Berndorf 07 - Trotzkis Narr
Nimm deshalb das Aspirin. Außerdem kannst du dir in der Zwischenzeit die Zeitung anschauen. Vielleicht steht ja was drin, was dich angeht.« Er wendet sich ab und geht aus dem Zimmer. Harlass hört, wie die Tür zugezogen und ein Schlüssel umgedreht wird.
D as Gesicht blasser als sonst? Oder sonst ein Anzeichen einer seelischen Ausnahmesituation? Berndorf, den Mantel der Besucherin in die Garderobe hängend, bemerkt nichts davon.
»Ist Ihnen weiter nachgestellt worden?«
»Ich glaube nicht«, antwortet Karen Andermatt und nimmt vor dem Schreibtisch Platz. Eine Plastiktüte mit einem offenbar sperrigen Buch darin stellt sie neben dem Stuhlbein ab. »Obwohl … seit dieser Geschichte überkommt mich immer wieder einmal das Gefühl, da ist jemand, und der beobachtet mich.«
»Wann zum Beispiel?«
»Gestern Abend. Ich war im Deutschen Theater, in dieser Amphitryon-Collage, allein, weil mein Mann plötzlich eine Dienstreise antreten musste, das heißt, ich war dann doch nicht allein, ich traf einen Bekannten, einen Vorgesetzten meines Mannes …« Sie wirft Berndorf einen Blick zu, der abwägend ist und ein wenig ratlos in einem. »Und da war die ganze Zeit dieses Gefühl, immer wieder.«
»Ihr Mann hat überraschend eine Dienstreise antreten müssen«, sagt Berndorf und hat dabei plötzlich ganz schmale Augen, »und im Theater treffen Sie dann seinen Vorgesetzten, ja? Ist es das, was Sie mir erzählen wollen?«
Unvermittelt überzieht eine zarte Röte das blasse Gesicht. »Das hätte ich so nicht sagen sollen, nicht wahr? Leider ist die Sache in Wirklichkeit noch blöder, als sie sich gerade angehört haben mag. Übrigens ist jetzt auch klar, wer mir diese Detektive auf den Hals geschickt hat.« Sie holt eine Visitenkarte aus ihrer Handtasche und reicht sie Berndorf, es ist die Karte eines Diplom-Ingenieurs Carsten Stukkart, angegeben sind zwei Adressen, eine in Berlin und eine am Starnberger See. »Die Rechnung für Ihre Bemühungen schicken Sie bitte an die Berliner Adresse dieses Herrn.« Sie blickt auf. »Ich wäre Ihnen übrigens dankbar, wenn Sie bei der Rechnungsstellung in absolut keiner Weise um die finanzielle Belastbarkeit von Carsten Stukkart besorgt sein wollten.«
»Ich berechne, was ich zu berechnen habe«, antwortet Berndorf würdig. »Keinen Cent mehr und keinen weniger.«
Karen Andermatt nickt, ein wenig unwillig. »Mein Auftrag ist für Sie damit aber noch nicht beendet. Ich weiß immer noch nicht, ob wegen der Geschichte an diesem Hallenbad nicht doch etwas auf meinen Mann zurückfallen kann. Ob er in etwas hineingezogen wird oder womöglich schon hineingezogen wurde, was er selber gar nicht überblickt. Ich habe hier …«, sie bückt sich zu der Plastiktüte neben dem Stuhl und zieht einen großformatigen Band heraus, »… eine Expertise, eine angebliche wissenschaftliche Expertise, die im Auftrag von Regnier Berlin erstellt worden ist … ich möchte, dass Sie sich das anschauen und mir sagen, was Sie davon halten.«
Berndorf nimmt den Band, behält ihn dann aber in den Händen und sucht ihren Blick. »Stukkart ist der Chef von Regnier Berlin, richtig? Und er hat Sie von Meunier & Kadritzke überwachen lassen, ja? Warum?«
»Warum wohl?«, kommt die Gegenfrage. Sie hat den Kopf leicht erhoben und erwidert seinen Blick, kühl und unbeteiligt.
»Gut«, sagt Berndorf. »Eine private Geschichte also, und wie Sie das privat regeln, geht mich nichts an. Aber verstehe ich Sie recht – Sie befürchten, Ihr Mann soll möglicherweise dafür büßen, dass die Angelegenheit für Herrn Stukkart nicht so ganz befriedigend verlaufen ist?«
»Nein.« In dem nun wieder blassen Gesicht arbeitet es. Sie presst die Lippen zusammen, dann wirft sie wieder diesen prüfenden Blick auf Berndorf. »Das ist nicht das Problem. Stukkart wird sich hüten, etwas gegen Stefan zu inszenieren. So wie er sich hüten wird, Ihre Kostennote zu beanstanden. Es ist etwas anderes …« Plötzlich wirkt ihr Gesicht wieder beherrscht, fast maskenhaft. »Ich glaube, dass dieser ganze Laden faul ist. Und deshalb wüsste ich gerne, ob Stefan hier noch unbeschädigt herauskommen kann.«
»Puh!«, macht Berndorf und beginnt, die Expertise durchzublättern. »Ein privater Ermittler und seine Mitarbeiterin gegen den Regnier-Konzern, nichts leichter als das!«
»Sie haben eine Mitarbeiterin?«, fragt Karen Andermatt unvermittelt. »Ach ja, die Frau Wegenast, sie hat ja die Fotos von dieser einen Frau gemacht …«
»Nicht nur«,
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