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Berndorf, Jacques (Hrsg)

Berndorf, Jacques (Hrsg)

Titel: Berndorf, Jacques (Hrsg) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatort Eifel
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schien er auf den ersten Blick nicht zu haben. »Können Sie schon irgendwas sagen?«, fragte er den Notarzt.
    »Na ja, Todesursache ist wahrscheinlich der Aufprall, der die Kopfwunde verursacht hat. Ein paar Knochen sind gebrochen, aber nicht das Genick.«
    Der Arzt drehte den Kopf der Leiche ein wenig. »Am Hinterkopf hat er ebenfalls eine Platzwunde und eine große Beule. Er ist wahrscheinlich ordentlich durch den Wagen geschleudert worden.« Er drehte den Kopf des Toten zur anderen Seite. »Ansonsten sehe ich auf Anhieb nichts. Moment mal«, sagte er und beugte sich tiefer zu dem Toten hinab. »Er hat was im Ohr.« Aus seiner Arzttasche nahm er eine Pinzette und schob sie dem Toten vorsichtig in die Ohrmuschel. Dann zog er sachte und beförderte einen dünnen, langen Gegenstand nach außen. »Eine Kugelschreibermine«, sagte er und hielt Gillessen den Fund vors Gesicht. »War ganz schön tief drin.«
    Gillessen nahm eine Plastiktüte aus der Tasche und ließ die Mine hineinfallen. »Könnte das die Todesursache gewesen sein?«
    »Schon möglich«, murmelte der Arzt, der sich wieder an der Leiche zu schaffen machte. »Möglichweise aber auch das hier.« Er hatte den Mund des Toten weit geöffnet, griff nun hinein und zog einen faustgroßen Gegenstand heraus. »Ein Brötchen, nicht mehr ganz frisch«, erklärte er. »Haben Sie noch eine Tüte?«
    Gillessen war zu verdattert, um zu antworten und fischte eine weitere Tüte hervor.
    »Und noch eine«, sagte der Arzt, mittlerweile mit einem amüsierten Unterton. Die Sache schien ihm zu gefallen.
    »Ich würde sagen, der Mann hat eindeutig den Mund zu voll genommen.« In seiner Hand hielt er mehrere kleine Blätter, offensichtlich von einem Notizblock abgerissen. Gillessen konnte nicht erkennen, ob sie beschriftet waren, aber das würde sich klären lassen.
    Als er die dritte Plastiktüte verschloss, kam sein Kollege Wehner mit dem Abschleppunternehmer auf die Gruppe zu.
    »Mensch, das ist der Wagner«, sagte Wehner, als er die Leiche auf der Trage sah. Er nahm die Schirmmütze ab und kratzte sich am Kopf. »Manchmal trifft es doch die Richtigen.«
    Am nächsten Morgen saß Gillessen an seinem Schreibtisch in der Polizeiinspektion und studierte seine Notizen. Der Staatsanwalt hatte eine Obduktion der Leiche angeordnet. Dabei war festgestellt worden, dass er eine Menge Alkohol im Blut hatte, und das morgens um acht. In der linken Armbeuge hatte der Arzt eine Einstichstelle gefunden, und die Beule am Kopf stammte vermutlich von einem Schlag mit einem stumpfen Gegenstand und nicht von dem Unfall. Außer den kuriosen Gegenständen, die der Notarzt bereits am Unfallort entdeckt hatte, förderte die Obduktion eine Zigarettenkippe zutage, die tief im Rachen des Toten gesteckt hatte. Die Todesursache war nicht abschließend zu klären. Entweder der Schlag auf den Hinterkopf oder die Kugelschreibermine tief im Ohr. Erstickt war er jedenfalls nicht. Die Gegenstände waren erst nach seinem Tod in den Hals geschoben worden. Todeszeitpunkt war laut ärztlicher Feststellung der Abend vor dem Unfall zwischen zweiundzwanzig Uhr und Mitternacht.
    Gillessens Frage, was wohl der Grund sein könnte, einen scheinbar harmlosen alten Mann auf derart bizarre Weise zu töten, hatte Kollege Wehner umfangreich beantwortet. Gillessen zog einen dicken Aktenordner zu sich heran. Den und sechs weitere hatte Wehner auf seinen Tisch geknallt. Gillessen blätterte den ersten Ordner noch einmal durch. Anzeigen wegen Falschparkens, wegen Nichtbeachtens der Vorfahrt, wegen Umweltverschmutzung. Anzeigen, Hunderte davon. Vermutlich gegen jeden einzelnen Einwohner dieses Dorfes.
    »Praktisch jeden Tag stand der auf der Matte«, erzählte Wehner, »und zeigte alles und jeden an, der ihm tagsüber begegnet war. Ich hab schon das große Zittern gekriegt, wenn ich ihn nur gesehen hab. Der Mann war ein echtes Kameradenschwein.«
    Josef Wagner, besser bekannt als Knöllchen-Jupp, hatte die letzten Jahre seines Lebens damit verbracht, seinen Mitmenschen nachzuspüren, jede unerlaubte Handlung auf seinem Notizblock aufzuschreiben und sie anzuzeigen. Vieles davon war im Sand verlaufen, aber oft endeten die Anzeigen für die Betroffenen mit einem Bußgeld.
    »Alle Kollegen auf der Wache werden drei Kreuzzeichen schlagen, wenn sie hören, dass der tot ist«, ereiferte sich Wehner. »Jeder von uns hat Stunden und Tage damit zugebracht, seine Anzeigen zu schreiben und zu ermitteln. Gott, was für ein

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