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Berlin Gothic: Thriller

Berlin Gothic: Thriller

Titel: Berlin Gothic: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Winner
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und in Wirklichkeit haben die Figuren tatsächlich gelebt … oder leben sogar noch!“
    Es war offensichtlich, dass Till sich das so noch nie überlegt hatte. „Du meinst“, sagte Till langsam, „dass du Angst vor einem Buch hast, weil es sein könnte, dass der Autor sagt, er hat sich die Geschichte nur ausgedacht - aber in Wirklichkeit hat sie tatsächlich stattgefunden - und findet noch immer statt.“
    Max nickte. „Könnte doch sein, oder?“
    Erst jetzt registrierte er, dass sich Lisa während der letzten Takte ihres Gesprächs abgewandt und ein wenig von ihnen entfernt hatte. Max sah, wie sie durch eine kleine Lücke in der Hecke in den hinteren Teil des Gartens schlenderte.
    „Lisa?“ Er warf Till einen Blick zu, der ihr ebenfalls nachschaute.
    „Geht’s da weiter?“ Till deutete mit dem Daumen auf den Durchgang in der Hecke, durch den Lisa verschwunden war.
    Max nickte.
    „Wohin denn?“
    Zum Gartenhaus meines Vaters, dachte Max. „Willst du mal sehen?“ Er legte den Kopf ein wenig auf die Seite.
    Till grinste. „Ja?“
    Als sie auf der anderen Seite der Hecke herauskamen, sah Max, dass Lisa bereits auf das Gartenhaus zuging, das sich knapp fünfzig Meter hinter der Hecke am Ende des Grundstücks befand.
    „Willst du nicht mitgehen?“ Till nickte in ihre Richtung.
    „Nee, keine Lust“, erwiderte Max schroff.
    „Warum nicht?“ Tills Blick ruhte auf ihm.
    „Andermal vielleicht“, murmelte Max unwirsch und beobachtete, wie Lisa an die Glastür des Gartenhauses klopfte, die auf eine kleine Terrasse hinausführte. Till und Max waren bei der Hecke stehen geblieben - das leise Scheppern der Glastür aber drang bis zu ihnen herüber.
    Kurz darauf öffnete sich die Tür und ein Reflex des Sonnenlichts huschte über den Rasen. In der Türöffnung war jedoch niemand zu sehen. Ohne sich noch einmal umzudrehen, betrat Lisa das Haus und die Tür fiel hinter ihr mit leisem Klirren wieder ins Schloss. Leicht zitternd spiegelte das Glas den dunkler werdenden Himmel des Nachmittags.
     
     
     


     
    Max kannte das schon. Er saß direkt neben dem Spiegel der Frisiertoilette und sah seiner Mutter dabei zu, wie sie sich fürs Weggehen zurechtmachte. Er wusste, dass seine Mutter registrierte, wie er ihr dabei zuschaute - aber weder sie noch ihn störte das. Er wollte einfach nur noch ein bisschen in ihrer Nähe sein, bevor sie gemeinsam mit seinem Vater das Haus verließ. Immer wieder beugte sie sich dicht an den Spiegel heran, zog die Wimpern nach, strich sich mit einem winzigen Pinselchen über die Lippen, ohne ihre Farbe groß zu verändern, tupfte einen dezenten Lidschatten auf oder probierte verschiedene Ohrringe aus, indem sie sie an ihre Ohrläppchen hielt und den Kopf dabei nach rechts und nach links drehte, um den Effekt in der Reflexion des Spiegels zu überprüfen. Als letztes zerstäubte sie meist noch etwas Parfüm hinter den Ohren - aber so weit war es an diesem Abend offenbar noch nicht.
    „Hast du das Stück vorbereitet?“ Seine Mutter hielt das Bürstchen mit der Wimperntusche auf halber Höhe in der Luft und sah ihn fragend an.
    Max zuckte zusammen. Er hatte gehofft, dass das nicht mehr zur Sprache kommen würde. „Ich habe vorhin geübt …“
    „Und? Sitzt es?“ Sie tauchte das Bürstchen nachdenklich in die Farbkartusche.
    „Geht so“, brachte Max hervor.
    Vor gut einer Stunde hatte sich Till von ihnen verabschiedet. Till hatte darauf bestanden, nur rasch von Rebecca zur U-Bahn gefahren zu werden, und angedeutet, dass er ja in den kommenden Tagen nochmal vorbei kommen könnte.
    „Dein Vater wollte sich das Stück heute noch anhören, bevor wir gehen.“ Max‘ Mutter kniff die Augen ein wenig zusammen und zog die kleine schwarze Bürste vorsichtig durch die Wimpern.
    „Aber warum denn? Das kann doch bis morgen warten.“ Misstrauisch verfolgte Max, wie sie unbeirrt weiter tuschte. „Oder hast du ihm wieder gesagt, dass er mehr auf meinen Klavierunterricht achten soll?“
    „Nein, habe ich nicht, Max.“ Entschlossen schob Julia die Bürste zurück in die Kartusche und griff nach dem Parfüm. Jetzt war es also so weit. Sie hob das Glasgefäß an den Hals und drückte auf den Bestäuber. Der feine Duft umwirbelte ihre Schultern. Achtlos nahm sie das weiße Tuch ab, das sie zum Schutz vor dem Parfüm umgelegt hatte, und warf es zwischen die Schminktöpfe. Die beiden Träger des schulterfreien Abendkleids, die unter dem Tuch zum Vorschein gekommen waren, strafften sich über

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