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Berndorf 07 - Trotzkis Narr

Berndorf 07 - Trotzkis Narr

Titel: Berndorf 07 - Trotzkis Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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die Handschellen?«
    »Er hat den Kollegen zur Seite gestoßen und wollte wegrennen«, erklärt der ältere der beiden Polizisten.
    »Die haben mich mit dem verdammten Knüppel geschlagen«, sagt Kappolt. »Da rennt jeder weg.«
    »Herr Kappolt«, sagt Jörgass müde, »Sie müssten doch wissen, dass Sie damit vor Gericht nicht durchkommen … Aber nehmt ihm trotzdem die Handschellen ab.« Das geschieht, und Kappolt massiert sich die Handgelenke. Jörgass weist auf den Besucherstuhl vor seinem Schreibtisch, Kappolt ignoriert zuerst die Einladung, setzt sich dann aber doch. Jörgass nickt den beiden Streifenpolizisten zu, im Augenblick brauche er sie nicht. »Falls ihr euch eine Anzeige wegen Widerstands überlegt – stellt das erst einmal zurück!«
    »Also«, sagt Jörgass und wendet sich Kappolt zu, »ich hab mir Ihren Strafregisterauszug angesehen, zweimal gefährliche Körperverletzung, dreimal Verwendung verfassungsfeindlicher Symbole, einmal Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, einmal vorsätzliche Brandstiftung – danach müssten Sie wissen, wie so ein Gespräch bei uns abläuft.«
    »Ich weiß nicht, was das für ein Gespräch sein soll«, antwortet Kappolt. »Nicht die geringste Ahnung.«
    »Sie haben sich am Mittwoch am frühen Abend in Crammenow aufgehalten«, erklärt Jörgass. »Was haben Sie da getan?«
    »Ist das vielleicht verboten?«, fragt Kappolt. »Dann sollte man dort ein Schild aufstellen, dieser Ort ist für Deutsche verboten.«
    »Sie sind in der Nähe eines Anwesens gesehen worden«, fährt Jörgass geduldig fort, »und zwar unter so merkwürdigen Umständen, dass die Bewohner Sie festgehalten und gezwungen haben, sich auszuweisen. Warum?«
    »Das weiß ich doch nicht. Die haben mich – bedroht haben die mich, jawohl, das ist der richtige Ausdruck. Mir eine Knarre an den Kopf gehalten. Und da hab ich dann meinen Ausweis gezeigt. Und den Führerschein. Das war Nötigung, das können Sie ruhig aufschreiben. Und dass ich deshalb Anzeige erstatte.«
    »Der Reihe nach!«, sagt Jörgass. »Erst will ich wissen, was Sie dort gesucht haben …« Er blickt auf, denn Lena Quist hat ihm zugenickt. Offenbar will sie einen Kaffee trinken gehen oder woanders einen freien Schreibtisch suchen, um ihren Bericht zu schreiben.
    Kappolt sieht ihr nach, wie sie das Zimmer verlässt.
    »Und was haben Sie dort gesucht?«
    Kappolt wendet sich wieder ihm zu. »Nichts hab ich gesucht. Eine Nachtwanderung hab ich gemacht. Zu Fuß durch das Luch zurück nach Berlin.«
    Jörgass öffnet das Seitenfach seines Schreibtisches und sucht in den Schubladen herum. Schließlich findet er das Gesuchte, es ist eine Wanderkarte des Kreises Westhavelland, und er faltet sie auseinander und legt die Karten auf den Schreibtisch. »Zeigen Sie mir die Route!«
    Kappolt zuckt die Schultern. »Weiß nicht, was Sie meinen.«
    »Wie Sie gegangen sind, das werden Sie doch noch wissen!«
    »Hab mich verlaufen. Und dann war plötzlich dieser Hund da und die Leute und der Alte mit der Knarre …«
    Jörgass macht ungerührt weiter seine Notizen. »Aber wo Sie die Wanderung angetreten haben, das wissen Sie doch noch?«
    »Was heißt angetreten? Ich bin nach Crammenow gefahren, und dann wollt ich zurücklaufen.«
    »Sie sind mit dem Zug gefahren?«
    »Ja. Mit dem Zug.«
    »Von wo aus mit dem Zug?«
    Kappolt schweigt.
    »Wo haben Sie die Fahrkarte gelöst? … An einem Schalter oder einem Automaten? … Wissen Sie noch die ungefähre Uhrzeit, wann der Zug in Crammenow angekommen ist? …«
    Auf keine dieser Fragen kommt eine Antwort. Jörgass lehnt sich in seinem Schreibtischstuhl zurück und betrachtet – nun selbst ins Schweigen verfallen – Kappolt, und der gibt den Blick zurück, ungerührt und stumpf. Schließlich steht Jörgass auf und geht ans Fenster, die Hände auf dem Rücken verschränkt, und blickt hinaus.
    »Ich möchte jetzt gehen«, sagt Kappolt hinter ihm. Als Jörgass nicht reagiert, steht er auf und verrückt dabei den Stuhl.
    »Sie kommen hier nicht raus ohne meine Genehmigung«, sagt Jörgass. »Setzen Sie sich.«
    Kappolt bleibt stehen. »Sie können mich hier nicht festhalten. Das dürfen Sie gar nicht.«
    »Nein?«, fragt Jörgass zurück und betrachtet noch immer den herbstblauen Himmel über Berlin. »Sie kennen doch Dolf Patzert?«
    »Was soll das?« Kappolts Stimme wird lauter. »Dass man den umgebracht hat, das wissen Sie doch, was fragen Sie mich?«
    »Schreien Sie nicht so … Wer hat ihn umgebracht?«
    »Wer

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