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Berlin Fidschitown (German Edition)

Berlin Fidschitown (German Edition)

Titel: Berlin Fidschitown (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D B Blettenberg
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mühevoll zum Wassergrab schleppen mussten.
    Der Captain war zufrieden und nahm Quinns anerkennendes Nicken entgegen wie eine ganz besondere Auszeichnung.

86
    Mireille war bereit.
    Sie ruhte sauber geputzt und gepudert in einem kleinen offenen Sarg, der mit rotem Satin gefüttert war. Farang hatte ihr das Rubinhalsband umgelegt, das ihm der Oberste Befehlshaber anvertraut hatte, und konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, sie lächele zufrieden. Die kleinen Augen waren geschlossen, und Haller hatte sogar ein wenig Wimperntusche aufgetragen.
    Die Abschiedszeremonie sollte in einem eigens dafür ausgestatteten Lagerraum stattfinden. Eine kleine Musikanlage garantierte Trauermusik. Die Fabrikfenster waren mit Tüchern verhängt, Blumen dufteten, Kerzen brannten, und vor dem aufgebahrten Kadaver stand eine gut gepolsterte Kirchenbank, die Haller bei einem Bezirkspfarrer ausgeliehen hatte.
    Jetzt fehlte nur noch der Oberste Befehlshaber.
    Haller trug einen schwarzen Anzug mit schwarzer Fliege, in dem er wie ein Oberkellner aussah. Zum Zeitvertreib ließ er sich über die Tradition der Kadaverbeseitigung aus, erzählte von seinem Lieblingsschriftsteller, einem Carl Zuckmayer, den er vor allem wegen eines Stückes schätzte, das „Schinderhannes“ hieß und in dem es unter anderem auch um den ehrenwerten Berufsstand der Abdeckerei ging, was auch nichts anderes war, als sich mit Tierleichen zu beschäftigen. Es gab in Berlin sogar eine Zuckmayer-Brücke, an der U-Bahnstation „Rathaus Schöneberg“ auf der Linie 4.
    Farang war froh, für die anstehende Zeremonie eine stille Andacht mit klassischer Trauermusik vereinbart zu haben. Die angebotene Trauerrede Hallers in Englisch blieb ihm auf diese Weise erspart. Den aktuellen Vortrag ertrug er geduldig. Er hatte Khun Heinz eine Menge zugemutet, und wenn es dem Mann half, sich zu entspannen, sollte er ruhig weiterreden. Doch einer der Vietnamesen machte dem Monolog ein frühzeitiges Ende, indem er das Eintreffen des Obersten Befehlshabers meldete.
    Kaum hatte die Hauptperson den Raum betreten, nahm Haller eine devote Haltung an. Seine Spanielaugen schwammen in mühsam zurückgehaltenen Tränen und seine Hamsterbacken bebten vor unterdrückter Trauer.
    Der Oberste Befehlshaber wies seine Männer an, draußen zu warten, und nachdem er seinen Feldherrenmantel abgelegt hatte, kam auch die schneeweiße Paradeuniform mit allen Orden voll zur Wirkung. Der Anblick verstärkte die demonstrative Unterwürfigkeit Hallers bis an die Grenze des Erträglichen, und es war eine Erlösung für Farang, als Khun Heinz endlich zur Musikanlage ging, Mozarts Requiem auflegte und den Ton dezent regelte.
    Der Mann in der Uniform blieb hinter der Bank stehen, nahm die Schirmmütze ab und schaute traurig auf seine kleine Gefährtin. Während zur schleppenden Trauermusik Chorgesang erklang, kniete er nieder, faltete die Hände, senkte das Haupt und verharrte wie versteinert in dieser Haltung. Farang und Haller flankierten den Hinterbliebenen für eine Weile bei seiner Trauer, dann ließen sie ihn alleine und zogen sich rücksichtsvoll in Hallers Büroräume zurück, um ihm einen möglichst intimen Abschied von Mireille zu ermöglichen.
    „Haben Sie den Termin im Krematorium bekommen?“, fragte Farang.
    „Ja, alles wie geplant. Ich werde morgen am späten Nachmittag zurück sein. Dann können seine Männer die Urne mit der Asche und den dazugehörigen Dokumenten abholen.“
    „Gut. Sie bringen Ihnen auch das restliche Geld mit. Die erste Hälfte wird er Ihnen wohl gleich selber auszahlen.“
    „Aber das ist doch nicht nötig“, wiegelte Haller beflissen ab.
    „So haben wir es vereinbart. Er besteht darauf. Und erledigen Sie die Angelegenheit mit Torns Kopf so dezent wie möglich.“
    „Ich werde ihn entsprechend präparieren und als Dogge deklarieren.“
    „Als Dogge?“
    „Ich stelle mir vor, das liebe Tier ist mit hoher Geschwindigkeit von einem Lastwagen überfahren worden.“ Hallers braune Augen schimmerten kalt. „Kopf abgerissen, mitgeschleift und so weiter. Wenn nötig, lege ich noch einen halben Schäferhund dazu.“
    Gar nicht auszudenken, was der Tierexperte unter präparieren verstand. „Sie haben Fantasie, Khun Heinz. Das muss ich ihnen lassen.“
    „Muss man im Kleingewerbe auch haben, sonst bekommt man kein Bein auf die Erde.“ Haller aktivierte sein Pferdegebiss, um den Gehalt seiner Worte mit einem geschäftsmäßigen Lächeln zu würzen.
    Was man auch von dem Mann

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