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Berlin Fidschitown (German Edition)

Berlin Fidschitown (German Edition)

Titel: Berlin Fidschitown (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D B Blettenberg
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Zivilschutz erfolgte nicht mehr.“
    Helis Kenntnisse machten Farang sprachlos.
    „Komm!“ Sie nahm ihn bei der Hand und führte ihn den Gang entlang. Vor einer der Zellen blieb sie stehen und leuchtete ihm. Er betrat den kleinen Raum und sah sich um. An einer Längswand stand ein Frachtkoffer aus Aluminium mit zwei Schlössern. Vor der gegenüberliegenden Wand stand einsam und verloren die rote Plastikhülse eines leergebrannten Windlichts auf dem nackten Zellenboden. Daneben lag auf einem Porzellanteller etwas, das wie ein vertrockneter Wurzelballen aussah. Heli bat ihn, die Lampe zu halten, und öffnete die Kofferschlösser mit einem winzigen Schlüssel. Sie klappte den Deckel hoch, und nahm eine Wolldecke heraus. Er konnte eine stattliche Reserve an Windlichtern erkennen. Daneben ruhte ein Stapel Bücher.
    Heli nahm eine frische Kerze und sagte: „Manchmal lese ich hier unten auch.“ Sie schloss den Deckel und breitete die Decke darauf aus. „Setz dich!“
    Er hockte sich auf den Frachtkoffer und leuchtete ihr mit der Stablampe, während sie das Windlicht austauschte und den frischen Docht mit einem Feuerzeug anzündete. Die Flamme flackerte auf.
    „Hier hat meine Großmutter die meisten Bombenangriffe überstanden – bis auf das letzte Mal.“ Heli griff nach einer Plastikflasche, die neben dem Koffer stand, und goss Wasser über den zusammengeschrumpelten Ballen.
    „Was ist das?“
    „Eine Auferstehungsblume. Auch ‚Rose von Jericho‘ genannt.
    Eine Kruzifere aus den Sandwüsten des Orients. Man kann sie so oft aufblühen lassen, wie man möchte. Es kostet nur ein bisschen Wasser.“
    „Das soll eine Pflanze sein?“
    „Warte mal zehn Minuten ab. Dann erlebst du das sogenannte Wunder der Wüste. Sie lebt ohne Wasser und Erde bei großer Hitze und eisiger Kälte. Sie verträgt sogar kochendes Wasser. Die Kreuzfahrer haben sie aus dem Heiligen Land mitgebracht.“
    Sie setzte sich neben ihn.
    „Es ranken sich alle möglichen Legenden um die Rose. Sie soll Heilwirkungen haben. Und ein Haus, in dem sie aufbewahrt wird, bringt den darin Lebenden angeblich Glück und Segen.“
    Er ließ den Lichtkegel auf der Wunderpflanze ruhen, um nichts zu verpassen.
    „Mach sie aus“, bat sie.
    Er knipste die Stablampe aus und schaute in stiller Eintracht mit Heli auf das Windlicht und die Pflanze. Die Kerzenflamme brannte unruhig und warf seltsame Schatten an die kahlen Wände. Langsam verflüssigte sich mehr Wachs, und Flamme und Schatten beruhigten sich nach und nach.
    Er zog die Handschuhe aus und rieb sich die Hände.
    „Keine Angst“, sagte sie leise und lehnte sich an ihn, „Wir bleiben nicht lange – du musst nicht erfrieren.“
    Er legte einen Arm um ihre Schulter.
    „Ich komme alle zwei Wochen hierhin“, sagte sie. „Andere gehen auf den Friedhof, ich habe das hier.“
    „Kommt Rudi hier auch hin?“
    „Nein. Rudi brauche ich nur als Führer, wenn ich unbekannte Streckenabschnitte erkunde. Genau genommen will ich morgen mit ihm los – wenn er denn gesund ist – aber wenn wir heute noch zum Fichtenberg müssen, wird mir das selber ein bisschen viel.“ Sie lachte leise. „Ich glaube, ich gebe Rudi noch ein wenig Zeit zur Genesung.“
    Sie schwiegen eine Weile. Dann erhob sich Heli, nahm das Windlicht und hielt es in Augenhöhe vor die Wand. Farang trat zu ihr. Inmitten unzähliger Krakel und Skizzen war eine Notiz besonders klar zu erkennen. Trotzdem konnte er die altmodischen Zeilen nicht recht deuten.
    „Meine Großmutter hat noch Sütterlin geschrieben.“ Heli las es ihm langsam vor: „Als ich zur Welt kam, bekam ich ein Kleid geliehen – jetzt will der Herr es wiederhaben.“
    Er ließ die Worte einen Moment im Raum stehen – dann räusperte er sich. „Sie muss in großer Not gewesen sein.“
    „Das war sie.“ Heli stellte die Kerze wieder ab und setzte sich. „Es war bei einem besonders schlimmen Luftangriff. Mutter hat früher oft davon erzählt. Diese Nacht haben sie noch gemeinsam überstanden, aber dann ...“
    Er setzte sich zu ihr.
    Sie nahm seine Hand. „Dass deine Mutter tot ist, hast du schon erwähnt, aber was ist mit deiner Großmutter – lebt sie noch?“
    „Meine thailändische ist tot. Ich erinnere mich kaum an sie, denn sie starb früh an einem Fieber.“ Er machte eine Pause. „Und meine deutsche habe ich nie kennen gelernt.“
    „Und warum starb auch deine Mutter so früh?“
    Es kostete ihn einige Überwindung, darauf zu antworten. Aber Heli war offen und

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