Berlin Fidschitown (German Edition)
gelassen, wie er das zu erreichen gedachte. Froschhand und seine Männer konnten alle Schlupflöcher in kürzester Zeit dichtmachen. Die Fallen waren geräuschlos, um keine unnötige Aufmerksamkeit über der Erde zu erregen. Alles war bestens vorbereitet, und das Ultimatum für die Gegenseite ging per Rohrpost ab.
89
„Es war eine würdevolle Veranstaltung, und ich danke dir dafür, mein Sohn“, sagte der Oberste Befehlshaber.
Farang senkte den Kopf, um Bescheidenheit zu demonstrieren.
„Es lindert meinen Schmerz ein wenig, und ich habe schon darüber nachgedacht, mir bald Ersatz für Mireille anzuschaffen. Angeblich kommt man besser über den Verlust hinweg, wenn man sich sofort ein neues Haustier zulegt. Was meinst du dazu?“
„Soviel ich weiß, soll es aber vom selben Typ sein.“
„Richtig.“
„Es wird nicht leicht sein, so schnell ein zweites Minischwein aufzutreiben, vor allem eins aus Minnesota.“
„Es muss nicht unbedingt aus Amerika sein. Mireilles Artgenossen stammen sowieso vom asiatischen Zwergwildschwein ab. Ich habe gehört, sie züchten sie auch in der Nähe von Schwerin. Das ist nicht weit weg von Berlin.“
Schon fürchtete Farang, der Oberste Befehlshaber habe sich, kaum von der Trauerfeier zurückgekehrt, bereits eine neue Aufgabe für ihn ausgedacht, anstatt ernsthaft über seine Freilassung nachzudenken, doch als sie die Residenz betraten, wurde der Vietnamese mit Meldungen seiner Offiziere konfrontiert, die ihn auf andere Gedanken brachten. Dank seiner weiter gefestigten Vertrauensstellung, musste Farang den Raum nicht mehr verlassen. Es nützte ihm nicht viel, denn das vietnamesische Staccato des Stabs blieb ihm unverständlich, bis der Oberste Befehlshaber seine Männer mit neuen Befehlen entlassen hatte und ihn ins Bild setzte. Schon die Miene machte deutlich: Der Alltag hatte den Trauernden wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt.
„Über diesem See scheint ein Fluch zu liegen. Keiner der Männer, die ich ausgesandt habe, ist zurückgekehrt – und der Feind ist im Anmarsch.“
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Irgendetwas war im Busch.
Harry Nam alias Großvater gab sich zwar gelassen, aber bis auf zwei Posten vor der Villa waren alle seine Männer aufgebrochen, als würden sie an anderer Stelle dringend gebraucht.
Romy Asbach saß im Ohrensessel, trank Tee und sah sich den Auerhahn an, unter dessen ausgestopftem Balg der Greis telefonierte. Er tat es in seiner Muttersprache und stützte sich dabei an der Kommode ab, als falle ihm das Stehen schwer. Aber trotz seiner Gebrechlichkeit hatte der alte Mann etwas Zähes an sich.
Der Anruf hatte eine anregende Konversation in gepflegtem Französisch über die Inneneinrichtung der Villa unterbrochen, bei der sich Großvater ohne jede Einschränkung zur Ausstattung im Jagdschlösschenstil bekannt hatte. Wuchtige Möbel mochte er ganz besonders, vor allem, wenn sie aus deutscher Eiche waren. Butzenscheiben waren für ihn magische Mini-Bullaugen. Kupfer, Messing und handgeschmiedetes Eisen und Zinn betrachtete er als sinnliche Materialien, die intensive Schwingungen ausstrahlten, aus denen man Kraft zog. Die Ölgemälde mit den röhrenden Hirschen, die Geweihe und der Eberkopf waren anregende Symbole der Männlichkeit. Zum Auerhahn hatte er sich noch nicht geäußert. Und dann waren da natürlich noch die Kuckucksuhren. Die dezimierte Sammlung nahm nach wie vor die ganze Längswand in Anspruch. Die guten Stücke hatten an der frisch renovierten Wand etwas mehr Platz. Rund dreißig der Wecker hatten Farangs Attentat überlebt und tickten vor sich hin.
Es war beruhigend, dass Großvater offenbar keine Ahnung hatte, wer Uhren, Koch und Neffen auf dem Gewissen hatte. Über Frau Asbach, ihre Aufgaben und ihre Probleme war er allerdings bestens informiert. Dafür hatte wohl Neffe Dressman noch vor seinem Ableben gesorgt. Ihre Besessenheit in Sachen Gustav Torn war bekannt. Anders war ihr nicht erklärlich, warum man sie als Einzige hier behalten hatte. Torn war beim Oberkommando des Haufens, und man wollte sie von ihm fern halten.
Bevor Romy weiterspekulieren konnte, beendete Großvater das Telefonat, versank wieder im weichen Sofa und nahm den Gesprächsfaden exakt an der Stelle auf, an der er ihn hatte fallen lassen.
„Wie ich schon sagte, auch das Äußere der Villa ist mir lieb. Deshalb habe ich gerade dieses Objekt gekauft. Es erinnert mich, wenn auch nur vage, an ein Motiv in Vung Thau oder Cap Saint Jaques, wie es die Franzosen früher
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