Berlin Gothic: Thriller
nicht unterbrechen - vielleicht um zu vermeiden, dass sich das Gespräch dann wieder dem anderen Thema zuwendet.
„Als ich die Frau in der Baugrube gesehen habe - gesehen habe, was man mit ihr gemacht hat … “ Butz’ Hände schließen sich auf der Bettdecke zu Fäusten. „Ich will dir die Einzelheiten ersparen, aber … weißt du, ich musste sofort an die Frau vom Parkplatz denken. Dass beide Frauen vielleicht etwas ganz Ähnliches erlebt haben. Dass er sich bei der Frau in der Baugrube auf den Bauch gestürzt hat … “ - sein Blick trifft den von Claire, die ganz blass geworden ist - „ … und bei der auf dem Parkplatz aufs Gesicht.“
„Ja, okay.“ Claire wirkt angespannt.
„Ja.“
Butz hängt seinen Gedanken nach. Als sein Kollege ihm die Fotos vom Parkplatz gezeigt hat, ist es das erste Mal gewesen, dass er den Folgen eines solchen Ausbruchs von … von Wahnsinn - er weiß garnicht, wie er es anders nennen soll - begegnet ist. Es hat geradezu in seinen Ohren gesungen. Und er ist froh gewesen, als der Kollege die Fotos wieder an sich genommen hat.
„Was denkst du? Ein … ein Geistesgestörter, der Berlin unsicher macht?“ Claire sieht ihn an.
Ja … ja, das könnte natürlich sein ….
„Ich weiß es nicht. Als ich die Fotos von der Leiche auf dem Parkplatz gesehen habe, habe ich sofort gedacht, dass das kein normaler Fall ist. Ich habe im Präsidium darauf gedrängt, der Sache verstärkt Aufmerksamkeit zu widmen. Aber … “ Er vergräbt sein Gesicht in den Händen. „Ich weiß auch nicht, wie das passieren konnte, es waren … tausend Sachen, ich … ich habe es dann selbst wieder … aus welchem Grund auch immer … für nicht mehr ganz so dringend, ganz so außergewöhnlich … “ Er bemerkt, wie sie zusammenfährt, und löst die Hände von seinem Gesicht.
„Claire?“
Jetzt hört auch er es. Das Purren eines Handys, das auf stumm geschaltet ist. Claire greift in die Tasche ihrer Jeans, zieht ihr Handy daraus hervor, wirft einen Blick aufs Display.
Butz sieht, wie sich ein Ausdruck von Irritation über ihr Gesicht schiebt. „Eine SMS?“
„Hm.“ Sie steht auf und tritt ans Fenster, das Gesicht von ihm abgewendet.
Butz atmet aus. Fühlt er sich nicht schon viel besser? Im Grunde genommen hat er doch nichts, keine Verletzung, keinen Bruch …
Er schlägt die Decke zurück und schwingt die Beine von der Matratze. Kurz wird ihm schwindlig, dann sitzt er auf der Bettkante. Claire hat noch immer den Blick aufs Display ihres Telefons gerichtet.
„Ich denke, ich werde mal versuchen, mit einem Arzt zu sprechen.“
Claire schaut zu ihm, das Gesicht angespannt.
„Was ist?“ Butz lächelt.
„Tut dir was weh?“
„Wegen dem Arzt?“
„Ja?“
„Mir geht es bestens, ich … ich kann hier nicht ewig liegen bleiben.“
„Du willst aufstehen?“
Irgendetwas an ihrer Stimme wirkt gehetzt auf ihn.
„Es ist ja nichts passiert. Ich fühle mich gesund … “
Sie tritt an ihn heran. „Ich glaube, das ist keine gute Idee, Konstantin.“
Er lacht. „Ich liebe es, wenn du dir Sorgen um mich machst.“ Liebe - da ist dieses Wort wieder …
Er gibt sich einen Ruck und steht vom Bett auf. „Was war denn das für eine SMS, Claire?“ Oder verhält sie sich so merkwürdig, weil er aufstehen will? „Sorry!“, beeilt er sich hinzuzufügen, „geht mich nichts an, ich weiß.“ Er lächelt. „Ich bin vielleicht doch noch nicht ganz so gut beisammen, wie ich es gern hätte.“
Sie nickt. „Sie werden dich unterschreiben lassen, dass sie dich nur auf eigene Verantwortung entlassen.“
„Macht ja nichts.“ Butz tappt, noch etwas unsicher auf den Beinen, zu dem Schrank, in dem er seine Sachen vermutet. „Hauptsache, ich komm hier endlich raus!“
6
„Er ist krank.“
Der Mann, der hinter dem Metalltisch im Baucontainer sitzt, lässt Butz nicht aus den Augen.
„Aber gestern war er doch hier, ich habe lange mit ihm geredet … “
„Wollen Sie meine Auskunft in Zweifel ziehen, Kommissar? Entschuldigen Sie, aber … ich sagen Ihnen: Der Bauleiter ist krank, er hat heute früh angerufen. Was soll ich machen?“
Sie tragen beide die gelben Sicherheitshelme, die auf der Baustelle Pflicht sind, nur bei der gestrigen Hektik hat niemand darauf geachtet.
Butz berührt mit der Fingerspitze den harten, kurzen Schirm des Helms, um ihn ein wenig in den Nacken zu schieben, und wirft dem Bauingenieur, der die Arbeiten heute überwacht, einen Blick zu. „Gut. Krank. Kein
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