Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Berndorf 07 - Trotzkis Narr

Berndorf 07 - Trotzkis Narr

Titel: Berndorf 07 - Trotzkis Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
Vom Netzwerk:
davon, dass sie merkt, wie sie beim Betrachten des Bildes beobachtet wird. Der Mann, der dies tut, ist unrasiert, hat kleine rote Äuglein von einer zu kurzen Nacht und von zu vielen harten Drinks.
    »Gorleben 1997«, sagt Jo Wilson. »Waren Sie damals schon dabei?«
    »Wo dabei?«, fragt Lena Quist zurück.
    »Bei den Behelmten«, erklärt Wilson. »Bei denen, die die Schlagstöcke hatten. Die dafür sorgten, dass der Atommüll dort eingelagert wird, wo er eine ganze Landschaft verstrahlt.«
    »Ich war damals noch auf der Schule«, antwortet Lena Quist. »Aber ich glaube nicht, dass meine Kollegen von damals so besonders gern in Gorleben waren.«
    »Sie waren dort, weil man es ihnen befohlen hat. Aber geht man nicht zur Polizei, um das zu tun, was einem befohlen wird?«
    »Nein«, sagt Lena Quist. »Nicht deshalb. Aber ich danke Ihnen, dass Sie sich die Fotos anschauen wollen, von denen ich Ihnen bei unserem Telefonat erzählt habe.« Aus ihrer Aktenmappe holt sie mehrere Fotografien und breitet sie auf dem Besprechungstisch aus. Die Aufnahmen zeigen mehrere schwärzlich verfärbte Armreifen, einzeln und ineinander gesteckt. Außerdem ist jeweils ein Maßstab abgebildet, so dass zu erkennen ist, dass die Armreifen zwischen acht und zwölf Zentimeter Durchmesser haben.
    Wilson nimmt die Fotografien und geht damit zum Fenster, Lena Quist ist sich nicht ganz sicher, ob er es tut, weil dort besseres Licht ist. Vielleicht will er auch nur verbergen, dass ihm irgendetwas an diesen Fotos nahegeht.
    »Erklären Sie mir noch einmal, wo man dieses Zeug gefunden hat?«
    Lena Quist fasst kurz zusammen, was sie bereits am Telefon erzählt hat: dass aus einem Fließ im Spandauer Forst ein Skelett geborgen worden sei, das Skelett eines Mannes, der ungefähr 1.80 Meter groß gewesen sei und links diese Armreifen aus Silberblech getragen habe.
    »Weiß man, wie lange der im Wasser gelegen hat? Zwanzig Jahre vielleicht?«
    »Das müssen die Gerichtsmediziner feststellen. Ein Kollege, der mit solchen Sachen Erfahrung hat, ist sich sicher, dass es kein Toter von 1945 ist. Solche finden wir öfter mal.«
    »Sondern?«
    »Jemand, der noch nicht so lang da drin lag.«
    »Puh!«, macht Wilson und wendet sich vom Fenster ab. »Wenn es sicher ist, dass es ein Mann war, dann kann es eigentlich nur Carmencita gewesen sein. Sie hat solche Armreifen getragen, aus Silberblech, wie Sie sagten. Der richtige Name ist Erwin Krummschmidt, zuletzt habe ich ihn im November 1992 gesehen …« Ohne einen weiteren Blick darauf zu werfen, reicht er die Fotos zurück. »Wollen Sie übrigens einen Kaffee?«
    Lena Quist verstaut die Fotos, lehnt aber den Kaffee ab.
    »Schade«, sagt er, »ich hätte Ihnen dabei erzählen können, wie das war, als ich bei der Polizei in Mitte eine Vermisstenmeldung machen wollte. Und was für ein Bein sich Ihre Kollegen von damals für einen verschwundenen Transvestiten ausgerissen haben.«
    »Ich nehme an«, sagt Lena Quist unvorsichtig, »dass ich das in den Unterlagen nachlesen kann.«
    »Ja, tun Sie das nur. Und wenn Sie herausgefunden haben, wie Ihre Kollegen damals mit der Vermisstenmeldung und mit mir umgegangen sind, und das Gefühl haben, da wäre eine kleine Entschuldigung fällig, dann können Sie mich ja anrufen …«
    W en haben denn die da draußen angeschleppt?«, will Lena Quist wissen, hängt ihren Mantel in den Schrank und fährt, ohne eine Antwort abzuwarten, fort: »Gut möglich, dass der Tote aus dem Wasserloch identifiziert ist. Ein Zeuge ist sich ganz sicher, dass der Armschmuck einem gewissen Erwin Krummschmidt gehört, einem Transvestiten, der seit November 1992 verschwunden ist …«
    »Was für Armschmuck?«, fragt Kriminalkommissar Ulrich Jörgass und löst seinen Blick vom Strafregisterauszug, den er sich auf den Bildschirm geholt hat.
    »Ach so Armreifen, ineinandergesteckt, aus Silberblech …«
    »Wenn ein Mann so etwas trägt«, bemerkt Jörgass, »dann wär sogar ich darauf gekommen, dass das ein Transvestit ist … Sag den Kollegen draußen Bescheid, dass Sie den Kunden jetzt hereinbringen können, das ist übrigens dieser Uwe Kappolt, der Kerl, der vor dieser Datsche in Crammenow gesehen worden ist.«
    Lena Quist öffnet die Tür und lässt die beiden Streifenpolizisten samt dem kräftigen Mann herein, den sie links und rechts flankieren. Jörgass bleibt sitzen, und auch Lena Quist setzt sich hinter ihren Schreibtisch. Jörgass betrachtet die drei Männer, dann deutet er auf Kappolt:
    »Warum

Weitere Kostenlose Bücher