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Berlin Fidschitown (German Edition)

Berlin Fidschitown (German Edition)

Titel: Berlin Fidschitown (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D B Blettenberg
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während er die Zahlenreihe mehrmals leise wiederholte, um sie auswendig zu lernen. Trotzdem verließ er sich nicht nur auf sein Gedächtnis, sondern notierte die Kombination zur Sicherheit mit einem Kugelschreiber auf die Innenseite seines linken Unterarms.
    Erneut griff er zum Rasiermesser und machte die Tätowierung unkenntlich. Er ging zur Wanne, stellte das Wasser ab und fragte sich, wie weit Haller wohl mit der Präparation des Schweins vorangekommen war. Er verteilte die Salbe etwas gleichmäßiger unter der Nase, öffnete die Badezimmertür und rief in den Gang: „Khun Heinz?“
    Haller erschien unverzüglich.
    „Ich muss Ihnen etwas zeigen.“ Farang gab den Weg ins Badezimmer frei.
    Gegen die Gerüche dahingeschiedener Materie schien Heinz Haller eine gewisse Resistenz entwickelt zu haben, denn er reagierte ausschließlich auf den Anblick. Es dauerte seine Zeit, bis er den entleibten Gustav Torn erkannte, aber dann würgte er, stürzte zur Wanne und übergab sich. Es musste die Angst sein, denn gegen den Anblick von Leichenteilen war er beruflich gewappnet.
    Hallers Mageninhalt roch strenger als Torns Reste. Farang rieb sich noch etwas Tiger Balm unter die Nase, genoss die Duftmischung aus Menthol, Kampfer und Nelkenöl und gönnte dem Bestattungsunternehmer ausreichend Zeit, wieder auf die Beine zu kommen.
    „Was geht hier vor?“, krächzte Haller. „Und warum hat er keine Haare mehr?“
    „Sie wissen doch selbst, Khun Heinz, dass Gustav Torn in Thailand mal ein ganz Großer war. Deshalb musste auch dieser Zuhälterschwanz ab. Wir wollen ihn schließlich in bester Tradition einäschern und in einer Urne bestatten.
    „Sie sind wohl völlig übergeschnappt.“
    „Ich weiß, Sie haben Angst, aber dazu besteht kaum Anlass.“
    „Kaum?“
    „Nahe null, wenn Sie kooperieren.“
    „Was erwarten Sie von mir?“ Haller drehte den Wasserhahn über der Wanne auf und spülte sich den Mund.
    „Das süße kleine Schwein hat Vorrang – aber unser Freund hier bekommt die gleiche Behandlung: erst durchs Feuer, dann in die Urne, aber ohne Vorprogramm.“
    „Das ist ja pervers!“
    „Was meinen Sie denn damit? Wollen sie den Kopf auch präparieren und aufbahren?“
    „Um Gottes Willen.“
    „Na also!“
    Haller presste die Lippen zusammen und ließ sich nicht auf weitere Diskussionen ein. Farang war das nur recht. Wer keine Fragen stellte, dem musste man auch keine Antworten verweigern.
    „Mein Gott, ich muss mich beeilen.“ Haller warf einen gehetzten Blick auf seine Armbanduhr und eilte in den Behandlungsraum zurück.
    Farang folgte ihm und erkundigte sich eher beiläufig: „Wo hat Gustav Torn übrigens gewohnt?“

85
    Dunkelheit und dichter Schneefall halfen dem Captain bei seinem Vorhaben.
    Kurz nachdem das letzte Tageslicht verdämmert war, hatten seine Männer das Eisloch frisch aufgehackt, das Zelt darüber errichtet und die Warnpyramiden aufgestellt, um den Kundschaftern des Bundes etwas zu bieten. Wenn die Mildtätigen der Sache unbedingt auf den Grund gehen wollten, sollten sie genau dort enden.
    Nachdem die Falle gestellt war, hatte es nur drei Stunden gedauert, bis sie kamen. Es waren sechs Männer, die sich vorsichtig über das Eis bewegten und ahnungslos in den Hinterhalt liefen. Je mehr, desto besser. Auch der Bund verfügte nicht über unerschöpfliche Reserven, und je weniger Mildtätige bei der großen Endabrechnung antraten, umso einfacher wurde es, einen Schlussstrich zu ziehen.
    Der Captain hatte dem Mann mit der Froschhand das Kommando auf dem See übertragen und lag etwa dreißig Meter vom Wasserloch entfernt mit Bobby Quinn am Ufer in Deckung. Er hatte sich entschlossen, Froschhand trotz der Verfehlung noch eine Chance zu geben. Was blieb ihm auch anderes übrig? Er konnte seinen besten Kämpfer nicht so kurz vor dem Ziel hinrichten. Für die Tet-Offensive brauchte er jeden verfügbaren Mann, und diesen ganz besonders. Froschhand wusste genau, woher der Wind wehte. Er hatte Quinns plötzliches Auftauchen als glückliche Fügung begriffen, die fürs Erste von seinem Fehltritt ablenkte, hatte sich zurückgemeldet, und dabei der Tunnelratte das T-Shirt wie einen Lotteriegewinn überreicht. Jetzt konnte er sich endgültig rehabilitieren.
    Das Ende der Mildtätigen spielte sich nahezu lautlos ab. Froschhand und die Seinen arbeiteten mit Schalldämpfern, und dass keiner der Feinde einen Schuss abzugeben vermochte, sprach für sich. Es waren die ersten Gefallenen, die seine Männer nicht

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