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Berlin Gothic: Thriller

Berlin Gothic: Thriller

Titel: Berlin Gothic: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Winner
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ihrer Haut.
    „Hast du meinen Anzug schon rausgelegt?“
    Max hob den Blick und sein Bauch zog sich zusammen. Sein Vater war durch die Tür ins Schlafzimmer getreten.
    „Er hängt am Schrank.“ Julia hatte ihren Kopf nur halb zu ihrem Mann umgedreht, ohne den Blick vom Spiegel zu wenden.
    „Hallo Max.“
    „Hallo Papa.“
    Xaver Bentheim trat an den frei stehenden Kleiderschrank, hinter dessen Tür der Anzug auf einem Bügel hing. „Spielst du mir gleich noch das Stück vor, das du vorbereitet hast?“ Er warf den Anzug aufs Bett.
    Max verfluchte sich, weil er sich in dem Schlafzimmer hatte erwischen lassen. Wäre er in seinem Zimmer geblieben, hätte es sein Vater bestimmt vergessen.
    „Ich … “ Er brach ab.
    Bentheim sah ihn fragend an, knöpfte sich gleichzeitig das Hemd auf.
    „Okay, ich geh schon ins Klavierzimmer.“ Max stand auf und huschte an seinem Vater vorbei aus dem Raum.
     
    Er starrte auf die schwarz-weißen Tasten. Bemühte sich, die Panik, die ihn ergriffen hatte, nicht überhand nehmen zu lassen. Wieso hatte er sich am Nachmittag nicht mehr Mühe gegeben? Wieso hatte er seinem Vater nicht gesagt, dass er sich das Stück lieber morgen früh anhören sollte? Wie war es möglich, dass er alles falsch machte …
    Vorsichtig legte Max die Finger auf die Tasten, traute sich aber nicht, sie hinunterzudrücken. Ein Missklang würde ihn jetzt nur noch mehr entmutigen. Vielleicht hatte er ja Glück, versuchte er sich gut zuzureden, vielleicht war die Kunst des Spielens ja vorhin in ihn eingesickert, als er so lange vor dem Flügel gesessen hatte. Wenn sein Vater hereinkommen würde, würde er einfach anfangen zu spielen. Es musste doch nicht perfekt sein, er musste ihn nur mit den ersten Tönen überraschen -
    „Also, fang an“, tönte es hinter ihm und sein Vater trat - fertig angezogen, im schmalen gestreiften Anzug, einen dünnen Mantel überm Arm - ins Zimmer. „Nur ein paar Takte, Max, du kannst mir das morgen früh ja nochmal in Ruhe vorspielen.“
    Er kam durch den Raum auf den Flügel zu und stellte sich so daneben, dass er Max ins Gesicht sehen konnte.
    Max starrte auf die Tasten.
    „Fängst du bitte an.“ Die Stimme seines Vaters war leise geworden.
    „Ja“, flüsterte Max, „gleich … “ Ein scharfes Kribbeln kroch seinen Haaransatz empor. Mit aller Kraft zwang er sich, die Fingerspitzen auf die Tasten zu drücken. Du brauchst keine Angst zu haben, beschwor er sich, er wird ganz begeistert sein, dich vom Klavierhocker reißen, durch den Raum wirbeln …
    Dabei drang der erste Ton, den er angeschlagen hatte, an sein Ohr. Max’ Finger verkrampften sich, sein Herz schien explodieren zu wollen. Er krümmte sich nach vorn - hob gleichzeitig die Hände in die Höhe, um nur wenigstens keinen weiteren falschen Ton anzuschlagen.
    Neben ihm stand wie ein Abgrund das Schweigen seines Vaters.
    Hilflos sah Max auf.
    Bentheim hatte den Kopf geneigt, den Blick auf seinen Sohn gerichtet. Aus seinem Gesicht war alle Farbe gewichen. Hager und bleich überragte es die weiße Hemdbrust, die unter dem Anzug hervorschaute.
    „Ich kann nicht“, flüsterte Max - und senkte den Blick.
    Da trat sein Vater plötzlich hinter ihn und griff rechts und links an ihm vorbei in die Tasten. Nein, er griff nicht, er schien sich regelrecht auf die Tasten zu stürzen. Mit einem tiefen Aufschrei antwortete der Flügel, der sich unter dem Zugriff des Mannes förmlich aufzubäumen schien. Schon rasten die Finger von Max‘ Vater über die Tastatur, auf beiden Seiten von sich sah Max die hellhäutigen, von hochstehenden Adern durchzogenen Hände dem Instrument eine wahre Flut von Klängen entreißen. Das war nicht das Stück, das er hatte spielen sollen, aber es war auch nicht ganz etwas anderes, es war ein Brausen, ein Donner, in dem Max das Stück als eingebettetes Motiv wiedererkannte, ein Echo, das unendlich viel tiefer, gewaltiger, geheimnisvoller war und wie der Widerhall eines mächtigen Berges wirkte, der antwortete, nachdem man Minuten zuvor das im Vergleich geradezu klägliche, ursprüngliche Stück hineingerufen hatte. Gleichzeitig spürte Max den Kopf seines Vaters über sich, konnte ihn leise atmen hören, während Bentheim sich ganz auf den Flügel konzentrierte, mit dem Instrument geradezu zu tanzen schien und aus der bescheidenen Grundidee des Stücks ein Massiv von Tönen entwickelte, das in seiner ganzen Vielschichtigkeit, Originalität und Erhabenheit auf Max hinunterrauschte.
    Schon glaubte Max,

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