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Berndorf 07 - Trotzkis Narr

Berndorf 07 - Trotzkis Narr

Titel: Berndorf 07 - Trotzkis Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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rückwärtige Eingang ist mit Holzzaun gesichert, aber um die Türe aufzuschließen, brauchst du nur einen festen Draht. Ich geh rein, und weil es schon spät ist, hab ich eine kleine Stablampe in der Hand … Dann bin ich im Erdgeschoss, das ist eine große weite Halle, ich leuchte mit der Lampe kurz über den Boden, ob er womög lich in einer der Ecken kampiert, aber da ist nichts, nur der Estrich, keine Zementsäcke, auch keine Platten, die da verlegt werden sollen, nur in einer Ecke liegt ein Teil von einer Absperrung, aber irgendetwas sieht komisch aus, so nach verwischten Flecken … Ich hab mir nichts weiter gedacht und bin die Treppen rauf, die Treppen hatten noch kein richtiges Geländer, nur so provisorische Absperrungen … Den Erwin habe ich nirgends gefunden, nur im obersten Stockwerk sehe ich in einem der Zimmer, dass da ein paar leere Bierdosen herumliegen und Krümelzeugs, und dass auf dem Estrich Spuren sind, als sei da einer herumgelaufen, aber an der einen Seite lag kein Staub, das war ein Streifen von knapp zwei Meter Länge und einen Meter breit, ich hab mir gedacht, da hat er seine Schlafstelle gehabt, und jetzt ist er woanders.«
    Er trinkt einen Schluck Espresso, stellt das Tässchen ab und massiert mit seiner linken Hand das rechte Handgelenk, als wolle er es noch immer auf den Schlag vorbereiten, der einmal Erwin-Carmencita zugedacht war. »Wie ich wieder nach unten will, fällt mir doch auf, dass es im obersten Stockwerk noch nicht mal ein provisorisches Geländer zum Treppenhaus gibt, naja, das geht vielleicht die Bauaufsicht was an, dachte ich, aber wie ich unten war, hab ich mir noch mal die Flecken auf dem Estrich angeschaut, und je länger ich die Flecken angucke, desto weniger gefallen sie mir, und dann schau ich nach oben und direkt am Treppenhaus hoch … Sie verstehen, was ich meine?«
    Tamar nickt. »Und was haben Sie unternommen?«
    Wilson hebt eine Hand und lässt sie wieder fallen. »In meiner himmelschreienden Naivität bin ich zur Polizei in Mitte gelatscht und hab denen erzählt, was ich gesehen habe. Und wie ich das erzähle, frage ich mich, ob ich überhaupt noch zu retten bin? Es ist ja wahr – leichter konnte ich es denen doch gar nicht machen. Ich hatte mit dem Erwin eine Rechnung offen, also bitte!« Er trinkt einen Schluck aus dem Wasserglas, das mit dem Espresso serviert worden ist. »Die Bullen hätten mich auf der Stelle einbuchten können, stellen Sie sich das mal vor!«
    »Nach diesen Zeitungsberichten ist das aber anders gelaufen?«, fragt Tamar.
    »Diese Zeitungsberichte!« Er schüttelt sich. »Aber Sie haben Recht. Ihre Kollegen – Entschuldigung! Sie sind ja nicht mehr dabei, sagten Sie … Ihre damaligen Kollegen also wollten nur eines wissen: wie ich nämlich überhaupt in den Neubau hineingekommen bin. Ich sage, ich hätte die Türe aufgemacht, was soll man sonst mit einer Türe machen? Dann fragen die nach, auf ihre tückische Weise, und schon haben sie mich wegen Hausfriedensbruch dran. Um ein Haar wär das eng geworden, da waren sowieso ein paar Sachen am Laufen …« Er wirft einen abschätzenden Blick auf Tamar. »… Beamtenbeleidigung, Widerstand, Sachbeschädigung, was einem als anst ändigem Menschen im Lauf der Zeit so angehängt wird, und in der ersten Instanz hat mich einer dieser Berliner Richter zu zwei Jahren und vier Monaten verurteilt, ich hätte also richtig einfahren müssen. Mein Anwalt hat in der Berufung dann einen Rabatt rausge holt, so dass ich mit Bewährung davonkam.«
    »Offenbar sind Sie aber an der Sache mit Carmencita drangeblieben?«
    »Ich war so wütend, dass ich vom Polizeirevier direkt zu Maneo gegangen bin – Moment, das war damals noch nicht Maneo, sondern das Schwule Überfalltelefon. Die haben versucht, Druck zu machen, sind aber auch gegen eine Wand gelaufen. Zum Schluss hieß es, die Sache mit den Blutflecken sei von mir nur als Ausrede erfunden worden, weil ich mich in dem Neubau gar nicht hätte aufhalten dürfen. Dass ich von selbst zur Polizei gegangen war, nahm dieser Richter überhaupt nicht zur Kenntnis …«
    »Einen Augenblick«, unterbricht ihn Tamar, »in einem dieser Berichte heißt es, es habe keine Hinweise auf ein Verbrechen gegeben. Hat die Berliner Polizei das einfach so behauptet, oder hat sie das irgendwie konkretisiert? Dass sie zum Beispiel gesagt hat, was Sie gesehen haben, das seien Wasserflecken gewesen oder sonst eine Verunreinigung?«
    »Die haben Fotos vorgelegt«, sagt Wilson, »Fotos

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