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Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin

Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin

Titel: Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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ich's nie tun würde.
    Zurück im Büro, schlug ich meinen Terminkalender auf und sah, daß die Verabredung um elf Uhr mit Frau Heine heute die einzige war.

    «Ich habe in zwanzig Minuten einen Termin», sagte ich. «Eine Frau, die wissen will, ob's mir gelungen ist, ihren verschwundenen Sohn ausfindig zu machen. Er ist ein jüdisches U-Boot.»
    «Ein was?»
    « Ein Jude, der sich versteckt hält.»
    «Sie meinen, abgesehen davon, daß er Jude ist?» Ich sah schon, daß sie ein recht abgeschottetes Leben geführt hatte, selbst in Regensburg, und es erschien mir beschämend, der armen Frau den möglicherweise abstoßenden Anblick des übelriechenden Hinterteils ihres Landes zu enthüllen. Trotzdem, immerhin war sie erwachsen, und ich hatte keine Zeit, mir groß Gedanken darüber zu machen.
    «Er hat bloß einem alten Mann geholfen, der von ein paar Schlägern verprügelt wurde. Er brachte einen davon um.» «Aber wenn er dem alten Mann doch helfen wollte ... » «Ja, aber der alte Mann war Jude», erklärte ich. « Und die zwei Schläger waren von der SA. Komisch, wie das die Sachlage verändert, nicht wahr? Seine Mutter bat mich, herauszufinden, ob er noch am Leben und in Freiheit ist. Wissen Sie, wenn jemand verhaftet und hingerichtet oder ins KZ geschickt wird, machen sich die Behörden nicht immer die Mühe, seine Angehörigen zu informieren. Es gibt in diesen Zeiten viele Personen aus jüdischen Familien, die als vermißt gemeldet werden. Ein großer Teil meiner Arbeit besteht darin, sie zu finden.» Frau Protze sah besorgt aus.
    « Sie helfen Juden? »
    «Machen Sie sich keine Sorgen», sagte ich. «Das ist absolut legal. Und ihr Geld ist so gut wie das jedes anderen.» «Ich denke schon.»
    «Hören Sie, Frau Protze», sagte ich. «Juden, Zigeuner, Rothäute, das ist mir ganz egal. Ich habe keinen Grund, sie zu mögen, aber ich habe auch keinen Grund, sie zu hassen. Wenn er durch die Tür kommt, wird ein Jude genauso behandelt wie jeder andere. Genauso, als wäre er der Vetter des Kaisers. Aber das heißt nicht, daß ich mich als Wohlfahrtsinstitut verstehe. Geschäft ist Geschäft.»
    « Gewiß », sagte Frau Protze, ein wenig errötend. « Ich hoffe, Sie glauben nicht, daß ich etwas gegen die Juden habe.»
    « Natürlich nicht», antwortete ich. Aber das sagte schließlich jeder. Sogar Hitler.
    « Du lieber Gott », sagte ich, als die Mutter des U-Boots mein Büro verlassen hatte. « So sieht ein zufriedener Klient aus.» Die Vorstellung deprimierte mich so, daß ich beschloß, für eine Weile an die frische Luft zu gehen.
    Bei Loeser & Wolff kaufte ich eine Schachtel Muratti, und danach löste ich Six' Scheck ein. Die Hälfte der Summe zahlte ich auf mein Konto ein; und ich leistete mir bei Wertheim einen teuren seidenen Morgenmantel, bloß um mir die Freude zu machen, mal so problemlos einzukaufen wie Six.
    Dann ging ich, vorbei am Bahnhof, den gerade rumpelnd ein Zug Richtung Jannowitzbrücke verließ, zur Ecke Königstraße, wo ich meinen Wagen geparkt hatte.
    Lichterfelde-Ost ist eine aufblühende Wohngegend, die besonders von höheren Beamten und Wehrmachtsangehörigen bevorzugt wird. Normalerweise kann sich's ein junges Ehepaar nicht leisten, hier zu wohnen, doch die meisten haben ja auch keinen Multimillionär wie Hermann Six zum Vater.
    Die Ferdinandstraße verlief südlich der Eisenbahnlinie.
    Ein junger Polizeianwärter stand Wache vor dem Haus Nummer 16, dem der größte Teil des Daches und alle Fenster fehlten. Das geschwärzte Balken- und Mauerwerk der Villa sprach eine deutliche Sprache. Ich parkte den Hanomag und ging zum Gartentor hinauf, wo ich dem jungen Polizisten, einem pickligen jungen Burschen um die Zwanzig, meinen Ausweis unter die Nase hielt. Er studierte ihn sorgsam und ein wenig einfältig und sagte überflüssigerweise: « Privatdetektiv, wie? »
    «Stimmt. Ich untersuche den Brand im Auftrag der Versicherungsgesellschaft.» Ich zündete mir eine Zigarette an und blickte vielsagend auf das Streichholz, als es bis auf meine Fingerspitzen niederbrannte. Er nickte, doch sein Gesichtsausdruck blieb besorgt, ehe er sich plötzlich aufhellte, als er mich erkannte.
    «He, waren Sie nicht bei der Kripo am Alex? » Ich nickte, und meinen Nasenlöchern entströmte Rauch wie einem Fabrikschornstein. «Ja, ich glaube, ich erinnere mich an den Namen - Bernhard Gunther. Sie haben Gormann, den Würger, geschnappt. Habe in der Zeitung davon gelesen. Sie waren berühmt.» Ich zuckte bescheiden

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