Berndorf 07 - Trotzkis Narr
allem nicht, wenn der Mann auch noch die Absicht hat, mir die Zunge in den Mund zu stecken.«
Mit einer betont ruhigen, langsamen Bewegung stellt Stukkart den Kognak-Schwenker ab und schiebt ihn zur Seite. »Soll ich ihn ausschütten? Sie sehen, ich folge Ihren Anweisungen.«
»Was Sie nachher trinken, ist mir egal.« Sie hält noch immer den Faden des Teebeutels in der Hand und schwenkt ihn durch das Teewasser.
»Unser Gespräch hat jetzt eine Wendung genommen«, tastet sich Stukkart vor, »eine solche Wendung, dass wir eigentlich zum Du übergehen könnten …«
»Ich habe es als sehr angenehm empfunden, dass du es nicht gleich getan hast«, antwortet Karen, zieht den Teebeutel aus dem Glas und legt ihn zur Seite. Dann blickt sie zu Stukkart auf und schaut ihm gerade ins Gesicht. »Wie läuft das ab bei den anderen Besuchen – ich meine, bei anderen Besuchen dieser Art?«
»Jetzt verstehe ich nicht ganz, was du meinst.«
»Sagst du da – also Mädchen, zieh dich aus, da hinten ist das Bett, dort die Toilette, verhütest du eigentlich?« Sie lächelt. »Entschuldige, eigentlich will ich das gar nicht wissen. Wirklich wissen will ich, was du dir gedacht hast.«
»Wobei gedacht?«
»Bitte!«, sagt Karen. »Wenn du dich dumm stellst, kommen wir überhaupt nicht zum geschäftlichen Teil dieses Abends. Du hast mich überwachen lassen. Du hast mir Schnüffler hinterhergeschickt. Mir eine Wanze ins Auto setzen lassen. Und als ob das nicht genug gewesen wäre, bist du auf die Idee gekommen, Stefan nach Moskau zu schicken, um mich in dieses absurde abgekartete abscheuliche Spiel mit der Theaterkarte hineinzuziehen. Noch mal: Was um alles in der Welt hast du dir dabei gedacht?«
Stukkarts Gesicht hat sich verändert. Die Augen sind schmal geworden, wie ein Schatten zieht sich eine Maske von Gleichgültigkeit über seine Züge. »Tut mir leid, aber da scheint ein Missverständnis vorzuliegen. Offenbar sind Sie – bist du einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen worden …«
» Offenbar sind Sie einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen worden«, echot Karen. »Dieser Satz ist allein schon die schiere Pornographie. Die Wahrheit ist: Du hast mich ausspähen lassen. Warum?«
»Nein, so kann man das nicht nennen«, wehrt Stukkart ab, »und es stimmt auch nicht, dass ich Stefan nach Moskau geschickt hätte. Er hat dort einen wichtigen Termin, es geht um Verhandlungen, die wir wegen dieser blöden Geschichte hier nicht fortsetzen konnten, Stefan selbst kann dir das am besten bestätigen.«
»Warum die Schnüffler?«
Stukkart betrachtet seine Hände. Karen schaut ihm dabei zu. Nur keine Sorge, denkt sie, selbstverständlich ist die Maniküre perfekt. »Ich hab dich was gefragt.«
Stukkart blickt auf und macht ein Gesicht, als habe er die Maske wieder abgesetzt. »Ich wollte wissen, wer du wirklich bist.«
»Wer ich wirklich bin? Unsinn.« Sie steht auf und geht zu dem Glasschrank mit den Schallplatten und mustert die Bestände. »Du wolltest wissen, wo überall in der Stadt ich herumschlafe. Für wen ich die Beine breitmache.«
»Ich bitte dich, rede nicht so. Das war nicht der Auftrag. Der Auftrag war – wer ist diese Frau? Wofür interessiert sie sich? Wie sind ihre Lebensumstände … all so etwas. Ich konnte ja Stefan schlecht über dich ausfragen.«
»Und warum wolltest du das alles wissen?«
»Warum will man so etwas von einer Frau wissen? Sei nicht naiv.«
»Und als die Schnüffler nichts Habhaftes berichten konnten, keinen Ehebruch, keinen Besuch im Swingerclub, da hast du gedacht, da muss doch der große Jupp mal selber ran, nicht wahr?«
Nun ist auch Stukkart aufgestanden. Er geht zum Fenster, dessen Vorhänge nicht vorgezogen sind, und blickt hinaus auf die Lichter der Stadt. »Ich akzeptiere, dass mein Verhalten nicht korrekt war. Mach mir also bitte einen Vorschlag, wie ich das in Ordnung bringen kann. Ich werde ihn widerspruchslos annehmen.«
»Das trifft sich gut«, meint Karen. »Wegen deiner famosen …« – sie hebt beide Hände und macht das Zeichen für Gänsefüßchen – »… Sicherheitsüberprüfung sind mir Kosten entstanden, weil ich nämlich meinerseits einen privaten Ermittler beauftragen musste, herauszufinden, wer mir warum nachstellt. Dessen Kostennote wirst du bitte regulieren. Sie wird nicht unbeträchtlich sein. Soll er sie auf dich oder auf die Regnier AG ausstellen?«
Stukkart hat sich vom Fenster abgewandt. Über sein Gesicht hat sich wieder die Maske gelegt. »Auf
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