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Berlin Gothic: Thriller

Berlin Gothic: Thriller

Titel: Berlin Gothic: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Winner
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schien einen Augenblick nachzudenken. „Bei denen ich alles um mich herum vergesse - das mag ich. Dann ist es, als würde man durch das Buch fliegen … “ Seine Augen glänzten. „So ein Buch zu lesen ist wie ein Traum, oder? Das suche ich immer, wenn ich überlege, was ich mir als nächstes vornehmen soll.“
    Max nickte. „Ja, klar, aber ich meine … gibt es auch Bücher, von denen du lieber die Finger lässt? Weil du Angst hast, dass du davon schlecht träumst?“
    „Du meinst, ob ich Angst vor einem Buch habe?“ Till grinste und schaute zu Lisa. „Was kann mir ein Buch schon anhaben? Ich kann es doch jederzeit zumachen, aufhören zu lesen - dann ist’s vorbei.“
    „Bist du dir da so sicher?“ Lisa hatte etwas antworten wollen, aber Max sprach als erster. „Dass es dann zu Ende ist, wenn du das Buch zumachst, mein’ ich?“ Max schluckte. „Im Kopf kann es doch weiter gehen! Die Leute, die in dem Buch aufgetreten sind? Die sind ja weiter drin, sozusagen, in deinem Kopf. Verstehst du?“ Er sah, dass Till ihn ein wenig misstrauisch und zugleich doch neugierig anschaute. „Was machst du, wenn sie nicht aufhören, wenn sie weiter … “, Max’ Stimme wurde leiser, „was weiß ich, wenn sie weiter schreien … weiter töten … “
    Er bemerkte, wie Till ernster wurde und zu spüren schien, dass er das nicht nur so dahinsagte.
    „Komm schon“, erwiderte Till, „das sind doch nur Figuren in einem Buch. Auch wenn sie weiter in deinem Kopf spuken, sie können dir doch nichts anhaben! Es ist doch wie ein Traum. Wenn ich aus einem Traum aufwache, weiß ich genau: Ich hab nur geträumt - “
    Max unterbrach ihn. „Ja, aber dann hat man doch Angst vor dem Traum.“
    „Vor dem Traum? Wirklich? Nicht Angst davor, wieder einzuschlafen , also dass der Traum dann weitergeht?“ Till runzelte die Stirn. „Ich habe doch nicht Angst davor, dass der Traum mich … sozusagen im Wachsein einholt.“
    „Nicht?“
    Till schüttelte den Kopf. „Deshalb meine ich ja: Solange man das Buch nicht wieder öffnet, braucht man auch keine Angst davor zu haben, also zumindest mir geht es so.“
    Die drei standen einen Moment lang schweigend im Kreis. Max wusste, dass schräg hinter ihnen, jenseits der Hecke, das Gartenhaus lag, in dem sein Vater arbeitete - aber er schaute absichtlich nicht in diese Richtung.
    „Ich weiß nicht … “, hob er wieder an und sah zu Till. „Was man träumt und was wirklich ist … lässt sich das wirklich so klar und sauber voneinander unterscheiden?“ Er vergrub seine Hände in den Hosentaschen. „Ich träume ja auch nicht von etwas, das es nur im Traum gibt. Ich träume von dem Haus da hinten zum Beispiel“, er nickte vage in Richtung Gartenhaus, „und das Haus gibt es auch wirklich. Genauso ist es mit dem, was in einem Buch steht. Woher weiß ich, dass es nur eine Geschichte ist, dass die Figuren, von denen darin die Rede ist, nicht zugleich auch wirklich leben, also in der gleichen Wirklichkeit wie ich, sozusagen?“
    Er wusste, dass das, was er sagte, ein bisschen komisch klang, aber als er sah, wie Till die Arme verschränkte, hatte er das Gefühl, dass Till ihm folgen konnte.
    „Das ist doch immer ganz klar“, sagte Till ruhig. „Es gibt Romane, die sich ein Autor ausgedacht hat, das heißt, dass es die Leute, von denen in dem Buch die Rede ist, nur in dem Buch, in der Welt des Buches gibt und nicht in der wirklichen Welt. Und es gibt sogenannte Sachbücher, Bücher über Menschen und Ereignissen, die sich der Autor nicht ausgedacht hat, sondern die wirklich gelebt haben und die wirklich passiert sind.“
    „Ach ja? Und woher weißt du, welche Figuren es wirklich gibt und welche nur ausgedacht sind? Weil der Autor dir das sagt?“
    „Zum Beispiel. Warum nicht?“
    Max spürte, wie seine Augen größer wurden. Er fixierte Till damit und ging ganz in dem auf, was er sagen wollte. „Bist du dir sicher, dass du dem Autor immer trauen kannst? Woher weißt du, dass du dich nicht irrst, wenn du ihm traust? Dass er dich nicht täuschen will? Was, wenn ein Autor sagt, dass die Figuren tatsächlich leben oder gelebt haben, während er sie sich in Wahrheit nur ausgedacht hat?“ Max spürte, wie sich eine gewisse Unruhe in ihm ausbreitete und begonnen hatte, in seinen Armen zu kribbeln. „Und was, wenn der Autor sagt, dass er sich die Figuren nur ausgedacht hat“, er räusperte sich, ein hartnäckiges Kratzen hatte sich in seine Kehle geschlichen, „aber das stimmt gar nicht

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