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Berlin Gothic 7: Gottmaschine (Thriller) (German Edition)

Titel: Berlin Gothic 7: Gottmaschine (Thriller) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Winner
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dass jemand Felix vom Boden aufgeholfen hat -  hat sich ruckartig umgedreht, einen Schritt nach vorn gemacht - und ist in sich zusammengesackt.
     
    Felix muss ihn in das Kellerloch geschafft haben.
    Till fühlt, wie sich ein Schrei seiner Brust entringt, reißt seine Beine an sich und die Schenkel auseinander, spürt, wie die Naht an den Beinen platzt, rammt die Ellbogen nach außen, sprengt das zusammengenähte Fleisch.
    Dann steht er.
    Hört das Toben des Mannes hinter der Wand und sieht es vor sich, wie die Tiere begonnen haben, den Rattenmann zu verspeisen.
    Du kannst ihn dort nicht verrecken lassen, Felix! Sie fressen ihn doch glatt auf! Hörst du nicht, wie er schreit - weil sich das Getier in seinen Körper bohrt?
    Durch das dämmrige Licht des Kellerlochs hindurch sieht er, wie Felix die Hände hochwirft. „Jetzt!“, hört Till ihn rufen - fährt herum, hat den Griff an der Wand gepackt - reißt daran.
    Es ist nur ein Gerät - sie sind aufgezeichnet - die Schreie - es ist niemand in dem Loch hinter der Wand - der Rattenmann - es gibt ihn gar nicht -
    aber …
    das Kratzen, Rutschen, tausendfältiges Bitzeln, wie wenn ganze Spinnenhorden über einen Spiegel trippeln -
    das bildet er sich nicht nur ein - das gibt es wirklich!
    Außer sich vor Entsetzen weicht Till zurück gegen die raue Betonwand - sieht, wie sie auf ihn zukrabbeln,
    schnüffelnd,
    kratzend,
    suchend,
    hungrig.
    Was da aus dem Stollen heraufbrodelt - die pelzigen Leiber, die Krallen, die über den Betonboden rutschen - die wachsamen Augen -
    das ist keine Einbildung -
    kein Irrtum -
    kein Traum.
    Das ist ein Schwarm Tiere. Ein Rattenrudel, dessen erste Nager jetzt Tills Füße erreichen.
     
    Er hetzt.
    Stolpert.
    Hetzt weiter, während an seinen Seiten das Blut aus den aufgerissenen Nähten rieselt.
    Die Gänge entlang, die sich unter der Stadt hindurchwinden - die Tunnel, die er mit Bentheim vor Jahren schon einmal entlanggehetzt ist,
    die ihn von dem Rattenloch fortbringen.
    Er hetzt hinter dem Narbengesicht hinterher, das ihn von den Tieren befreit hat,
    durch die ehemalige China-Bude in den grüngekachelten U-Bahn-Gang, die Treppe hoch auf den Platz …
    Bis sie eine Wohnung erreichen und sie ihm die Tür öffnet. Till hat Lisa vorhin auf der Beerdigung gesehen, aber kein Wort mit ihr gewechselt.
    Jetzt steht sie vor ihm, das Haar gelöst, der Mund einen winzigen Spalt weit geöffnet, die Hände ihm entgegengestreckt.
    Alles in Till treibt ihn auf sie zu, er hat sie so lange nicht bei sich gehabt, will sie umarmen, die Kleidung von ihr ziehen. Sie hochheben und zu einem Bett tragen, mit den Lippen über ihren Körper wandern, den er so lange entbehrt hat -
    DER IHM GEHÖRT -
    fühlen, wie sie sich aufbäumt, wenn er sich nicht länger zurückhalten kann und seine Gier nach ihr stillen muss.


     
    Zehn Tage vorher
     
    Klinkermauern so hoch wie Steilklippen, Schornsteine so hoch wie Fernsehtürme, eine Halle so lang wie ein Flugzeugträger.
    Die große Werkshalle in Wolfsburg. Käfer. Autostadt. Volkswagen.
    Lisa hatte sich überreden lassen, mitzukommen. Jenna sollte über ein Event aus der Autostadt berichten, Enrico hatte gesagt, dass er Lust hätte mitzukommen, und dann hatten die beiden so lange auf sie eingeredet, bis Lisa sich einverstanden erklärte, den Tagesausflug ebenfalls mitzumachen.
    Sie sind mit dem ICE mit zweihundert, ach was: dreihundert Stundenkilometern in knapp 60 Minuten aus der Hauptstadt angekarrt worden. Ganze Heerscharen von Journalisten. In eine Industriezone, die durch die Hochgeschwindigkeitsverbindung inzwischen fast wirkte wie eine Vorstadt Berlins - eine Vorstadt aus den Klinkerbauzeiten des düstersten zwanzigsten Jahrhunderts und zugleich eine Vorstadt aus der Zukunft, in der Berlin weit hinaus über seine Grenzen gewuchert sein wird.
    Volkswagen hat keine Mühe und keinen Aufwand gescheut, um die Presseleute für sich einzunehmen. Der ICE ist eigens für die Journalisten gemietet worden und nonstop bis Wolfsburg durchgefahren. Bereits von dem hochtechnisierten Bahnhof aus konnte Lisa sie sehen: Die gigantische Maschinenhalle, in der die Veranstaltung stattfinden sollte, die glitzernden Gebäude der Autostadt auf der anderen Seite des Kanals. Aufgemotzte VW-Geländewagen fuhren wie Spielzeugautos über Teststrecken, die aussahen als würden sie zu einer Modell-Eisenbahn gehören.
    Volkswagen - allein dieses Wort schien die ganze Ideologie zusammenzufassen, die hier in Stein gemeißelt war: Technik,

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