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Berndorf 07 - Trotzkis Narr

Berndorf 07 - Trotzkis Narr

Titel: Berndorf 07 - Trotzkis Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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Lack ab. Es sieht aus, als sei Rost darüber getropft. Oder anderes Zeug. Harlass muss pinkeln, wo? An der Wand sieht er ein Handwaschbecken mit Wasserhahn und Abfluss, ach ja. Er wickelt sich aus der Wolldecke, schwingt die Füße aus dem Bett und bleibt einen Augenblick sitzen. Gleich wird er aufstehen, ja doch. Er schluckt trocken, der Schmerz ist noch immer da, er sollte noch mal gurgeln, der Alte hatte ihm ja diese Tropfen gegeben.
    Er steht auf, das immerhin geht. Aber dann tastet er doch nach dem Bettpfosten und stolpert dabei beinahe über den Schemel, der neben dem Bett steht, mit einem Mal hat er in seinem Kopf ein seltsam leeres Gefühl, als werde ihm gleich schwindlig oder die Welt sei dabei, sich aufzulösen. Zum Glück drückt ihn die Blase, das holt ihn in die Wirklichkeit zurück, irgendwie schafft er es zu dem Handwaschbecken und greift nach dem Hosenschlitz und bemerkt erst jetzt, dass er ein graues baumwollenes Nachthemd trägt. Wer hat ihm das wann und warum angezogen? Er hebt das Hemd hoch, um in das Becken zu urinieren.
    Auf dem Glasbord über dem Handwaschbecken sind ein Wasserglas und ein Fläschchen Salviathymol abgestellt, das ist das Zeug, das ihm der Alte gegeben hat. Daneben liegen der elektrische Rasierer und die Zahnbürste, noch in der Verpackung, wie er sie in Potsdam gekauft hat. Er füllt das Glas zur Hälfte, zählt dreißig Tropfen ab und zwingt sich, damit zu gurgeln. Man kann beim Gurgeln nicht besonders gut denken, denkt Harlass, aber er muss bald damit anfangen. Warum das Bett? Und das Nachthemd und das Zeug zum Gurgeln? Ist der Alte, dieser komische Brutus Finklin – ist der schwul? Aber warum ist dann diese Frau im Haus, dieses Polenweib oder was sie ist?
    Als er den letzten Schwall ins Becken spuckt, fällt es ihm wieder ein. Finklin hat das Tattoo gesehen, und es hat ihm nicht gepasst. Also ist er einer von den Gutmenschen, den Schleimern, die es auf die freundliche Tour versuchen. Was macht man da?
    Er dreht sich um und muss sich schon wieder am Rand des Waschbeckens festhalten. Plötzlich zittern ihm wieder die Knie. Gar nichts wirst du tun, schießt es ihm durch den Kopf, vorerst nicht, die Gutmenschen haben dir ein Bett gegeben und Medizin, sie werden dir zu essen geben, das ist schließlich nicht zu viel verlangt, zwei oder drei Tage noch, dann bist du wieder fit.
    Harlass schrickt auf, denn es hat geklopft. Ein Schlüssel wird umgedreht, die Tür öffnet sich, »Guten Morgen!« wünscht die Polin – oder was sie ist – und kommt mit einem Tablett herein, es riecht nach Kaffee und geröstetem Brot, über das Frühstücksei ist sogar ein Wollmützchen gezogen, um es warmzuhalten, neben einem Glas Wasser liegt eine Aspirin-Tablette, noch in der Folie. Die Polin stellt das Tablett auf dem Schemel ab und zeigt einladend auf das Bett. »Geht besser heute?«, fragt sie und lächelt ihn an. Harlass räuspert sich, das schmerzt wieder, und hält die Hand vor den Mund. »Danke«, sagt er dann, »es geht schon.« Aus den Augenwinkeln sieht er, dass der Alte im Türrahmen steht, und er entschließt sich, ihm zuzunicken. Dann geht er zum Bett zurück, plötzlich merkt er, dass ihn die Polin am Arm führt, er will ihre Hand abschütteln, aber irgendwie fehlt ihm die Kraft dazu. Gehorsam kriecht er wieder unter die Decke, sowieso ist es ihm peinlich, vor diesen Leuten im Nachthemd dazustehen, er stützt sich seitlich halb auf, so dass er frühstücken kann. Die Polin schaut ihm zu, es muss eine junge Frau sein, sie steckt in Jeans und hat eine schmale Taille, aber breite Hüften, die Jeans sitzen sehr knapp, besonders im Schritt, irgendwie bringt er den Blick nicht davon weg. An den Oberschenkeln ist der Stoff der Jeans durchgescheuert, und darunter schimmert weiße Haut.
    »Mein Name ist Maria«, sagt die Stimme über ihm. Er nickt und räuspert sich wieder. »Lutz«, sagt er dann, »ich bin der Lutz.« Die Polin bleibt noch stehen, als ob sie darauf warte, dass er noch etwas sagt oder zu ihr hochschaut. Aber das gehört genau zu den Dingen, die Harlass nicht mag. Bei denen ihm ganz schnell die Sicherung durchbrennt. Das darf nicht sein. Jetzt nicht. Später vielleicht. Endlich dreht sich die Polin um und geht wieder.
    Hure, denkt Harlass. Elende Fotze, du.
    »Da ist noch was.« Finklin ist ins Zimmer gekommen, tritt an sein Bett und legt ihm eine zusammengefaltete Zeitung auf die Bettdecke. »Ich muss nachher mit dir reden. Dabei wirst du einen halbwegs klaren Kopf brauchen.

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