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Berndorf 07 - Trotzkis Narr

Berndorf 07 - Trotzkis Narr

Titel: Berndorf 07 - Trotzkis Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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Versuche, bis er zufrieden ist, dann überreicht er Berndorf zwei Kopien, eine im Maßstab 1:1, und eine Vergrößerung, in der die Adresse: »Crammenow, Bauernende 7« deutlich hervortritt. Berndorf registriert die großzügig geschwungenen Anfangsbuchstaben C und B sowie den Querstrich bei der Ziffer 7.
    »Was sagt Ihnen der Name Plogstett?«, fragt Berndorf. »Oder Wotruba?«
    »Nichts«, erklärt Finklin. »Die Namen haben mich auch nie interessiert. Ich hab die Sachen zuerst auf eine CD kopiert, später auf einen USB -Stick, und dann Giselher geschickt.«
    »Giselher Marcks, ja?«, schaltet sich Dingeldey ein. »Und der hat dann den Namen eingefügt und an die Druckerei gegeben?«
    »So ungefähr. Genau weiß ich es nicht. Ich hab den Text geliefert, um den weiteren Fortgang musste ich mich nicht kümmern. Hätte es auch nicht gewollt.«
    »Und wie lange geht das schon?«
    »Seit ein paar Jahren.« Finklin beginnt nun doch, die nächste Zigarette in Arbeit zu nehmen. »Giselher und ich – wir kannten uns schon ziemlich lange, und wir haben uns vertraut. Ja, so kann man es nennen. Und irgendwann hat er mir auch von der Sauna-Runde erzählt …« Sorgsam schüttelt und drückt er das Tabakröllchen zurecht.
    »Haben Sie selbst mal daran teilgenommen, an dieser Sauna-Runde?«
    »Das wäre gegen jede konspirative Regel gewesen. Ich blieb da ganz außen vor.«
    »Und wie ist das gekommen«, fährt Dingeldey fort, »dass Sie beteiligt wurden?«
    »Mit Budapest.« Finklin stößt es heraus, als komme ihm das selbst komisch vor. »Aber ja doch! Giselher kommt eines Tages zu mir und druckst so herum – ich sei doch ein paar Mal in Ungarn gewesen, schon zu DDR-Zeiten, fragt er, und ob ich auf die Schnelle und für drei Hunderter ein Referat oder einen Aufsatz über Budapest und die Sportszene dort liefern könne? Drei Hunderter, sage ich, gerne, nur her damit!« Finklin klebt die Zigarette zusammen, betrachtet sie kritisch, ist zufrieden und zündet sie sich an.
    »Ich will dann aber doch Genaueres wissen«, fährt er fort, »und es kommt heraus, dass ein Kollege von ihm an einer Fortbildung in Budapest teilgenommen hat, irgendetwas über das Management von kommunalen Sportstätten, da sollte eigentlich nic hts passieren. Aber während der Kollege sich in Budapest tummelt, setzt das Land Berlin neue Richtlinien in Kraft, und kaum ist der Kollege wieder in Tegel gelandet, hat er auch schon zwanzig oder dreißig Seiten Erfahrungsbericht abzuliefern. Unglücklicherweise ist ihm nun aber sein Koffer mit allen seinen Notizen gestohlen worden, jedenfalls behauptet das Giselher. Was tun? Mir kam es zwar so vor, als hätte der gute Mann hauptsächlich den Bocksprung in ungarischen Bordellen studiert, aber egal! Der Mann ist für Giselher wichtig, während ich für jeden Euro dankbar bin, den ich irgendwie hereinbringen kann. Also setze ich mich an meinen PC und produziere an einem Nachmittag vierzig Seiten über Ungarn, Budapest und den berühmten ungarischen Fußball der Fünfziger Jahre, über Puskas und Hidegkuti und Bozsik, wenn Ihnen die Namen noch was sagen, nicht zu vergessen …« Er hebt die linke Faust. »… den Boxer und dreimaligen Olympia-Sieger Laszlo Papp … Jedenfalls gab es genug zu schreiben oder genauer: herunterzuladen. In drei Stunden war dem Manne geholfen und meinem Geldbeutel auch.«
    »Und so hat das angefangen?«, fragt Dingeldey.
    »Und so hat das angefangen«, sagt Finklin.
    »Ich nehme an, die nächsten Aufträge bezogen sich dann nicht mehr nur auf Berichte über Dienstreisen.« Dingeldey greift sich den großformatigen Band über die Zehlendorfer Bodenbeschaffenheit und hebt ihn hoch. »Haben Sie eine Vorstellung, wie viel Geld zum Beispiel damit umgesetzt wurde?«
    »Das da?« Finklin runzelt die Stirn. »Für mich waren das fünfhundert Euro. Ich weiß nicht, wie viel Courtage Giselher für sich beansprucht hat, aber ein Tausender wird es schon gewesen sein. Schon aus Gründen der Hierarchie. Die Druckkosten und das Honorar für den Buchbinder – noch mal anderthalbtausend. Ergibt ein Agio von dreitausend Euro – also wird der Gesamtbetrag sich in der Größenordnung von rund Hunderttausend bewegen.« Finklin zeigt mit der offenen Hand auf Dingeldey. »Sagen Sie selbst, ob Sie irgendwo hunderttausend Euro günstiger gewaschen bekommen?«
    L ena Quist steht vor der Fotografie, die die ganze Wand ausfüllt, und betrachtet sie mit einem gewissen Unbehagen. Das Unbehagen kommt nicht zuletzt

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