert hatte.
    Im Auto war es nicht viel wärmer als im Freien. Bobby musste mit Heli auf den Rücksitz. Die Tunnelratte hatte es sowieso gerne eng, und Rojana war dankbar für Fußraum und Nähe zu den Heizungsschlitzen am Armaturenbrett – obwohl das Gebläse die ersten fünf Minuten mehr Erfrischung als Wärme bot.
    „Noch genug Energie für ein erstes Briefing vorhanden, meine Herren?“ Romy konzentrierte sich ganz auf den Verkehr und fuhr stadteinwärts.
    „Natürlich“, antwortete Rojana. „Aber bevor du loslegst, noch was Dringendes: eigentlich wollten wir uns im Hotel erst mal ein paar Stunden aufs Ohr legen, aber ich denke, wir fahren doch vorher noch zum Einkleiden. Ich habe keine Lust, mir was abzufrieren – was meinst du, Bobby?“
    „Ich glaube, meiner ist schon abgefallen“, antwortete die Tunnelratte.

73
    „Hallo Nachbar“, sagte Gustav Torn, lächelte und streckte zur Begrüßung seine Hand aus. „Sie scheinen wie ich zu den Priviligierten zu gehören, wenn man Sie in einer der Gästesuiten unseres Kellerhotels untergebracht hat.“
    Da war er. Es war nur eine Frage der Zeit gewesen, bis der Mann ihm über den Weg lief. „Freut mich!“ Farang schlug ein, schüttelte Torn die Hand und ging mit ihm den Gang entlang zum so genannten Kasino.
    „Ich habe mein Domizil übrigens die Phosphor-Grotte getauft“, plauderte Torn vor sich hin. „ Führerbunker war natürlich verlockender, aber ich will unserem Gastgeber nicht in die Quere kommen.“
    Der Lange machte einen völlig entspannten Eindruck, bewegte sich jedoch auch hier unten trotz ausreichender Deckenhöhe nur leicht gebeugt vorwärts. Warum nicht Großer-Kurfürst-Suite ? fragte sich Farang insgeheim, pflichtete aber höflich bei: „Wenn man von aller Welt Oberster Befehlshaber genannt wird, hat man wohl einen Anspruch darauf.“ Er ließ Gustav Torn den Vortritt durch den bunten Glasperlenvorhang, der im Durchgang zum Kasino hing.
    Das Kasino war ein großer Freizeitraum, in dem sich nie mehr als drei Personen gleichzeitig aufzuhalten schienen. Die wenigen Vietnamesen, die Farang bisher hier gesehen hatte, waren wohl Offiziere des Obersten Befehlshabers, schweigsame Gestalten, die ähnliches Räuberzivil trugen wie die beiden Krieger, die ihn überwältigt hatten. Man unterhielt sich leise, trank, spielte eine Runde Billard und ignorierte den Fremden mit distanzierter Höflichkeit. Es war kein unangenehmer Zustand. Eine eindeutige Order, wie der eurasische Gast zu behandeln sei, schien zu existieren. Niemand trug im inneren Bereich des Hauptquartiers Waffen, zumindest nicht sichtbar. Es musste eine Waffenausgabe an den strategischen Aus- und Zugängen geben, die mit Sicherheit bewacht waren, sonst hätte einer wie er sich nicht so frei im Kern der Anlage bewegen dürfen. Mobiltelefone waren tabu.
    Im Moment war das Kasino völlig verwaist. Eine alte Musikbox, zwei Billardtische, eine Tischtennisplatte, zehn Tische und ein wildes Sammelsurium aus Hockern, Stühlen und Sesseln dekorierten den

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